Gigantischer Aufwand Comeback der grossen US-Ligen: Keine Normalität im Corona-Rekordland

Maximilian Haupt, DPA

19.7.2020

Die NBA-Saison soll am 30. Juli fortgesetzt werden.
Die NBA-Saison soll am 30. Juli fortgesetzt werden.
Bild: Getty

Als die grossen US-Ligen vor Wochen nach und nach ihre Comeback-Pläne bekannt machten, hatten nicht wenige Menschen die Hoffnung, Basketball, Baseball und Eishockey im Fernsehen sei dann ein Zeichen der Besserung und Normalität. Die Realität sieht anders aus.

 Corona zumindest gedanklich zu entkommen, scheint selbst umgeben von Zeichentrickfiguren in der NBA-Blase in Disney World unmöglich. «Yeah, du kannst nirgendwo hingehen, ohne daran erinnert zu werden», berichtete Doc Rivers am Wochenende. Überall müsse man sich anmelden, ständig bekäme man die Temperatur gemessen, jeder trage eine Maske, sagte der Cheftrainer der Los Angeles Clippers in einer seiner inzwischen täglichen Videokonferenzen. Nichts ist normal derzeit, in den USA noch weniger als in anderen Ländern der Welt. Nirgendwo gibt es mehr Menschen mit Sars-CoV-2-Infektionen, nahezu täglich gibt es einen Rekord. Und der Sport? Schafft sich Parallelwelten und legt los.



Ob die US Open tatsächlich Ende August beginnen, bezweifeln viele Top-Spieler wie Rafael Nadal, Novak Djokovic oder Dominic Thiem. Die Motorsportserie Nascar aber lässt mittlerweile sogar wieder einige tausend Fans an die Rennstrecken. Die PGA-Tour der US-Golfer beobachtete am Wochenende beim sechsten Turnier nach der Corona-Pause den ersten Auftritt von Tiger Woods, die Fussballer kicken in der MLS um den Sieg in einem neu erfundenen Turnier – und in den kommenden beiden Wochen melden sich auch drei der vier grössten US-Ligen mit dem Spielbetrieb zurück.

Gigantischer logistischer Aufwand

Am Mittwoch sind die LA Clippers rund 3500 Kilometer von ihrer Heimat entfernt in Florida auf dem Papier die Gastgeber des ersten Aufeinandertreffens zweier NBA-Teams seit vier Monaten. Sie messen sich in ihrer Blase auf dem Gelände des Unterhaltungskonzerns Disney in einem Testspiel mit den Orlando Magic, es ist das erste von insgesamt vier solcher Begegnungen an diesem Tag. Alle mit dem Ziel, die Basketballer für die Fortsetzung der Saison am 30. Juli in Form zu bekommen. Der logistische und planerische Aufwand ist gigantisch.

Am Donnerstag dann, am 23. Juli, eröffnen die New York Yankees und die Washington Nationals die Saison in der Major League Baseball. Die Begegnungen werden ohne Zuschauer an den Heimspielorten ausgetragen – so zumindest war der Plan, der seit Samstag nicht mehr funktioniert. Dazu gleich mehr.

Eishockey nur in Kanada

Am 28. Juli schliesslich gibt es erstmals seit der Corona-Pause wieder Eishockey unter Beteiligung von NHL-Teams, bevor es dann am 1. August mit den erweiterten Playoffs in die Schlussphase der unterbrochenen Saison geht. Die NHL hat sich dafür allerdings komplett aus den USA verabschiedet und spielt in den kanadischen Städten Edmonton und Toronto.

Damit all die Mannschaften zu den beiden Spielorten reisen können, brauchte die NHL aber das OK der kanadischen Regierung. Bis mindestens 21. August ist die Grenze zwischen den USA und seinem Nachbarland im Norden aber für alle nicht notwendigen Reisen gesperrt; wer dennoch einreist muss 14 Tage in Quarantäne. Bei einer einmaligen Einreise der Mannschaften hielt man das für vertretbar – fortwährende Reisen grosser Gruppen aus und in die USA will das Land dagegen nicht. Das machte der Immigrationsminister am Samstag deutlich.

3,5 Millionen Infektionen

Das Baseball-Team der Toronto Blue Jays darf deswegen nicht wie geplant im heimischen Stadion gegen seine Gegner aus den USA antreten. «Von besonderer Bedeutung: Die Toronto Blue Jays müssten in Gegenden spielen, wo das Übertragungsrisiko des Virus weiter hoch ist», sagt Marco Mendicino. Man sei zu dem Schluss gekommen, dass diese Reisen die Gesundheit und Sicherheit von Kanadiern nicht ausreichend schützten.

Die Zahl der nachgewiesenen Neuansteckungen ist in den USA seit Mitte Juni im Zuge der Lockerungen der Corona-Auflagen dramatisch gestiegen – vor allem im Süden und Westen des Landes. Zahlreiche Bundesstaaten haben daher die phasenweise Wiedereröffnung der Wirtschaft gebremst, pausiert oder Lockerungen der Eindämmungsmassnahmen zurückgenommen. In dem Land mit rund 330 Millionen Einwohnern haben sich bereits mehr als 3,5 Millionen Menschen nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Rund 138'000 Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus.

Dass den Sportlern diese Gefahr durchaus bewusst ist, zeigen die derzeit laufenden Debatten in der NFL. Die beginnt ihre Saison zwar erst im September, aber schon am Montag sollen die ersten Profis der Kansas City Chiefs und der Houston Texans zum Training antreten. Noch gibt es zwischen der Liga und der Spielergewerkschaft keine Einigung, wie die Spieler, die in ihrem normalen Umfeld wohnen, mit Gesundheitsregeln und Tests vor einer Ansteckung geschützt werden sollen.

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