Die Handball-Saison bekommt am Sonntag mit der Finalissima, was sie verdient hat. Mit der Titelpremiere vor Augen winkt Kriens-Luzern gegen den Serienmeister Kadetten Schaffhausen der grosse Coup.
Zum ersten Mal seit 2016 wird der Playoff-Final in der Nationalliga A in einem fünften Spiel entschieden. Dass es bei der Neuauflage der letztjährigen Finalserie zu einer «Belle» kommt, entspricht einer gewissen Logik, zumal zuvor schon die beiden Halbfinalserien über die maximale Distanz gegangen und die bisherigen Final-Duelle zwischen Titelverteidiger Kadetten Schaffhausen und Herausforderer Kriens-Luzern stets hart umkämpft gewesen sind.
Der Showdown am Sonntag in Schaffhausen verspricht also Spannung, die Ausgangslage scheint offen. Auf der einen Seite die Kadetten Schaffhausen, die aufgrund ihrer Favoritenrolle als Qualifikationssieger und Meister der letzten beiden Jahre unter Druck sind. Auf der anderen Seite Kriens-Luzern, das trotz dem Rücktritt von Starspieler Andy Schmid im Januar so nah am ersten Meistertitel dran ist wie noch nie und die Euphorie aus dem gewonnenen vierten Spiel mitnehmen möchte.
Kampfansage an den Serienmeister
Als «Partycrasher am eigenen Fest». So etwa konnte man die Spieler von Kriens-Luzern am Donnerstag bezeichnen, nachdem sie getragen vom Grossteil der 2500 Zuschauer in der ausverkauften Stadthalle in Sursee mit dem 33:27-Heimsieg eine Meisterfeier der Kadetten vorerst abgewendet hatten. Die Innerschweizer liessen sich nach dem 60-minütigen Husarenstück gebührend vom Publikum feiern.
Dass mit dem 2:2-Ausgleich in der Serie aber noch nichts gewonnen ist, sind sie sich bei Kriens-Luzern bewusst. «Wir bleiben am Boden», versichert Valentin Wolfisberg. Das Krienser Toptalent hat sich in den letzten Wochen mit starken Leistungen in den Vordergrund gespielt und trotz seines Alters von erst 19 Jahren einen Stammplatz erkämpft. «Es ist immer cool, wenn man die Chance bekommt. In so wichtigen Spielen ohnehin, das motiviert einen noch mehr», so Wolfisberg, der am Donnerstag als sechsfacher Torschütze einen grossen Anteil am Sieg seines Teams hatte.
Der fast zwei Meter grosse Hüne verkörpert beim Aussenseiter den absoluten Siegeswillen perfekt – und er will mehr. «Um Schweizer Meister zu werden, braucht es drei Siege. Wir gehen nochmals mit allem, was wir haben, in diese Finalissima.» Wolfisberg prophezeit «einen Riesenkampf». Es brauche «viel Herz, Emotionen und Willen». Und dann folgte die Kampfansage: «Wir gehen, um zu gewinnen!»
Maros bemängelt fehlende Kompaktheit
Das wollen selbstredend auch die Schaffhauser, von denen erneut eine Reaktion erwartet wird, nachdem sie mit einer unerwarteten Niederlage in die Finalserie gestartet sind. Es ist bis heute die bislang einzige vor Heimpublikum in der laufenden Meisterschaft. Dass es dabei bleibt, braucht es im Vergleich zu Spiel 4 vor allem in der Defensive eine markante Steigerung, wie Luka Maros erklärt. «Uns haben die Kompaktheit und die Härte gefehlt, was es dem Gegner immer wieder erlaubt hat, zu einfachen Toren zu kommen. Und vorne haben wir uns etwas verkrampft.»
Auch der 68-fache Schweizer Internationale muss seinen offensiven Output wieder steigern, soll es für die Kadetten mit dem ersten Double-Gewinn aus Meisterschaft und Cup seit 2016 doch noch klappen. Am Donnerstag landete nur einer seiner sechs Abschlüsse im Tor. Doch Maros zeigt sich positiv und freut sich auf die orange Wand in der eigenen Arena. «Wir haben ein Heimspiel. Das ist unser Vorteil. Den wollen wir nutzen. Wir gehen 'all-in'.»
Zahlreiche Happy-End-Storys möglich
Eine Finalissima ist ohnehin immer mit vielen Emotionen verbunden. Für einige Protagonisten bekommt die Partie aber zusätzliche Brisanz. Auf beiden Seiten gibt es Akteure, die ihren Klub nach der Saison verlassen. So beendet bei Kriens-Luzern der langjährige deutsche Internationale Fabian Böhm seine Karriere. Dies gilt auch für Zeljko Musa, der auf dem Trainerposten seinen jetzigen Chef Peter Kukucka beerben wird.
Auf einen perfekten Abschied mit den Kadetten Schaffhausen hoffen der spanische Ausnahmekönner Joan Canellas, der Welt- und zweifache Europameister aus Spanien, und Captain Lukas Herburger. Der österreichische Internationale, der den Schweizer Serienmeister nach fünf Jahren in Richtung Bundesliga (Füchse Berlin) verlassen wird, konnte am Donnerstag nicht wie gewohnt abliefern. Angesprochen auf den nahenden Abschied meinte Herburger: «Heute (Donnerstag) habe ich das erste Mal gemerkt, dass es ein Ende nehmen könnte.» Jetzt gelte es sofort, den Schalter umzulegen.
Das bessere Kollektiv gewinnt
«Natürlich, wir sind die Gejagten. Wir werden trotzdem nochmals alles reinwerfen in das letzte Spiel dieser Saison. Dann schauen wir, wer mehr Klasse auf die Platte bringt», zeigt sich Schaffhausens Aggressivleader kämpferisch.
Der Weg zum 14. Meistertitel wird für die Kadetten bestimmt kein Spaziergang, das haben die ersten vier Finalspiele gezeigt. Am Ende wird sich wohl das bessere Kollektiv durchsetzen. Getreu nach dem Motto «Allein ist man stark, gemeinsam unschlagbar», das am Donnerstag auf einem grossen Spruchband der Krienser Fans zu lesen war.