EM in München Für Jeannine Gmelin ist der Weg das Ziel

sda

11.8.2022 - 08:08

Jeannine Gmelin hat die nächsten Olympischen Spiele als grosses Ziel angepeilt.
Jeannine Gmelin hat die nächsten Olympischen Spiele als grosses Ziel angepeilt.
Keystone

Die Skifferin Jeannine Gmelin strebt in München ihre fünfte EM-Medaille an. Jedoch ist 2022 ein Zwischenjahr.

11.8.2022 - 08:08

In den Jahren 2017 und 2018 beendete Gmelin bloss ein Rennen nicht als Siegerin – an der WM 2018 gewann sie Silber. Die Krönung bildete der WM-Titel 2017. Eine Olympia-Medaille blieb ihr bislang allerdings verwehrt: In Tokio belegte sie wie fünf Jahre zuvor in Rio de Janeiro den 5. Platz.

Dennoch war Tokio für die 32-Jährige der ausschlaggebende Punkt, die Karriere bis Paris 2024 fortzusetzen. «Ich merkte dort, dass ich nach wie vor sehr viel Freude am Lifestyle Rudern habe», sagt Gmelin im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Zudem war sie mit ihrer Leistung trotz des verpassten Podestplatzes «mega» zufrieden. «Ich holte unter den gegebenen Umständen das absolute Maximum heraus.»

«Mit den Umständen sprach sie an, dass sie seit dem Frühjahr 2019 mit einem Privatteam unterwegs ist. Dies deshalb, weil sie weiter mit Robin Dowell zusammenarbeiten wollte, der zuvor als Schweizer Nationaltrainer entlassen worden war. Das Ganze war für sie alles andere als einfach, «gleichzeitig lernte ich sehr viel. Robin und ich hätten es schade gefunden, wenn wir die gesammelten Erfahrungswerte nicht nutzen würden. Tief in mir drin bin ich überzeugt, gut genug zu sein, in Paris eine Medaille zu holen. Ich lebe aber auch ganz gut, wenn das nicht in Erfüllung geht.»

Mehr Effizienz dank weniger Reisen

Vielmehr ist für Gmelin der Weg das Ziel, das ist ihr Mantra. Sie merkt, dass sie mit einer prozessorientierten Herangehensweise gut mit den Ergebnissen leben kann. «Wenn stets die Resultate im Vordergrund stehen, geht der Moment vergessen», sagt die mit dem Alter gelassener gewordene Gmelin. Eine Erkenntnis vom 5. Platz in Tokio war, dass Dowell und sie vieles richtiggemacht haben – «sonst wäre ein solches Resultat nicht möglich gewesen». Die Zürcher Oberländerin ist jedoch stets auf der Suche nach Optimierungsmöglichkeiten. Wo also setzt sie neben der Implementierung von neuen Studien die Schraube an? Bei der Effizienz.

Gmelin war bewusst, dass sie zu viel unterwegs war. Die Situation zwang sie jedoch dazu. Nun hat sie sich ihren Wunsch, so viel wie möglich zu Hause (in Kerns) zu sein, erfüllt. Sie rudert wieder hauptsächlich auf dem Sarnersee, wo auch das Schweizer Team trainiert. Das Ziel ist, immer mal wieder gemeinsame Einheiten zu absolvieren. Zudem hat sie Räumlichkeiten in Kägiswil gefunden, die auch eine Küche beinhalten. «Das ist unbezahlbar», sagt Gmelin. Dort absolviert sie das Krafttraining.

Die Effizienz ist für sie umso entscheidender, als sie sowohl in der Athletenkommission wie auch im Exekutivrat von Swiss Olympic aktiv ist, «was bis zu einem gewissen Grad Energie vom Sport wegnimmt.» Insofern ist eine gute Balance wichtig. Klar ist für sie, dass sie auch nach ihrer Karriere irgendwo im Sportbereich tätig sein wird, das ist allerdings Zukunftsmusik. Zuerst einmal steht nun die EM in München auf dem Programm. Selbstredend will Gmelin auf der Regattastrecke in Oberschleissheim so gut wie möglich abschneiden, die Titelkämpfe sind für sie aber nur eine Zwischenstation, Priorität geniesst die WM in Racice (18. bis 25. September).

Fünf Monate ohne Rudern

Überhaupt ist 2022 quasi ein Zwischenjahr. Nach Tokio gönnte sie sich eine fünfmonatige Pause vom Rudern. Drei Monate trainierte sie gar nicht, danach fing sie ausserhalb des Wassers langsam wieder an. Sie brauchte das, da sie zuvor zehn Jahre «mehr oder weniger» unterbrochen dran war, nie mehr als vier Wochen pausierte. «Ich musste mich zwingen, damit die Energie bis Paris reicht», sagt Gmelin. «Das sind Erkenntnisse aus der Vergangenheit. Ich kenne mich unterdessen sehr gut, kann mich gut einschätzen.»

Voll im Training ist Gmelin seit Ende März/Anfang April. Dennoch schaffte sie sowohl in Poznan (2.) wie auch auf dem Rotsee (3.) den Sprung aufs Weltcup-Podest. Nach Luzern, der A-Final fand am 10. Juli statt, bereitete sie sich in Portugal auf München vor. Dort stand der erste intensive Trainingsblock in diesem Jahr an. Insofern kann man gespannt sein auf ihre EM-Auftritte.

sda