Debütant Florian Hempel Vom Handball-Goalie zur Sensation an der Darts-WM

mal/dpa

23.12.2021 - 21:15

Ganz schön cool: Der Kölner Florian Hempel sorgte für die bislang grösste Überraschung an der Darts-WM.
Ganz schön cool: Der Kölner Florian Hempel sorgte für die bislang grösste Überraschung an der Darts-WM.
Bild: Getty Images

Darts spielt er erst seit vier Jahren. Vorgestellt hat er sich eigentlich eine Karriere als Handball-Goalie. Doch wegen einer Dartscheibe in seiner WG ist alles anders gekommen. Die verrückte Geschichte von WM-Sensation Florian Hempel.

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Belgiens Starspieler Dimitri van den Bergh, die aktuelle Weltnummer 5 und einer der Favoriten auf den WM-Titel, blieb nichts anderes mehr übrig, als Florian Hempel zu gratulieren. Der deutsche WM-Debütant hatte ihn soeben aus dem Turnier geschmissen. Und dies nicht etwa, weil van den Bergh schlecht gespielt hätte, sondern weil sein Widersacher überragend aufgetreten war. Neun seiner zwölf Würfe auf Doppel verwandelte der Aussenseiter und zog so dem Favoriten mit einem 3:1-Sieg die Zähne.

«Das glaubt mir kein Mensch», sagte Hempel hinterher ungläubig und lächelte verschmitzt. Mit gutem Grund. Denn ursprünglich wollte der 31-jährige aus Köln nicht eine Darts-Sensation, sondern Handball-Profi werden. Der 1,96-Meter-Riese stand früher im Tor des Dessau-Rosslauer HV und kam auch zu einem Einsatz in der 2. Bundesliga.

Florian Hempel arbeitete sich in Windeseile an die nationale Spitze und erweiterte Weltspitze vor.
Florian Hempel arbeitete sich in Windeseile an die nationale Spitze und erweiterte Weltspitze vor.
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Heute sagt er rückblickend: «Die Koordination zwischen Hand und Auge, die ich beim Handballspielen gelernt habe, hat mir beim Darts definitiv geholfen.» 

Es begann alles mit einem «Acht-Euro-Ding»

Unglaublich, aber wahr: Erst vor vier Jahren hat Hempel damit begonnen, spitzige Pfeile auf runde Scheiben zu werfen. In seiner WG fing die Darts-Geschichte an. Er traf sich regelmässig samstags mit Freunden, vor dem Ausgang werfen sie ein paar Pfeile auf ein «Acht-Euro-Ding von Lidl oder Aldi», so Hempel.

Als er eine Woche Ferien hatte, stellte er sich für ein paar Stunden länger ans Board. Doch irgendwann gingen die billigen Pfeile kaputt. Hempel besuchte einen Darts-Shop und dort wurde ihm von einem Turnier in Köln erzählt. Kurzentschlossen machte Hempel mit, zahlte die fünf Euro Startgeld: «Ich hab' alle Spiele gewonnen. Alle haben mich gefragt: ‹Wie lange spielst du schon?› Ich dann: ‹Seit Montag ...›»

Fortan liess das Darts-Virus Hempel nicht mehr los. In Windeseile arbeitete er sich an die nationale Spitze und dann an die erweiterte Weltspitze vor. In diesem Jahr, seinem ersten als richtiger Profi, qualifizierte er sich erstmals für die WM im legendären Alexandra Palace in London.

Nach dem Sieg in der 1. Runde gegen Landsmann Martin Schindler musste anschliessend eben Mitfavorit Dimitri van den Bergh dran glauben. Seither wird Florian Hempel in den deutschen Medien und auf den sozialen Plattformen fast wie ein neuer Nationalheld gefeiert.

Weihnachten im Spielerhotel

Wegen seines Coups wartet nun ein sehr ungewöhnliches Weihnachtsfest auf den Senkrechtstarter. Anstatt daheim bei der Familie findet dieses im Spielerhotel in London statt. «Das tut mir zwar in der Seele weh, aber es ist nun mal mein Job. Ich wusste, worauf ich mich einlasse. Ich werde mich auf mein nächstes Spiel vorbereiten», kündigte der Kölner an.

25'000 Pfund (rund 30'900 Franken) hat der ehemalige Handballer durch den Drittrundeneinzug sicher. Noch wichtiger: Nachdem er van den Bergh besiegt hat, scheint der Weg in seiner Tableauhälfte offen – sogar bis in ein mögliches Viertelfinale – das bisher noch kein Deutscher bei der WM erreicht hat.

Am 27. Dezember (16.00 Uhr/Sport1 und DAZN) geht es nun gegen den australischen Aussenseiter Raymond Smith, gegen den Hempel durchaus ein weiterer Sieg zuzutrauen ist. Der Deutsche selbst hält den Ball aber flach: «Wir sind bei einer Weltmeisterschaft, hier gibt es keine Freilose mehr. Die Jungs können auch Darts spielen. Am Ende wird wie immer die Tagesform entscheiden.»



Um die Quarantäne in der Heimat wird Hempel im Anschluss an die WM nicht herumkommen, Grossbritannien ist von Deutschland zum Pandemie-Risikogebiet erklärt worden. Für den Shooting-Star ist das jedoch erstmal Nebensache, vorerst lebt er seinen WM-Traum.

Schafft er in London tatsächlich die Riesensensation und wird Weltmeister, erwartet ihn zudem eine Überraschung: Peter Brings, Sänger der Kölschrock-Band Brings, hat angekündigt, in diesem Fall bei Hempel in Köln vorbeizukommen und ihm dessen Einlaufsong «Kölsche Jung» persönlich vorzusingen.