In der Vor-Weihnachtszeit klingeln auch bei den Springreitern die Kassen. Steve Guerdat steht kurz vor Jahresabschluss bei der nationalen Rekordsumme von 1,4 Millionen Franken.
Guerdat blickt auf das in Sachen Preisgeld erfolgreichste Jahr seiner Karriere zurück. Noch vor dem CSI-W in London vor Weihnachten, an dem der Olympiasieger von 2012 teilnehmen wird, hat der Stilist am vergangenen Wochenende beim CHI Genf sein Jahrespreisgeld dank des Sieges mit dem Wallach Alamo im Top-Ten-Final (160'000 Franken) und dem 2. Platz mit seiner Schweden-Stute Bianca im Grand Prix (240'000 Franken) hinter dem Deutschen Marcus Ehning mit Prêt à Tout in eine Höhe gehievt, die ihn wahrscheinlich zum zweiten Mal in seiner Karriere zur Weltnummer 1 aufsteigen lässt.
All die zahlreichen Glanzresultate hat der gebürtige Jurassier einer ganzen Armada von erstklassigen Pferden zu verdanken. Bianca, Hannah, Alamo, Ulysse des Forêts, Venard de Cerisy und der ehemalige und wieder fitte Weltcupsieger Corbinian sind alles Spitzenpferde, die der begnadete Reiter Guerdat bedenkenlos in internationalen Grossen Preisen einsetzen kann.
Allein mit Bianca, deren Verkauf ins Ausland vor wenigen Tagen der Auto-Importeur und Pferdemäzen Walter Frey verhindert hat, sicherte sich der in Elgg ansässig gewordene Klassereiter 2018 bislang 680'000 Franken Preisgeld. Der zehnjährige Rappe Alamo, den der Sohn des französischen Equipenchefs Philippe Guerdat erst seit Ende 2017 in seinen Zügeln führt, brachte ihm schon 290'000 Franken ein, die elfjährige Belgien-Stute Hannah 136'000, die zehnjährige Franzosen-Stute Ulysse des Forêts 125'000, Venard 85'000 und Corbinian 43'000 Franken.
Zehn Nuller-Runden in Nationenpreisen
Obwohl ein überragendes Einzelergebnis fehlt, hat der zweifache Weltcupsieger so häufig wie nie zuvor geliefert. Erneut drehte Guerdat zehn fehlerlose Runden in Nationenpreisen und war damit weltweit erfolgreichster Mannschaftsreiter. An den Weltmeisterschaften in Tryon holte er mit der 12-jährigen Bianca hinter dem in Wängi heimisch gewordenen Martin Fuchs auf Clooney Einzel-Bronze. Dank zahlreichen Spitzenresultaten mit Bianca, Hannah und Ulysse des Forêts führt Guerdat das Zwischenklassement in der Weltcup-Ausscheidung an und hat sich die vorzeitige Finalqualifikation frühzeitig gesichert.
Bereits 2015 knackte der Romand mit einem Preisgeld von 1'041'626 Franken die Millionengrenze. Das schaffte im Vorjahr auch der WM-Zweite Martin Fuchs mit 1'022'785 Franken. Er kam damit fast an das damalige Rekordpreisgeld seines 2008 zurückgetretenen St. Galler Onkels Markus Fuchs heran, der 2007 ein Total von 1'052'542 Franken eingestrichen hatte.
Die Preisgelder streicht allerdings nicht der Sportler allein ein. Die Verträge zwischen Besitzer und Reiter sind nicht öffentlich. Die Faustregel besagt, dass sich die beiden Parteien die Einnahmen teilen.
Geldsegen auch für Ehning
Ein fürstliches Vor-Weihnachtgeschenk machte sich auch der deutsche Springreiter Marcus Ehning, der Prêt à Tout zum mit 400'000 Franken dotierten Sieg im Grand Prix in Genf führte. Weil er in diesem Jahr schon den Grossen Preis in Aachen mit dem 15-jährigen Franzosen gewonnen hatte, strich der Westfale aus Boken zusätzlich einen Spezialbonus der Grand-Slam-Serie von 280'000 Franken ein.
Das Pferd ist in Schweizer Besitz. Es gehört der Thurgauer Pferdezüchterin Ruth Krech aus Frauenfeld, die ihr Traumpferd als Fünfjährigen bei einem Freund im Burgund erworben hat. "Ich habe ihm damals in die Augen geschaut und mich sofort in ihn verliebt", gesteht die Gattin von Thomas Krech und Mutter zweier Töchter und Freizeitreiterinnen. «Prêt à Tout ist spezielles Pferd, absolut zuverlässig mit viel Willen und Sprungkraft. Er ist und bleibt unverkäuflich, weil er zu uns gehört und ein Freund der Familie ist.»
Aufstieg mit Kaya Lüthi
Der Franzosen-Fuchs wurde von Kaya Lüthi, der Lebensgefährtin von Marcus Ehnings jüngerem Bruder Johannes, in den grossen Turniersport geführt. Dreimal gewann sie mit dem geschickten Pferd EM-Medaillen bei den Jungen Reitern, zweimal Team-Silber, einmal Team-Bronze. «Kaya hat mit Prêt à Tout einen Superjob gemacht, ehe sie im November 2015 in Münster schwer stürzte. Dann habe ich mein Traumpferd dem besten Reiter der Welt und Horseman anvertraut.» Ausschlaggebend dafür sei nicht Ehnings Palmarès gewesen, seine drei Weltcupsiege oder seine Mannschafts-Goldmedaillen an Olympischen Spielen, Welt-und Europameisterschaften.
«Priorität hat für mich sein Umgang mit Pferden. Er versteht sie, ist anständig und respektvoll ihnen gegenüber. Er setzt sie dosiert ein, hat enorm viel Gefühl und Geduld, ehe er die für ihn perfekte Harmonie erreicht.» Eigenschaften, die auch auf Steve Guerdat zutreffen.