Tour de France Kampf gegen Doping-Zweifel: Sind die erstaunlichen Leistungen von Pogacar sauber?

SB10/dpa

22.9.2020

Tadej Pogacar verblüffte alle bei der Tour de France.
Tadej Pogacar verblüffte alle bei der Tour de France.
Bild: Getty

Mit dem Sieg bei der Tour de France kamen bei Tadej Pogacar auch die Doping-Fragen. Der Slowene ist bisher unauffällig und gilt als immenses Talent. Sein Umfeld lässt aber Spielraum für Skepsis.

Der Slowene mit dem Babyface und dem Killerinstinkt gilt nach seinem spektakulären Triumph in Frankreich als Galionsfigur der jungen Wilden, die den Radsport im kommenden Jahrzehnt prägen können – und vor allem skandalfrei bleiben sollen. Doch der Zweifel fährt unweigerlich mit.

Mit einer furiosen Fahrt knöpfte der am 21. September 22 Jahre alt gewordene Youngster im Bergzeitfahren dem bis dahin so souveränen Landsmann Primoz Roglic am vorletzten Tag noch das Gelbe Trikot ab und krönte sich zum zweitjüngsten Tour-Gewinner in der Geschichte der Rundfahrt.

Er fuhr das 36-Kilometer-Bergzeitfahren nach La Planche des Belles Fille mit einer Siegerzeit von 55:55 – sprich einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 38,8 km/h zum Etappensieg. Die Siegerzeit von Pogacar auf diesem schweren Parcours machte die Zeitfahrenspezialisten zu Statisten.

Pogacar

Pogacar

22.09.2020

Leistungen wie gefallene Tour-Helden

Pogacar brach zuvor schon mehrere Kletterrekorde an den Tour-Anstiegen – über welchen der Doping-Schatten hängt. Am Col de Peyresourde auf der 8. Etappe etwa toppte Pogacar die 17 Jahre alte Bestmarke des überführten Alexander Winokurow, war satte 1:40 Minuten schneller unterwegs als die gefallenen Helden Jan Ullrich und Lance Armstrong 2001.

Wie «sport1» schreibt, ergaben Messungen bei Pogacar erstaunliche Werte: Er trat mit einer Energie von 6,5 Watt pro Kilogramm Körpergewicht in die Pedale – ein ähnliches Level, wie es einst Ullrich und Armstrong erreichten.

Der berühmt-berüchtigte Armstrong sprach nach dem Bergzeitfahren von einer «Leistung für die Ewigkeit». Vielleicht sei es die beste jemals gewesen. Der frühere Radprofi Jens Voigt meinte gegenüber «Eurosport»: «Er hat Roglic völlig zerstört. Eine unglaublich starke Leistung. Hoffen wir, dass wir uns auch noch in fünf Jahren darüber freuen dürfen.»

Slowenien im Doping-Dunstkreis 

Beim erstaunlichen Aufstieg des Zwei-Millionen-Einwohner-Landes zur neuen Radsport-Macht ist tatsächlich Skepsis angebracht – acht der 19 Slowenen, die zwischen 2009 und 2019 auf World-Tour-Niveau fuhren, haben Sperren in ihrem Lebenslauf. Auch Pogacars Entdecker Andrej Hauptman hat einen dunklen Fleck in seiner Biografie. Der Schweizer Teamchef Mauro Gianetti und Manager Joxean Matxin zogen einst beim Skandal-Team Saunier-Duval die Fäden, beteuerten aber stets ihre Unschuld. In der Dopingaffäre «Operation Aderlass» führen ebenfalls viele Spuren nach Slowenien – aber bislang keine zu Pogacar.

Kurzum: Bei Pogacar gibt es aktuell keine Verdachtsmomente. Allerdings ist das Personal seines UAE-Teams ein Abbild der alten Generation. So wird Pogacar, der Wunderknabe aus dem Dorf Komenda, auch künftig von Doping-Fragen begleitet werden. Er und Roglic hielten übrigens immer unisono fest, dass ihre Leistungen das Ergebnis harter Arbeit sind. 

Auch Guillaume Martin, Elfter der Tour, warnt vor voreiligen Schlüssen: «Zwei Slowenen als Dominatoren, das ist viel für ein kleines Land – aber das kann auch Zufall sein.» Schliesslich hat auch die Schweiz im Herrentennis mit Roger Federer und Stan Wawrinka zwei Ausnahmeathleten.


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