Jeannine Gmelin, die erfolgreichste Schweizer Ruderin der Geschichte, spricht nach dem plötzlichen Tod ihres Trainers und Lebenspartners über die Beweggründe hinter ihrem emotionelen Rücktritt.
Die Skifferin Jeannine Gmelin, die Weltmeisterin von 2017, erklärte am Mittwoch im Rahmen einer Medienkonferenz in Kägiswil ihren Rücktritt vom Rudersport. Danach nahm sich die 32-jährige Zürcher Oberländerin Zeit für ein Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, in dem sie ihren Entscheid begründete.
Jeannine Gmelin, am 16. Dezember ist Ihr Trainer Robin Dowell unerwartet verstorben. Nun haben Sie sich entschieden, Ihre Karriere zu beenden. Können Sie Ihre Gedanken dazu ausführen?
«Meine Hauptmotivation für den Weg an meine dritten Olympischen Spiele war das Teamwork, das Streben nach Exzellenz zusammen mit Robin Dowell. Das fehlt nun, sodass meine Motivation auf etwas anderem hätte basieren müssen. Ich fand jedoch nichts. Das Resultat alleine ist für mich keine genügende Motivation, den Weg weiterzugehen.»
Sie hätten auch sagen können: Jetzt erst recht! War das ein Faktor, der in Ihren Überlegungen eine Rolle spielte?
«Nein. Einerseits weiss ich genau, dass ich niemandem zulieb etwas machen muss. Das wäre nicht zielführend und nicht fair gegenüber mir selber, aber auch nicht gegenüber denen, die mich unterstützt hätten auf diesem Weg. Zudem würde Robin nur etwas wollen – nämlich, dass ich das mache, was ganz alleine für mich stimmt und für niemand anderen.»
Wie lief der Prozess für diesen doch einschneidenden Entscheid ab?
«Dieser Schritt war mir relativ rasch klar, ich wollte mir allerdings Zeit lassen, um zu spüren und herauszufinden, ob es wirklich das ist, was ich möchte, oder ob es ein momentaner Zustand ist. In den letzten sechs Wochen stellte ich dann fest, dass das anfängliche Gefühl der Realität entsprach.»
Wie geht es nun weiter? Haben Sie schon Ideen, was Sie machen wollen?
«Es gibt verschiedene Optionen, die ich am Prüfen bin. Grundsätzlich ist es mir wichtig, im Sport oder allgemein anderen Menschen dabei zu helfen, ihre Träume zu verwirklichen. In welcher Form das sein wird, werde ich sehen. Zudem werde ich schauen, ob es Möglichkeiten für eine weitere Zusammenarbeit mit meinen Partnern gibt, damit ich ihnen nach wie vor etwas zurückgeben könnte, was ja während der Karriere schwieriger ist. In einem allerersten Schritt geht es nun allerdings darum, dem Trauerprozess, der da ist, den ich nicht ignorieren kann, einen gewissen Raum zu geben.»
Sie haben eine sehr erfolgreiche Karriere hinter sich. Was werden Sie am meisten vermissen?
«Das Teamwork mit Robin. Dann den Nervenkitzel eines Wettkampfs, die Leistung abzurufen, wenn es zählt. Den Flow, den man vor allem während eines Rennens verspürt, werde ich sehr vermissen und logischerweise auch, fit zu sein. Das wird sich nun sicher verändern. Jedoch wird der Sport etwas Wichtiges in meinem Leben bleiben. Ich werde weiterhin etwas machen, aber natürlich nicht mehr 25 Stunden pro Woche trainieren.»
SDA