Kommentar Dank Tyson Fury: Die Wiedergeburt des Schwergewichtsboxens

Von René Weder

24.2.2020

Endlich! Nach unzähligen Enttäuschungen und Duellen voller Farcen beweisen Tyson Fury und Deontay Wilder, dass es um das Schwergewichtsboxen besser bestellt ist, als zuletzt befürchtet werden musste.

So gross die Enttäuschung nach dem völlig zu Unrecht hochgejubelten Rückkampf zwischen Anthony Joshua und Andy Ruiz Jr. im letzten Dezember auch war, so spektakulär feiert das Schwergewichtsboxen mit dem zweiten Duell Wilder – Fury in der Nacht auf Sonntag nun sein Comeback. Nach einer beeindruckenden Machtdemonstration ist der aus Manchester stammende Brite Tyson Fury, der alle Facetten des Lebens gesehen und durchlebt hat, zurück auf dem Thron. Und das, so sind sich Boxexperten rund um den Globus einig, völlig verdient.



Es ist ein Comeback, das vor zwei Jahren kaum einer für möglich gehalten hatte und im Boxsport ohne Beispiel ist. Fury kassierte in den Jahren 2016 und 2017 keine Wirkungstreffer mehr im Ring, vielmehr hielten dunkle Dämonen seinen Kopf im Schwitzkasten. Depressionen, Alkohol und Drogen beherrschten seinen Alltag. An einen Turnaround oder gar ein Happy End war nicht im Entferntesten zu denken. Der grossmäulige «Gipsy King» stand dem Tod näher als dem Leben.

Übergewichtig und von der Rolle: Tyson Fury (stehend links) 2016 vor dem Klitschko-Rückkampf, der nie stattfand.
Übergewichtig und von der Rolle: Tyson Fury (stehend links) 2016 vor dem Klitschko-Rückkampf, der nie stattfand.
Bild: Keystone

Nochmals Wilder – und dann Joshua?

Doch Fury fand zunächst den Glauben an «Jesus Christus, meinen Retter», wie er selber sagt, und im Anschluss auch wieder in sich selbst. Angetrieben von seinem unbändigen Willen, gestützt von seiner Ehefrau Paris, mit der er seit 2008 verheiratet ist, und seinen drei Kindern und beseelt von seiner ganz persönlichen Mission, Mitmenschen mit psychischen Problemen ein Anker zu sein, kämpfte sich der 31-Jährige zurück in den Ring.

Tyson und Ehefrau Paris Fury nach dem WM-Kampf.
Tyson und Ehefrau Paris Fury nach dem WM-Kampf.
Bild: Getty

Dabei war es nicht etwa so, dass er ohne Umwege wieder an grosse Kämpfe kam. Der Bezwinger von Wladimir Klitschko (2015) musste sich seine Rückkehr mit Kämpfen gegen Boxer zweiter oder gar dritter Kategorie verdienen. Beim vorerst letzten Höhepunkt im Dezember 2018 im ersten Duell mit Wilder gab es noch keinen Sieger, jetzt hat Fury allen Zweiflern gezeigt, dass er der klar bessere Boxer ist. Körperlich und mental war er dem Amerikaner zu jedem Zeitpunkt des Kampfs völlig überlegen. 

Unmittelbar nach dem Sieg gegen den äusserst fairen Verlierer Deontay Wilder scheint klar, dass es zunächst zu einem weiteren Aufeinandertreffen der beiden Boxer kommen wird. So soll die «Trilogie» bereits vor dem zweiten Kampf vereinbart gewesen sein. Wilder wird innerhalb von 30 Tagen einen Rückkampf beantragen, dem Fury vertragsbedingt wird zustimmen müssen.



Vielmehr wünschen sich die Boxfans aber einen Vereinigungskampf aller Verbände. Ein Duell mit Anthony Joshua ist das, was dem zuweilen verzettelten und schwer verständlichen Boxsport mit all seinen Titeln und Verbänden fehlt. Auf dem Papier ist nach dem 23. Februar 2020 klar: Fury, der unerschrockene, offensive und äusserst agile Boxer braucht sich vor dem vierfachen Schwergewichtsweltmeister Anthony Joshua, der den Ruf hat, den grossen Gegnern geschickt aus dem Weg zu gehen, nicht zu verstecken.

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