Die Tour de Suisse ist ein Radsport-Fest, das derzeit nur den Männern vorbehalten ist. Geht es nach Swiss Cycling, soll sich das bereits im Juni ändern. Noch hapert es aber bei der Finanzierung.
Die nächsten Wochen stehen im Radsport ganz im Zeichen der Frühjahrs-Klassiker. Monumente wie die Flandern-Rundfahrt oder Lüttich-Bastogne-Lüttich haben im Kalender ein grosses Gewicht. Auch die Frauen haben ihren Platz in diesen Rennen gefunden, auch wenn sie deutlich weniger Preisgeld einstreichen als ihre männlichen Berufskollegen.
Während sich der Frauen-Radsport auf der internationalen Bühne etabliert hat, fristet er in der Schweiz noch immer ein Schattendasein. Um dem vehement entgegenzuwirken, hat Swiss Cycling vor anderthalb Jahren das Frauenförderprojekt «Fast & Female» ins Leben gerufen. Nun will der Schweizer Verband den Worten Taten folgen lassen, wenn es um das Thema Gleichstellung der Geschlechter geht, und bereits in diesem Jahr die Tour de Suisse Women ins Leben rufen.
Die Idee einer Landesrundfahrt für Frauen ist nicht neu. Letztmals wurde jedoch 2001 eine «Tour de Suisse féminin» durchgeführt. Die Hürden von damals sind heute noch die gleichen: Es fehlt das liebe Geld.
Die Finanzierung soll unter anderem mit jenen Bundesgeldern erfolgen, welche für die Strassen-WM 2020 in Aigle-Martigny gesprochen, infolge der Corona-bedingten Absage aber nicht benötigt wurden. Noch immer ist aber unklar, wann wie viele dieser Mittel von der UCI an das Organisationskomitee und von diesem an den Bund zurückfliessen. Das Geld steht dann – als Begleitmassnahme im Hinblick auf die Strassen-WM 2024 in Zürich – vollumfänglich Swiss Cycling zu.
Motion eingereicht
Weil sich der Rückzahlungsprozess in die Länge zieht, haben die Nationalrätinnen Diana Gutjahr und Aline Trede den Vorstoss eingereicht, wonach der Bund für die Tour de Suisse Women 2021 eine Defizitgarantie übernehmen und damit eine frühzeitige Absage verhindern soll. Der Bundesrat wird in seiner Sitzung am nächsten Mittwoch darüber befinden.
Einfach Däumchen drehen und abwarten wollte man bei Swiss Cycling nach dem Vorstoss nicht. Deshalb hat man am Gründonnerstag den Gang an die Öffentlichkeit gesucht, um das Geld nötigenfalls anderweitig einzutreiben. «Wir brauchen zusätzlich 300'000 Franken, damit wir im Juni das Frauenrennen durchführen können», rechnete Geschäftsführer Thomas Peter vor.
Lange kann man beim Verband jedoch nicht mehr zuwarten, weil sonst hohe Kosten bei der Planung anfallen. «Wir müssen uns demnächst entscheiden, ob wir die Tour de Suisse Women durchführen oder absagen, und wir wollen sie durchführen», liess Patrick Hunger, Co-Präsident von Swiss Cycling und Präsident der Tour de Suisse, verlauten.
Ein Frauenfeld in Frauenfeld
Auch Olivier Senn, der Direktor der Tour de Suisse, ist von der Wichtigkeit des Rennens überzeugt: «Es ist höchste Zeit, dass wir den Frauen in der Schweiz die gleiche Plattform bieten, wie es seit Jahren bei den Männern der Fall ist.» Noch wisse man nicht, ob wegen der Corona-Situation im Juni überhaupt eine Tour de Suisse stattfinden könne. Entsprechende Gesuche wurden bei den Kantonen eingereicht.
Bei Senn Laufen die Fäden für die Planung für die Tour de Suisse der Frauen zusammen. Vorgesehen ist ein zwei Etappen umfassendes Rennen, welches im Rahmen des Start-Wochenendes der Tour de Suisse der Männer am 5./6. Juni rund um Frauenfeld stattfinden soll. Nebst den neun World Teams mit Weltklasse-Fahrerinnen wie Marlen Reusser soll auch eine Auswahl des Schweizer Nationalteams am Start sein. Auch Jolanda Neff, die Mountainbike-Weltmeisterin von 2017, hat bereits ihr Comeback auf der Strasse angekündigt. Mittelfristig soll das Rennen gekoppelt an die Tour de Suisse der Männer zu einer längeren World-Tour-Rundfahrt ausgebaut werden.