Jérémy Desplanches muss sein Ausscheiden im Halbfinal der Weltmeisterschaften in Budapest über 200 m Lagen so schnell wie möglich verdauen. «Ich habe keine Zeit, mich selbst zu bemitleiden», sagt er.
«Ich kann mir den Luxus von einigen freien Tagen nicht gönnen. Es bleiben mir sechs Wochen bis zu den Europameisterschaften», führte Desplanches aus. Vom 11. bis 17. August will er in Rom über 200 m Lagen um die Podestplätze kämpfen – vier Jahre, nachdem er in Glasgow seine erste von vier Medaillen in Folge auf internationaler Bühne gewonnen hat.
Bereits am Mittwoch stieg Desplanches also wieder ins Becken, «aber erst am Nachmittag nach einem langen Ausschlafen». Weil das Jahr bisher enttäuschend verläuft, hat er einiges an Arbeit vor sich. «Ich muss in allen Bereichen arbeiten, ich muss überall besser werden. Es gibt Bereiche, in denen ich weniger schlecht bin, aber es gibt nicht einen, in dem ich der Beste bin.» Aber zum Gewinnen müsse man irgendwo der Beste ein.
Der Plan für die kommenden Wochen steht. «Für den Moment arbeite ich an allem. Wenn ich dann wieder das Niveau erreicht habe von vorher, kann ich an den Details feilen.» An seinem Entscheid, die Trainingsgruppe zu wechseln und zum charismatischen Philippe Lucas nach Martigues zu ziehen, zweifelt er weiterhin nicht. «Ich musste etwas verändern nach dem letzten olympischen Zyklus», führt der Olympia-Bronzegewinner von Tokio 2021 aus. «Ich kann in allen vier Disziplinen technisch noch besser werden.»
«Es ist schön, dass ich mich noch in den verschiedensten Bereichen verbessern kann. Aber es ist auch schwierig, damit umzugehen, weil es heisst, dass ich an allem arbeiten muss. Ich kann es mir nicht leisten, mich zufrieden zu geben.» Aber das sei bei ihm schon immer so gewesen. Es gebe die Talentierten und die Arbeiter. «Ich bin ein Arbeiter!»
Das Ziel ist Paris
Die Weltmeisterschaften haben Desplanches gezeigt, wo er steht. Deshalb könne er sich auch gleich ohne Hintergedanken wieder ans Training machen. Seine in Budapest erreichten Zeiten sprechen eine klare Sprache. Mit 1:58,29 lag er weit über seinem Schweizer Rekord, der seit den Olympischen Spielen in Tokio bei 1:56,17 steht.
Desplanches wusste, was er zu erwarten hatte, als er sein Trainingscamp von Nizza nach Martigues verlegte. Er wollte einen weiteren Schritt nach vorne machen. Das hatte er bereits unmittelbar nach den Olympischen Spielen in Tokio klar gemacht. Nur Minuten nach dem Gewinn von Bronze in Tokio sprach er zum Erstaunen der Beobachter bereits von de Spielen 2024 in Paris.
Im Hinblick auf Olympia in zwei Jahren relativiert Desplanches sein Scheitern in Budapest. «Ich bin sehr enttäuscht, dass ich den Final verpasst habe. Aber wenn ich sehe, dass der Olympiasieger 2021 (der Chinese Wang Shun, Red.) bei der WM 2019 nicht auf dem Podest war, sage ich mir, dass man nicht immer überall top sein muss, um im entscheidenden Moment der Beste zu sein», sagt Desplanches, dem entgangen war, dass Wang in Budapest mit der 16. Zeit im Halbfinal scheiterte.
«Man muss ab und zu etwas Abstand nehmen», erklärt Desplanches seine momentane Situation. «Ich bin dickköpfig. Ich halte immer die gleiche Rede, auch wenn ich im jeweiligen Moment nicht unbedingt davon überzeugt bin. Aber ich wiederhole es, um mich selber zu überzeugen.» Die post-olympische Saison im neuen Umfeld ist kompliziert, das ist sich der Genfer bewusst. «Es kann mich kaputt machen oder mir sehr gut tun».