James Harden Die Nets gehen «All-In»: Ein «Blockbuster-Deal» mit erheblichen Risiken

Von René Weder

15.1.2021

«The Beard» James Harden spielt ab sofort für die Brooklyn Nets. Damit entsteht in New York eine veritable Übermannschaft. 
«The Beard» James Harden spielt ab sofort für die Brooklyn Nets. Damit entsteht in New York eine veritable Übermannschaft. 
Bild: Keystone

Mit der Verpflichtung von James Harden sieht es bei den Brooklyn Nets ein bisschen aus wie bei den Avengers. Drei Super-Helden sollen es richten und die Meisterschaft nach New York holen. Es ist ein Deal, der als Totalerfolg oder eben als Himmelfahrtskommando in die Geschichte eingehen kann.

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Worum geht's?

Es ist ein veritabler Transfer-Hammer, der sich in den letzten Tagen in der nordamerikanischen Basketball-Liga NBA anbahnte und am Donnerstag bestätigt wurde. Dabei geht es nicht nur um einen Wechsel eines Top-Spielers (James Harden) zu den Brooklyn Nets, sondern einer ganzen Kettenreaktion, die der Deal mit sich bringt. Dazu mehr unter Punkt 2. Fakt ist: Harden, einer der besten Schützen der Liga, aber auch einer der grössten «Eigenbrötler», verstärkt die auf dem Papier ohnehin schon auffällig starken Brooklyn Nets. Die Franchise aus New York gibt im Zuge dieses «Blockbuster-Trades» zahlreiche Spieler und Rechte ab. Böse Zungen behaupten, man hätte soeben auch die Zukunft verspielt, da sich der Handel über etliche Jahre zieht. Ja, Sie haben richtig gelesen: Dieser Transfer hat Auswirkungen auf mindestens die nächsten sieben Jahre.

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Wer ist in den Trade involviert?

Bei einem Deal in dieser Grössenordnung sind üblicherweise nicht nur zwei Teams beteiligt. So sind auch hier zahlreiche Spieler involviert und es werden Rechte an künftigen Picks mit verhandelt. So mischen beim Harden-Geschäft neben den Nets und den Rockets auch die Indiana Pacers und Cleveland Cavaliers mit.

Nicht weniger als vier NBA-Teams haben die Finger im Spiel – Überblick

  • Die Brooklyn Nets bekommen James Harden von den Houston Rockets
  • Die Rockets erhalten im Gegenzug: Victor Oladipo, Dante Exum, Rodions Kurucs sowie drei Erstrundenpicks der Nets (2022, 2024 und 2026). Darüber hinaus einen Erstrundenpick von Milwaukee (2022 via Cleveland) und vier sog. Pick-Swaps in der ersten Draftrunde von Brooklyn (2021, 2023, 2025 und 2027)
  • Die Indiana Pacers bekommen Caris LeVert von den Nets und einen Zweitrundenpick von Houston
  • Die Cleveland Cavaliers bekommen Jarrett Allen und Taurean Prince
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Kann das funktionieren?

Schwierig. Auf dem Papier sind die Nets zwar schon jetzt das beste Team im Osten, aber in der Defensive fällt die Mannschaft immer wieder durch. Ob da James Harden, dessen Motivation in der Abwehr bisweilen an Arbeitsverweigerung erinnert, für Abhilfe Sorgen kann, darf bezweifelt werden. 

Das Team von Trainer und NBA-Legende Steve Nash wird dafür in der Offensive für Spektakel und vor allen Dingen viele Punkte sorgen. Ganz im Sinne der NBA-Verantwortlichen. Harden war in der letzten Saison bester Schütze der Regular Season (2335 Punkte). Kyrie Irving wirft in einer guten Saison ebenfalls über 1500 Punkte. Und der lange verletzte Superstar des Teams, Kevin Durant, reiht sich irgendwo dazwischen ein, hat aber weitreichendere Qualitäten als Harden und Irving.

Nun bleibt abzuwarten, wie die drei Aushängeschilder harmonieren. Durant, der früher mit Harden bei Oklahoma spielte, habe sich für einen Transfer starkgemacht, heisst es. Irving dagegen dürfte nicht gefallen, dass er neu nur noch die Nr. 3 im Team sein wird, suchte er vor drei Jahren aus Cleveland doch das Weite, weil er unter LeBron James stets die zweite Geige spielte. Jüngst, als sich ein Trade von Harden abzeichnete, fehlte Irving den Nets aus rätselhaften Gründen. Fazit: Sollte sich Harden eingliedern und auch unterordnen können und den Ball auch mal abgeben, bevor er den nächsten Dreier anvisiert, könnten die Nets das Über-Team der nächsten Jahre werden.

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Reaktionen

Selbstredend sind die US-Medien elektrisiert, wenn ein solcher Blockbuster-Tausch über die Bühne geht. Anders sieht es in den sozialen Medien aus. Nicht wenige fürchten, dass die Rockets zumindest langfristig einen grossen Fehler begehen. «Ein Super-Team – für ein Jahr», heisst es etwa ... was uns zu Punkt 5 bringt.

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Die Zukunft

Wer ist nun der Gewinner dieses Monster-Deals? Die Nets? Vielleicht für ein, zwei, bestenfalls drei Saisons – sollten die Top-Spieler von Verletzungen verschont bleiben. Mit den vertraglichen Verpflichtungen für die nächsten sieben Jahre könnte das Team aber dereinst als grosser Verlierer dastehen.

Die Rockets? Die haben für den Moment alles richtig gemacht: Harden, dem man stets den roten Teppich ausrollte und alle Freiheiten liess, erzwang de facto seinen Abgang. Dass die Rockets nun den Neuaufbau lancieren können, ist sicher ein Vorteil. Klar, die Texaner haben einen der besten Spieler der Gegenwart verloren, aber letztlich wohl doch mehr dafür bekommen, als für einen 31-Jährigen zu kriegen ist. Abgerechnet wird in fünf Jahren, wird man sich im Lone-Star-State sagen. 

Bleiben noch zwei Teams: Die Cleveland Cavaliers haben mit Jarrett Allen einen jungen Center mit rosigen Zukunftsaussichten bekommen. Und die Indiana Pacers erhalten mit Caris LeVert einen Spielmacher, dem viele Experten eine grosse Karriere prophezeien. Dazu gibt es ein Zweitrunden-Wahlrecht 2023. Halten wir also fest: Die einen wollen den kurzfristigen Total-Erfolg mit einem Avengers-Team erzwingen, die anderen planen langfristig – ob gezwungen oder nicht. Welche Strategie mehr Erfolg bringt, wird sich weisen müssen. 

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