An den Olympischen Spielen 2000 in Sydney gehörten die Beachvolleyballer Martin und Paul Laciga zu den Schweizer Trümpfen. Doch der Medaillen-Traum der Schweizer Sand-Pioniere platzte jäh.
Sie hätten unterschiedlicher kaum sein können, als Duo aber waren sie die Zugpferde eines ganzen Kontinents. Martin und Paul Laciga gehörten in den späten Neunziger- und frühen Nullerjahren zu den ersten europäischen Spitzenteams im Beachvolleyball. Sie gewannen zusammen fünf Turniere auf der World Tour, waren 1999 WM-Zweite und die Nummer 1 der Weltrangliste sowie ab 1998 dreimal in Folge Europameister. Die zwei Brüder aus Kerzers im Kanton Freiburg erlebten den rasanten Aufstieg der 1996 ins olympische Programm aufgenommenen Sportart mit und beschleunigten diesen in Europa massgeblich. Ja, die Laciga-Brüder waren richtige Sand-Pioniere. Auch dank ihnen etablierte sich die zunächst in Brasilien und den USA populäre, TV-taugliche Sportart in hiesigen Kreisen in wenigen Jahren.
Die beiden waren ein sonderbares Gespann, eine reine Zweckgemeinschaft, was sie nicht verhehlten. Ihr nicht unproblematisches Verhältnis, die offen zur Schau gestellte gegenseitige Abneigung, bot Stoff für viele Geschichten. «Unschöne Auseinandersetzungen» nannte Martin Laciga die wiederkehrenden Differenzen mit seinem grossen Bruder einmal. Doch die zwei fanden einen gemeinsamen Weg. Die Lösung für das erfolgreiche Miteinander beschrieb Paul Laciga so: «Wir sind so wenig wie möglich zusammen. Damit wir uns nicht auf den Wecker gehen können.» Trainer Dusan Jarotta glaubte zwischen den Brüdern aber eine «stumme Verbundenheit» erkannt zu haben: «Sie reden zwar nicht über alles miteinander, aber sie reden scheinbar genügend miteinander. Sonst wären sie nicht schon so lange zusammen.»
Mit dem Beachvolleyball kamen die Probleme
Mutter Judith Laciga gefiel der Umgang der beiden miteinander nicht. «Sie waren so brave Kinder – bis das mit dem Beachvolleyball kam. Seither gibt es Probleme. Jeder will besser sein als der andere. Es ist eine Rivalität», sagte sie einmal über ihre Söhne, die in den Neunzigerjahren in die USA zogen, um den Anschluss an die Weltspitze zu schaffen. Dass sie es trotz der Differenzen gemeinsam so weit schafften, war wohl dem gleichen Ziel und dem gleichen Ehrgeiz geschuldet. Noch bevor Beachvolleyball in der Schweiz salonfähig wurde, hatten sich die Lacigas in den Kopf gesetzt, es an die Weltspitze zu schaffen.
Die Beharrlichkeit führte sie an die Spitze der Weltrangliste. An Olympischen Spielen war den Lacigas das Glück indes nicht hold. Eine bittere Nicht-Selektion sowie zwei Viertelfinals lautet die Bilanz, die so gar nicht dem Standing der beiden Charakterköpfe entspricht. Vor allem das Olympia-Turnier 2000 am Bondi Beach, dem bekanntesten Strand Sydneys, war eine verpasste Chance. Nach einem harzigen 15:13 zum Auftakt gegen die Tschechen Michal Palinek/Martin Lebl – es wurde noch auf einen Gewinnsatz gespielt – nährten die als Nummer 4 gesetzten Schweizer die hiesigen Hoffnungen im Achtelfinal mit einem überzeugenden 15:8 gegen die topgesetzten Australier Julien Prosser/Lee Zahner.
Plötzlich ging nichts mehr
Im Viertelfinal gegen die Portugiesen Maia/Brenha begann das ungleiche Schweizer Duo sogar noch besser. Die 10'000 Zuschauer in der Arena sahen, wie die Lacigas mit nahezu perfektem Spiel auf 11:6 davonzogen. Und wurden dann Zeuge, wie sie mit dem Halbfinal vor Augen aus unerklärlichen Gründen einbrachen. Neun verlorene Punkte am Stück in zehn schwarzen Minuten gipfelten in einem 11:15 der bitteren Sorte. «Ich kann noch gar nicht fassen, dass wir ausgeschieden sind», sagte Paul Laciga im kargen dunklen Raum, in dem die Pressekonferenz stattfand. Martin Laciga rätselte: «Ich weiss beim besten Willen nicht, warum wir die Serie nicht durchgezogen haben.» Die Schweizer Medien schrieben von einer «verpassten Riesenchance» und einer «im Sand vergrabenen Medaille».
Vier Jahre machte das spezielle Brudergespann in der Folge gemeinsam weiter. Nach einer weiteren Viertelfinal-Enttäuschung in Athen gingen sie getrennte Wege – Martin Laciga vorerst mit Patrick Egger und später mit Jan Schnider, Jefferson Bellaguarda und Jonas Weingart, Paul Laciga mit Sascha Heyer. 2007 schlossen sie sich noch einmal kurz zusammen, dann trat der Ältere zurück.