Das Terror-Attentat an den Olympischen Spielen 1972 in München erschütterte die Welt.
Der heute 71-jährige Berner Daniel Giger stand als Fechter vor und nach dem Attentat im Einzel und mit dem Team im Einsatz. Mit dem Team gewann er vier Tage nach dem Schock Silber.
Zur Mannschaft gehörten neben Giger noch Guy Evéquoz, François Suchanecki, Christian Kauter und der mittlerweile verstorbene Peter Lötscher. Die Schweizer Fechter bestritten am 8. und 9. September den Team-Wettbewerb, also drei beziehungsweise vier Tage nach dem Attentat, dem dunkelsten Tag der Olympia-Geschichte.
Kaum Sicherheitskontrollen
Es war ein Attentat der palästinensischen Terrororganisation «Schwarzer September» auf das israelische Olympia-Team. Es begann am 5. September als Geiselnahme im olympischen Dorf und endete am nächsten Tag mit der Ermordung aller elf israelischen Geiseln sowie dem Tod von fünf Geiselnehmern und eines Polizisten auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck.
Furcht oder Angstzustände plagten Giger kurz nach dem Attentat nicht. Gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA betont er aber heute, dass schon ein «Entsetzen» vorhanden gewesen sei. «Das gesamte Ausmass des Attentats erfasste ich aber erst viel später.»
Die Attentäter waren damals in den frühen Morgenstunden über den Zaun geklettert und so ins olympische Dorf eingedrungen. Aber auch die regulären Eingangskontrollen in der Athleten-Unterkunft vor dem Attentat seien nicht mit jenen von heutzutage zu vergleichen gewesen. Mit einem Trainingsanzug in Nationalfarben wurde man beispielsweise problemlos durchgewunken.
Intern zum Weitermachen entschieden
Nach dem «Tag des Grauens» war unklar, ob die Schweizer Degenfechter überhaupt zu ihrem Wettkampf antreten würden. Die Spiele wurden für einen Tag unterbrochen. «Wir hatten die Angelegenheit intern diskutiert und wogen ab. Wir sprachen uns dann aber im Sinne des Sports für ein Antreten aus, wenn die Spiele weitergeführt werden», sagt Giger, der sich vor dem Attentat im Einzel im 8. Rang klassiert hatte.
Die Schweizer Degenfechter brauchten ihren Entscheid und denjenigen von IOC-Präsident Avery Brundage («The Games must go on») für die Teilnahme am Teamwettkampf nicht zu bereuen. Erst im Final wurden sie von Ungarn gestoppt, nachdem das Schweizer Quintett im Halbfinal mit einem Erfolg über die Weltmacht Frankreich verblüfft hatte.
Der Sieg gegen Frankreich war seinerzeit zwar eine Überraschung, aber keine Sensation. «Schliesslich hatten wir schon 1970 WM-Bronze gewonnen», so Giger. Ebenfalls Team-Bronze holte Giger auch vier Jahre später an den Olympischen Spielen 1976 in Montreal.
Mit 48 noch auf dem Weltcup-Podest
Giger holte auch danach noch weitere WM-Medaillen im Einzel und mit dem Team und zählt zu den bedeutendsten Schweizer Degenfechtern aller Zeiten. Noch als 48-Jähriger war Giger nochmals Dritter am erstklassigen besetzten Einzel-Weltcup in Paris.
Nach der Fechtkarriere wirkte Giger zudem während vielen Jahren als Equipenchef der Schweizer Degen-Männer. Diese erkämpften vor zwei Jahren erstmals Team-WM-Gold für die Schweiz. An den letzten fünf Weltmeisterschaften erreichte das Team stets einen Podestrang. «Das aktuelle Team mit Max Heinzer, Benjamin Steffen und Michele Niggeler erreichte trotz eher bescheidenen Einzel-Resultaten in den letzten Jahren eine unwahrscheinlich hohe Konstanz an Weltcups und grossen Titelkämpfen», sagt Giger.
Reibereien innerhalb eines Teams gebe es zwar immer mal wieder, aber insgesamt seien sie auch zu seiner Zeit gute Kollegen gewesen. Durch Familien-Bande ist Giger vom 72er-Team am engsten mit Christian Kauter verbunden. Der langjährige, frühere OK-Präsident des Grand Prix der Degenfechter in Bern ist der Schwager von Giger.
Giger ist derweil selbst in seinem achten Lebensjahrzehnt noch mit dem Fechten verbunden. Der ehemalige Lehrer ist als Juniorentrainer im Fechtklub Bern aktiv. Giger trainiert unter anderen die 9- bis 14-jährigen Fechter.