Strassenrennen-WM Ohne Druck, aber nicht ohne Ambitionen

sda

23.9.2022 - 13:51

Nach dem Gewinn eines kompletten Medaillensatzes in den Zeitfahr-Wettbewerben kann die Schweizer Delegation die Strassenrennen an der WM in Australien ohne Druck angehen.

Keystone-SDA, sda

Im Kampf und weitere Podestplätze hat Swiss Cycling gleich mehrere Trümpfe in der Hand. Bei den Männern könnte nach dem Forfait von Marc Hirschi – der WM-Dritte von 2020 fühlte sich nach einer gesundheitlich für ihn schwierig verlaufenen Saison noch nicht wieder bereit für Rennen mit einer solchen Länge – mit Mauro Schmid ein anderer Jungspund in die Bresche springen. Der 22-jährige Bahn-Olympiateilnehmer bestreiten in Wollongong zwar seine ersten Strassen-Weltmeisterschaften bei der Elite, dies hält den selbstbewussten Zürcher aber keinesfalls davon ab, klare Ziele zu formulieren.

«Nur eine Medaille zählt»

«Grundsätzlich zählt bei einer WM nur eine Medaille», hält der letztjährige Giro-Etappensieger fest. Nur in der ersten Gruppe anzukommen, das sei nicht das Ziel, so Schmid. «Lieber greife ich an und gehe allenfalls unter, als dass ich mir den Vorwurf machen muss, nicht aktiv genug gefahren zu sein.»

Der WM-Parcours gilt nicht nur wegen seiner beträchtlichen Länge von fast 270 km als anspruchsvoll. Die immer wiederkehrenden kurzen, ruppigen Anstiege dürften das Feld mit der Fortdauer des Rennens stark reduzieren. «Ich erwarte ein hartes Rennen. Wenn es in die entscheidende Phase geht, werden wohl nur noch wenige Fahrer dabei sein», glaubt Schmid. Nach einer für ihn zufriedenstellenden zweiten Profisaison sei alles, was kommt, «Bonus». «Die Strecke ist grundsätzlich auf meine Fähigkeiten zugeschnitten, und meine aufsteigende Formkurve stimmt mich zuversichtlich.»

Mit Stefan Küng verfügt das sechsköpfige Schweizer Team über einen weiteren Fahrer, der sich imstande sieht, die Topfavoriten um Wout van Aert und Co. zu ärgern. Der Thurgauer Allrounder, der nach Silber im Zeitfahren ebenfalls «ohne Druck» an den Start geht, hat schon mehrfach bewiesen, dass er über längere Fluchtversuche zum Erfolg finden kann. 2019 wurde er dafür mit WM-Bronze belohnt.

Auch Stefan Bissegger ist es zuzutrauen, dass er sich im Verlauf des Rennens in eine Ausreissergruppe begeben kann, die durchkommt. Das Schweizer Sextett komplettieren Silvan Dillier, Simon Pellaud und Fabian Lienhard.

Chabbey ist bereit, Reusser fühlt sich müde

Auch im Strassenrennen der Frauen darf sich die Schweiz am Samstag dank Elise Chabbey Medaillenchancen ausrechnen. Die 29-jährige Genferin präsentierte sich zuletzt in einer starken Form. Zudem ist der mit 164,3 km längste Frauen-Parcours in der WM-Geschichte auf Fahrerinnen mit starken Puncher-Qualitäten, wie sie die einstige Olympia-Teilnehmerin im Kanu verfügt, zugeschnitten.

«Der Kurs ist hart, es gibt kaum Verschnaufpausen. Dafür bietet er viele Möglichkeiten, etwas zu probieren. Ich erwarte ein aggressives Rennen», blickt Chabbey voraus. Die Romande, die im Peloton für ihren grossen Kampfgeist und Biss bekannt ist, zeigt sich zufrieden mit ihrem bisherigen Saisonverlauf. Den Giro, die Tour de France und die Vuelta beendete sie als Zwölfte, Elfte und Achte des Gesamtklassements. «Das Einzige, was fehlt, ist ein Sieg in einem World-Tour-Rennen.»

Am Mittwoch durfte sich Chabbey beim Triumph im Mixed-Team-Zeitfahren an der Seite von Küng, Schmid, Bissegger, Nicole Koller und Marlen Reusser das Regenbogentrikot überstreifen. Bei Reusser sind die eigenen Erwartungen für Samstag gering. Die Bronzemedaillengewinnerin im Einzelzeitfahren fühlt sich nach der langen Reise und den Anstrengungen der letzten Tage müde und will dem Team so gut es geht helfen. Vieles wird von den favorisierten Niederländerinnen abhängen.

Separate U23-Wertung

Das Elite-Rennen der Frauen bringt eine Premiere mit sich. Zum ersten Mal wird es eine U23-Wertung inklusive Medaillenvergabe geben. Für die Schweizerin Noemi Rüegg bedeutet dies, dass sie quasi ihr eigenes Rennen fährt.