Alexia Paganini will an den heute beginnenden Eiskunstlauf-Weltmeisterschaften in Stockholm ihre Fortschritte unter Beweis stellen und der Schweiz einen Olympia-Quotenplatz sichern.
Gerade mal einen Wettkampf konnte Paganini seit ihrem 4. Rang an den Europameisterschaften im Januar 2020 bestreiten – die Nebelhorn-Trophy Ende September in Oberstdorf, die sie auf Platz 2 beendete. «Manchmal war es definitiv schwierig, die Motivation zu finden, ohne zu wissen, wann der nächste Event ist», sagt Paganini im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Umso grösser ist die Freude, dass nun zumindest der wichtigste Wettkampf der Saison stattfindet, sie endlich zeigen kann, an was sie gearbeitet hat. Paganini ist seit dem vergangenen Mai unter den Fittichen des zweifachen Weltmeisters Stéphane Lambiel, der 2014 in Champéry die «Skating School of Switzerland» gegründet hat. Zuvor lebte sie in den USA und trainierte in Hackensack in New Jersey. In der Schweiz gefällt es ihr ausgezeichnet, am Wochenende geht sie oft wandern. Sie kann es sich gar vorstellen, auch nach der Eiskunstlauf-Karriere hier zu leben.
Über Lambiel sagt sie: «Er weiss definitiv, wie er das Beste aus uns herausholen kann, weiss, wann es nötig ist uns zu pushen und wann es Zeit ist, ruhiger zu sein.» Zudem wirke sich positiv auf die Zusammenarbeit aus, dass «er sich auch neben dem Eis um uns kümmert». Lambiel ist auf dem Eis ein Künstler, dementsprechend grossen Wert legt er auf die Interpretation der Programme.
Paganini: «Meine Kür ist viel schwieriger»
In diesem Bereich gelangen Paganini einige Fortschritte, sie läuft nun mit mehr Emotionen, mit mehr Herz. Ausserdem hat sie sowohl das Kurzprogramm als auch die Kür technisch erschwert. In letzterer sind nun beispielsweise zwei statt eine Dreifach-Dreifach-Kombination geplant. «Meine Kür ist viel schwieriger als in den vorangegangenen Jahren», sagt die 19-Jährige.
In Zukunft soll dann noch ein Vierfach-Sprung hinzukommen. Daran arbeitete Paganini zwischendurch – sie versuchte den Toeloop und den Salchow mit vier Umdrehungen. «Sie hat die Möglichkeit, das zu schaffen», ist Lambiel überzeugt. Jedenfalls war sie an einem guten Tag schon sehr nah dran. Vorerst gilt ihr Fokus aber der Gegenwart, sie will der Schweiz in Stockholm einen Startplatz für die Olympischen Winterspiele im kommenden Februar in Peking sichern. In China nehmen bei den Frauen 30 Läuferinnen teil, 24 Quotenplätze werden an der WM vergeben. Einen solchen zu ergattern, ist für sie im Normalfall eine Formsache.
Paganini ist am letzten Samstag in die schwedische Hauptstadt gereist. Nach einem Corona-Test ging es dann direkt ins Hotelzimmer, das sie bis zum Erhalt des Resultats nicht verlassen durfte. Vor der Rückkehr in die Schweiz standen respektive stehen zwei weitere Tests an. Der Bewegungsradius umfasst Hotel und Stadion, die beieinanderliegen. «Es wird eine Herausforderung sein, vor einem meiner wichtigsten Wettkämpfe einen Tag im Zimmer verbringen zu müssen», führt Paganini aus.
Zwei junge Russinnen favorisiert
Sie ist zudem jemand, die es liebt, den Wettkampfort zu entdecken. «Normalerweise mache ich etwas, um mich abzulenken.» Nun gilt es, andere Wege zu finden, «damit ich unter den gegebenen Regeln fähig bin, eine so gute Leistung wie möglich abzurufen». Dass die Form stimmt, darauf deutet ein kürzliches Vorlaufen in Rapperswil hin.
Paganini nahm bislang zweimal an Weltmeisterschaften teil – 2018 belegte sie Rang 20, im Jahr darauf verpasste sie als 33. die Kür der besten 24. Was diesmal möglich ist, ist schwierig abzuschätzen, sie besitzt sicherlich das Potenzial für die Top 15. Gross ist die Chance, dass die Weltmeisterin aus Russland kommt und entweder Anna Schtscherbakowa oder Alexandra Trussowa heisst. Beide sind 2004 geboren, nehmen erstmals an einer WM teil und beherrschen mehrere Vierfach-Sprünge.
Nebst Paganini vertritt in Stockholm auch Lukas Britschgi die Schweiz. Es muss einiges zusammenpassen, damit der 23-jährige Schaffhauser die Kür erreicht. Bei seiner WM-Premiere vor zwei Jahren belegte er Platz 34. Der zweifache Olympiasieger Yuzuru Hanyu strebt ebenso seinen dritten WM-Titel an wie der Amerikaner Nathan Chen, der zum dritten Mal in Folge triumphieren könnte. Spektakel scheint garantiert zu sein.