Nur wenige Stunden bevor die Männer am Sonntagabend von ihrer dreiwöchigen Frankreich-Rundfahrt in Paris eintreffen, fällt am Eiffelturm der Startschuss zur Neuauflage der Tour de France der Frauen.
Marlen Reusser gibt anlässlich der achtwöchigen Rundfahrt ihr Comeback. Die Bernerin blickt auf einen schwierigen Monat Juni zurück, mit der Aufgabe in der World-Tour-Rundfahrt in England nach einem Sturz aufs Handgelenk und einer hartnäckigen Covid-Erkrankung, die ihre Teilname an der Tour de Suisse Women verunmöglichte. Einen ersten Comeback-Versuch an den Schweizer Meisterschaften in Steinmaur musste die 30-Jährige aus Hindelbank Ende Juni abbrechen, weil sie sich körperlich noch nicht bereit fühlte. Doch nun meldet sich die Olympia-Zweite im Zeitfahren zurück.
Den Rhythmus wieder gefunden
Zuletzt bereitete sich Reusser während drei Wochen in einem Höhentrainingslager im Engadin auf die zweite Saisonhälfte vor. Nach einem harzigen Start fand sie in der zweiten Hälfte des Trainingslagers ihren Rhythmus und zieht ein positives Fazit: «Zu Beginn war es nach der unfreiwilligen Pause wirklich schwierig», so die gelernte Ärztin. «Alles war sehr anstrengend und meine Beine fühlten sich nicht gut an. Erst später kam dann der Leistungssprung und damit kehrte auch der Spass zurück», sagt Reusser, die nach ihrem Teamwechsel im Winter zu SD Worx in diesem Jahr noch ohne Sieg dasteht.
Den ersten Hinweis darauf, wie sich ihre Form in den Rennen bewährt, erhält Reusser am Sonntag in Paris. Dort fällt der Startschuss zur Tour de France Femmes, welche zum ersten Mal seit 2009 wieder ausgetragen wird. «Ein wichtiger Schritt, der unserem Sport weitere Aufmerksamkeit bescheren wird», so die Zeitfahr-Europameisterin. In ihrem sechsköpfigen Team gilt es hauptsächlich, die niederländische Leaderin Demi Vollering zu unterstützen.
Neuauflage ohne Zeitfahren
Die achttägige Rundfahrt führt über mehr als 1000 Kilometer durch den Nordosten Frankreichs und endet mit zwei Bergetappen in den Vogesen. Ein Zeitfahren, Reussers Paradedisziplin, sucht man auf dem Etappenplan jedoch vergebens. Ein Entscheid, welcher die fünffache Medaillengewinnerin bei Grossanlässen sehr bedauert. Deshalb rief sie gemeinsam mit anderen Topathletinnen in den sozialen Medien Rennveranstalter und den Radsport-Weltverband UCI dazu auf, wieder mehr Zeitfahren in den Wettkampfkalender aufzunehmen.
Schauplatz eines spektakulären Tour-Finales ist die Schotterstrasse hinauf nach La Super Planche des Belles Filles, wo vor zwei Wochen Tadej Pogacar die 7. Etappe der Männer für sich entschied. Der Gesamtsiegerin winkt eine Siegprämie von 50'000 Euro, rund ein Zehntel von dem, was der Tour-Sieger bei den männlichen Berufskollegen erhält.
Mit Noemi Rüegg, Caroline Baur, Petra Stiasny und Elise Chabbey stehen vier weitere Schweizerinnen auf der Startliste. Letztere hat kürzlich im Giro d'Italia Donne bewiesen, dass sie imstande ist, über mehrere Tage mit den Besten mitzuhalten. Die 29-jährige Genfer Allrounderin belegte – obschon ihre Vorbereitung durch eine Magen-Darm-Grippe beeinträchtigt war – nach zehn Etappen den 12. Gesamtrang.