Die Qualifikation für die EM-Endrunde 2020 soll für die Schweizer Handballer erst der Anfang gewesen sein. Die Perspektiven sind durchaus vielversprechend.
17. Januar 2016. Die Schweizer verlieren in Sittard gegen die Niederlande 21:34 und verpassen auf peinliche Art und Weise das WM-Playoff. Sie sind am Tiefpunkt der letzten Jahre angekommen. Dreieinhalb Jahre später sitzt die Schweizer Delegation gemeinsam in Novi Sad in einem Restaurant und feiert die Teilnahme an der Europameisterschaft im kommenden Jahr in Österreich, Norwegen und Schweden.
Die erstaunliche Entwicklung ist in erster Linie mit einem Namen verbunden: Michael Suter. Der 43-Jährige übernahm nach dem Debakel in Sittard die schwierige Aufgabe, die Schweiz im Handball wieder konkurrenzfähig zu machen. Sein Vorteil war, dass er die Basis dafür selber gelegt hatte, amtete er doch von 2007 bis 2016 als Trainer der Nachwuchs-Nationalmannschaften, die er ab 2010 an zehn EM- und WM-Endrunden führte. Ausserdem baute er ab 2011 die Swiss Handball Academy in Schaffhausen auf, die viele Talente hervorbringt.
Suter verjüngte das Nationalteam denn auch massiv, setzte in erster Linie auf jene, die sich bereit dazu erklärte hatten, langfristig voll auf die Karte Sport zu setzen. Halbe Sachen gibt es für ihn nicht. Das Umdenken unterstreicht die Tatsache, dass in der kommenden Saison nach aktuellem Stand acht Schweizer Spieler im Ausland tätig sein werden. Damals gegen die Niederlande war Andy Schmid der einzige Legionär gewesen.
«Wir sind nun in der Situation, dass wir nicht mehr schauen müssen, wie wir 16 Spieler zusammenbekommen. Wir verfügen über 22, 23 Spieler mit einem guten Niveau», sagt Ingo Meckes, der Leistungssportchef des Schweizer Verbandes. «Dadurch können wir Ausfälle kompensieren». Das unterstrich der Auftritt am Sonntag in Serbien (31:32), wo unter anderen Alex Milosevic und Samuel Röthlisberger fehlten, zwei Säulen in der Verteidigung.
Prioritäten Richtung Junioren verschoben
Meckes ist am 1. Juli acht Jahre im Amt. Der Deutsche erkannte rasch, dass es eine neue Generation braucht, umso mehr, als es nicht an Talenten fehlte. Deshalb wurde die Priorität in Richtung Junioren verschoben, auch was das Budget betrifft. Mittlerweile stimmt die Mischung im Nationalteam, das schon ziemlich gefestigt ist und sich nicht mehr so rasch aus der Ruhe bringen lässt.
Ingo Meckes, was macht Michael Suter aus? «Er ist sehr akribisch und hat unglaubliche Fähigkeiten, ein Team zu führen.» Mit seiner Arbeit überzeugte er auch Schmid, der angesichts der notorischen Erfolgslosigkeit schon mehrmals ans Aufhören in der SHV-Auswahl gedacht hatte. Der fünffache MVP der Bundesliga steuerte 54 Tore zur erfolgreichen Qualifikations-Kampagne bei, so viele wie kein anderer.
Für Meckes ist er im Angriff einer der drei besten der Welt. «Er ist aber nicht nur als Spieler ein brutal wichtiger Bestandteil des Konstrukts, sondern ist auch ein Vorbild, dass es ein Schweizer bis ganz nach oben schaffen kann.» Schmid ist diesbezüglich gar ein sehr gutes Beispiel, wurden doch andere als talentierter eingestuft oder wie es Meckes ausdrückte: «Er machte keine gradlinige Karriere.»
EM-Teilnahme nur ein Zwischenschritt
Dass die Schweizer erstmals seit der Heim-EM 2006 an einem grossen Turnier dabei sind, stuft Meckes für die ganze Bewegung als «unglaublich wichtig» ein. Denn das entwickelte Konzept sieht die Teilnahme an der EM-Endrunde 2020 vor. «Wenn wir es nicht geschafft hätten, hätten wir an Glaubwürdigkeit eingebüsst», so Meckes. Die EM-Teilnahme soll allerdings nur ein Zwischenschritt sein: «Wir wollen zum Dauergast werden an grossen Turnieren und unsere Ziele allmählich steigern.» Wenn Andy aufhöre, werde eine kleine Baisse kommen. Das Schöne sei aber, dass sie darauf vorbereitet seien und die dann entstehende Lücke kompensieren würden.
Der Vertrag von Suter läuft im kommenden Jahr aus. Meckes ist aber überzeugt, dass der Verband ihn halten kann, obwohl er Begehrlichkeiten weckt. Meckes: «Er merkt, dass der Weg noch nicht zu Ende ist, wir noch ganz andere Ziele erreichen können. Das motiviert ihn, dafür arbeitet er jeden Tag. Deswegen bin ich zuversichtlich, dass alles funktioniert.»