Ilaria Käslin rettet an den Europameisterschaften in Stettin die Ehre der Schweizer Kunstturnerinnen. Die 21-Jährige aus Sagno qualifiziert sich für den Mehrkampf- und den Schwebebalken-Final.
Nachdem Käslin ein starkes Podiumtraining absolviert hatte, verlief die unmittelbare Vorbereitung auf den Wettkampf alles andere als ideal für die Tessinerin. Eine Lebensmittelvergiftung machte ihr in der Nacht vor der Qualifikation zu schaffen, erst kurz vor dem Wettkampf entschied sie sich anzutreten. Ein Entscheid, der sich auszahlte.
Nach einem gelungenen Auftakt am Sprung stürzte Käslin zwar am Stufenbarren beim ersten Element. Die Tessinerin raffte sich aber auf, sowohl am Schwebebalken als auch am Boden gelang ihr ein nahezu fehlerfreier und ausdrucksstarker Vortrag. Der Lohn für ihren Kampfgeist waren am Ende die Plätze 21 im Mehrkampf (50,432 Punkte) und 5 am Schwebebalken (13,266).
Die Tessinerin rettete damit die Ehre der nach den Ausfällen von Giulia Steingruber, Leonie Meier und Stefanie Siegenthaler stark dezimierten STV-Riege und qualifizierte sich zum dritten Mal nach 2016 in Bern und 2018 in Glasgow für den Final an ihrem Lieblingsgerät. Vor drei Jahren in Bern hatte Käslin am Schwebebalken eine EM-Medaille nur knapp verpasst, in Glasgow wurde sie Fünfte. Auch am Sonntag tritt sie als Aussenseiterin zum Kampf um Edelmetall der besten acht an. Am fünf Meter langen, aber nur zehn Zentimeter breiten Gerät ist jedoch vieles möglich. Die zweifache EM-Medaillengewinnerin Marine Boyer aus Frankreich scheiterte bereits in der Qualifikation.
Die 16-jährigen Anina Wildi und Anny Wu konnten die Erwartungen in der Netto-Arena nicht ganz erfüllen. Zu den vom Veranstalter eingespielten Klängen von Patent Ochsner und Bligg missriet beiden die Übung am Schwebebalken komplett. Und auch der Abschluss am Boden gelang nicht nach Wunsch, weswegen in der Gesamtwertung nur die Plätze 42 und 62 resultierten.
Zahlreiche Abwesende
Nicht nur das Schweizer Team hatte in Stettin gewichtige Absenzen zu beklagen. Von der europäischen Elite verzichteten zahlreiche Athletinnen auf einen Start an den Titelkämpfen an der polnisch-deutschen Grenze. Die belgische Stufenbarren-Weltmeisterin Nina Derwael trat ebenso nicht an wie die Niederländerin Sanne Wevers, die Olympiasiegerin am Schwebebalken, oder die mehrfache Europa- und Weltmeisterin Aliya Mustafina aus Russland. Für sie alle sollen die Weltmeisterschaften im Oktober in Stuttgart zum Höhepunkt werden. Dort werden auch die Tickets für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio verteilt.