Rückblick Lea Sprungers Trainer Laurent Meuwly über deren Karriere

sda

15.9.2021 - 12:53

Lea Sprunger mit ihrem Trainer Laurent Meuwly
Lea Sprunger mit ihrem Trainer Laurent Meuwly
Keystone

Am Dienstagabend bestritt Lea Sprunger, 2018 Europameisterin über 400 m Hürden, in Bellinzona ihr letztes Rennen. Der langjährige Trainer Laurent Meuwly blickt auf ihre Karriere zurück.

Keystone-SDA, sda

Der Erfolg von Lea Sprunger ist eng mit Laurent Meuwly verbunden. «Lea ist jene Person, mit der ich in den letzten 15 Jahren am meisten Zeit verbrachte habe», sagt dieser im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Wir sind zusammen gewachsen.»

Zwar holte Sprunger schon 2009 ihre erste internationale Medaille, als sie an den U20-Europameisterschaften in Novi Sad Bronze im Mehrkampf gewann. Es dauerte jedoch sieben Jahre, bis ihr bei den Aktiven das Gleiche gelang. 2016 wurde sie an der EM in Amsterdam ebenfalls Dritte, diesmal über 400 m Hürden. Zwei Jahre später holte sie in Berlin in der gleichen Disziplin den EM-Titel, etwas, was noch keine andere Schweizerin im Freien geschafft hat. In der Halle sicherte sie sich 2019 über 400 m ebenfalls EM-Gold. Ein Podestplatz auf Weltniveau blieb ihr verwehrt, an der WM 2019 in Doha belegte sie Rang 4.

Stetig höhere Ziele

Laurent Meuwly, hatten Sie ihr eine solche Karriere zu Beginn zugetraut? «Es ist eher progressiv gekommen. Zuerst waren Nachwuchs-Grossanlässe unsere Ziele», so Meuwly. Nach dem Medaillengewinn 2009 nahmen sie die Teilnahme an Olympischen Spielen ins Visier. Da sie eine solche im Mehrkampf als unrealistisch ansahen, konzentrierten sie sich fortan auf den Sprint, worauf sich Sprunger über 200 m für London 2012 qualifizierte. Danach wurden Final-Teilnahmen und Medaillen angestrebt. «Wir setzten uns immer höhere Ziele», sagt Meuwly. «So hat sie sich entwickelt, vielleicht jedoch etwas zu spät. Es war allerdings ein interessanter Weg.»

Hat er eine Erklärung für die späte Entwicklung? «Vielleicht fehlen die Jahre, in denen wir 200 m machten. Wir wollten zuerst die Schnelligkeit entwickeln. Dies wäre uns vielleicht aber auch gelungen, wenn wir früher mit dem Training über 400 m respektive 400 m Hürden begonnen hätten. Jedenfalls verzeichnete sie nach diesem Wechsel die grössten Fortschritte. Das würde ich nun definitiv anders handhaben.»

So trat Sprunger erst seit 2015 über 400 m Hürden an, hatte sie in dieser Disziplin bis am Schluss «etwas Mühe mit der Technik und dem Rhythmus». Hätte sie früher begonnen, hätte sie mehr Möglichkeiten für eine globale Medaille gehabt, führt Meuwly aus. Zudem bekundete sie in diesem Jahr Probleme mit der Achillessehne, weshalb Sprunger ihr Potenzial nicht ganz ausschöpfen konnte. Insofern war es für sie ein Nachteil, dass die Olympischen Spiele in Tokio, an denen sie im Halbfinal ausschied, um ein Jahr verschoben wurden.

Tolle Persönlichkeit

«Im Nachhinein denke ich, dass wir uns vielleicht auf die 400 m hätten konzentrieren sollen», sagt Meuwly. «Ihre dortige Bestzeit von 50,52 Sekunden ist höher einzustufen als jene von 54,06 über 400 m Hürden.» Warum fiel der Entscheid zu Gunsten von 400 m Hürden aus? «Wir hatten das Gefühl, dass dort die Chancen auf Weltniveau grösser sind. Die Leistungsdichte ist kleiner als über 400 m», schildert Meuwly die Beweggründe. Allerdings hat es über 400 m Hürden zuletzt eine enorme Entwicklung gegeben – die vier besten Zeiten in dieser Disziplin wurden allesamt in diesem Jahr erzielt.

Wie auch immer, Fakt ist, dass Sprunger eine grossartige Karriere hingelegt hat. «Sie wurde zu einer grossen Inspiration für andere, was Leistungssport betrifft», sagt Meuwly. «Das ist fast noch wichtiger als alle Medaillen. Viele Athleten äusserten sich dahingehend, dass sie sie vermissen werden, sie eine tolle Persönlichkeit sei. Darauf können wir stolz sein.»