36 WM-Siege am Stück Die verzögerte Freude der Schweizer Curlerinnen

SDA

27.3.2023 - 18:13

Auch wer viermal am Stück eine Weltmeisterschaft gewinnt, kann sich noch freuen, als wäre es das erste Mal. Die Schweizer Curlerinnen um Skip Silvana Tirinzoni haben es vorgemacht.

27.3.2023 - 18:13

Wer einen wichtigen Match gewinnt, jubelt. Sofort. Ob im Fussball, im Eishockey oder im Handball. Der augenblickliche Jubel ist im Comment des Curlingsports, dem urschottischen «Spirit of Curling» nicht vorgesehen, er ist sogar verpönt. Ist die Entscheidung gefallen wie im Frauen-WM-Final zwischen der Schweiz und Norwegen, bedankt man sich zuerst bei den Gegnerinnen für die Partie. Man gratuliert oder tröstet sich. Bei den je vier Spielerinnen ergibt dies folglich viermal vier Shakehands.

Erst jetzt ist der Akt der Höflichkeit erledigt, erst jetzt können die Siegerinnen jubeln. Die Spontaneität der Freude ist ein bisschen gedämpft. Briar Schwaller-Hürlimann, Carole Howald, Silvana Tirinzoni und Alina Pätz rissen dennoch die Arme nach oben. Sie fanden sich zu einem hüpfenden und tanzenden Knäuel zusammen. Sie freuten sich so ausgelassen wie nach dem ersten WM-Titel 2019, als noch Melanie Barbezat und Esther Neuenschwander die ersten zwei Positionen im Team eingenommen hatten. Für Schwaller und Howald war es ein Urerlebnis.

«Es hätte auf beide Seiten kippen können»

Schon kurz nach dem Final hatte Silvana Tirinzoni kühlen Kopf, um den Match objektiv zu analysieren: «Ich kann das gar nicht beschreiben. Irgendwie haben uns die Norwegerinnen ausgespielt. Es hätte auf beide Seiten kippen können. Aber zum Glück war der Match immer knapp. Es waren nicht viele Steine im Spiel, deshalb mussten wir geduldig sein. Aber jetzt ist es wirklich unglaublich, dass wir wieder hier stehen und Weltmeisterinnen sind. Es ist einfach eine pure Freude.» «Ja», ergänzte Alina Pätz in einem Interview mit SRF. «Im Moment ist es eine pure Freude. Aber was es für uns wirklich bedeutet, wird uns erst später bewusst werden.»

Schon mit drei WM-Titeln in Serie hatten die Schweizerinnen einen Rekord im Frauencurling aufgestellt. Mit dem vierten Titel dehnten sie den Rekord aus. Ebenso beeindruckend und unerreicht sind die 36 Siege am Stück an WM-Turnieren. Der Weltverband WCF sprach und schrieb von «nur» 35 Siegen. Ein Match von der WM 2021 ist in der Chronologie des WCF falsch eingereiht, was zu diesem kleinen Fehler führte. Geht man auf die WM 2019 zurück, kann man festhalten, dass das Team des CC Aarau nur zwei der letzten 53 Partien auf WM-Niveau verloren hat. Bei starken Gegnern wie beispielsweise Kanada, Schweden und Schottland, mit denen es die Schweizerinnen an jeder WM mindestens einmal zu tun bekommen, ist dies eine wirklich unglaubliche Bilanz.

Abrechnung in drei Jahren

Eine von lauter positiven Erkenntnissen aus der WM in Schweden sind die Leistungen von Briar Schwaller und Carole Howald. Innerhalb eines Jahres sind sie so gut integriert, dass sie das Ensemble so schlagkräftig machen, wie es vorher mit Barbezat und Neuenschwander war. Schon letzten Herbst spielte die Crew in neuer Besetzung auf exzellentem Niveau.

Fast möchte man sich wünschen, dass die Olympischen Spiele in Mailand schon nächsten Frühling stattfinden würden. Aber die Aarauerinnen müssen jetzt versuchen, ihr Niveau noch drei Jahre beizubehalten. Silvana Tirinzoni und Alina Pätz wollen 2026 die Olympiamedaillen gewinnen, die sie vor einem Jahr in Peking verpasst haben.

SDA