Kunstturnen Die grosse Belohnung

SDA

7.10.2017 - 21:59

Zürich

Giulia Steingruber erreichte an den Weltmeisterschaften in Montreal einen weiteren Meilenstein ihrer Karriere. Die 23-jährige St. Gallerin holte sensationell WM-Bronze am Sprung und gewann damit die erste WM-Medaille ihrer Karriere. Gold ging an Maria Paseka.

Erst knapp neun Monate ist es her, seit sich Giulia Steingruber einer Operation am rechten Knöchel unterzogen hatte. Die Teilnahme in Kanada galt als Zwischenziel und diente als Motivation auf dem langen Weg zurück an die Spitze, der sich gelegentlich auch als steinig erwiesen hatte. Stets wusste Steingruber, dass sie ihr Niveau von 2016, als sie Doppel-Europameisterin und Olympia-Dritte wurde, in diesem Jahr noch nicht wieder erreichen würde. Die Titelkämpfe in Montreal sollten als Wiedereinstieg dienen.

Im Olympiastadion von 1976 verblüffte Steingruber aber wieder einmal alle. Bereits in der Qualifikation und im Mehrkampf hatte sie überzeugt und war ohne Sturz durch den Wettkampf gekommen. Und nur 17 Stunden nach dem ausgezeichneten 7. Platz im Mehrkampf, ihrem zweitbesten Ergebnis an Weltmeisterschaften, setzte die Ostschweizerin noch einen drauf und schloss mit dem Gewinn ihrer ersten WM-Medaille die letzte Lücke in ihrem eindrücklichen Palmarès.

"Die Medaille bedeutet mir sehr, sehr viel. Ein Traum ging in Erfüllung", sagte Steingruber. Sie sei stolz, dass sie so zurückgekommen sei, obwohl sie gewusst habe, dass sie noch nicht ihr Topniveau erreichen würde. "Die Medaille ist eine mega Belohnung." Belohnt wurde auch Steingrubers Mut. Erst in Montreal hatte sie entschieden, dass sie den Jurtschenko mit einer Doppelschraube zeigen wird, obwohl sie diesen Sprung im Training nur ein Dutzend Mal gestanden hatte. "Eine grosse Athletin, eine grosse Sportlerin", lobte Felix Stingelin, der Chef Spitzensport im STV, seine Vorzeigeathletin. Wieder einmal habe sie im entscheidenden Moment ihre Charakterstärke unter Beweis gestellt.

Das lange Zittern

Steingruber hatte den Wettkampf der acht Finalistinnen eröffnet. Zwar gelang ihr wie im Mehrkampffinal der Tschussowitina nicht mehr ganz so perfekt wie in der Qualifikation, die sie als Dritte beendet hatte, zudem kassierte sie wegen eines Übertritts noch zusätzlich einen Zehntel Abzug. Den Jurtschenko mit der doppelten Schraube brachte sie aber erneut sicher in den Stand. Danach begann das lange Warten. "Das Zittern war der absolute Horror. Ich wusste, dass ich bis am Schuss warten musste, da die Japanerin die gleichen Sprünge wie ich zeigte", sagte Steingruber. Nur nicht Vierte werden, habe sie zu ihrer Trainerin gesagt.

Viermal war sie vor Montreal bereits in einem Sprungfinal gestanden, der Sprung auf das Podest war ihr aber stets verwehrt geblieben. Entweder turnte die Konkurrenz schwieriger und besser, sie stürzte wie 2015 in Glasgow, oder es fehlte das Quäntchen Glück. In Montreal schlug sich dieses aber wie bereits vor einem Jahr in Rio de Janeiro auf ihre Seite. Die Kanadierin Shallon Olsen stürzte, deren Landsfrau Ellie Black, die 42-jährige Oxana Tschussowitina aus Usbekistan und die Chinesin Wang Yan bissen sich an der Marke Steingrubers knapp die Zähne aus. Am Ende waren die Plätze 3 bis 6 nur durch 0,166 Punkte getrennt.

Nur die favorisierte Titelverteidigerin Maria Paseka aus Russland und die Amerikanerin Jade Carey, die beide klar schwieriger turnten als die Konkurrenz, zogen an Steingruber vorbei. Und als die letzte Finalistin Sae Miyakawa aus Japan bei ihrem zweiten Sprung stürzte war die zweite WM-Medaille einer Schweizerin nach Silber von Ariella Kaeslin 2009 in London am Sprung perfekt. "Erst da war ich sicher, dass es reichen würde", sagte Nationaltrainer Fabien Martin. Auch für den Franzosen war die Medaille eine grosse Genugtuung. Erst im Januar hatte er das schwere Erbe von Zoltan Jordanov angetreten.

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