Der Biathlet Niklas Hartweg scheint nicht im Vollbesitz seiner Kräfte zu sein. Doch der Eindruck täuscht. Der Aufsteiger des vergangenen Winters überrascht im Sprint in Lenzerheide mit Platz 11.
«Ich bin unfassbar zufrieden. Ich habe mich selber und wohl auch alle anderen überrascht», betont Hartweg nach dem Rennen über 10 km mit zwei Schiesseinlagen. «Ich bin aus dem Training heraus gelaufen, und es ist mir gleichwohl enorm gut gegangen. Da will ich auch nicht über die eine Strafrunde mäkeln.»
Die Resultate im Vorfeld der Rennen zur Schweizer Weltcup-Premiere hatten kaum Hoffnungen auf eine Klassierung in Top-Ten-Nähe geschürt: 46., 50., 31., zweimal Startverzicht. Niklas Hartweg, dessen Vater und Unternehmer Michael Hartweg den Biathlon-Sport in der Schweiz wie kein anderer fördert, musste die Weltcup-Premiere in der Schweiz und auf der Anlage seiner Eltern unter besonderen Vorzeichen in Angriff nehmen. Nach überstandener Covid-Erkrankung stand sogar sein Start in Lenzerheide auf der Kippe.
«Wäre es nicht der Heim-Weltcup, würde ich nicht am Start stehen», sagte der 23-Jährige im Vorfeld. «Ich bin nicht wirklich fit, aber ich will mit Blick auf die Heim-WM im kommenden Winter die Abläufe und den Einfluss der zahlreichen Fans gleichwohl testen.»
Heimpublikum erhöht den Druck
Bei Heimrennen ist immer alles anders. Hartweg fühlt sich zwar nicht unter Druck, die grossen finanziellen Aufwendungen seiner Familie mit Resultaten belohnen zu müssen. «Sonst würde ich mich ja schlecht fühlen», betont der Junioren-Weltmeister stets, obwohl er im vergangenen Winter mit zwei Podestplätzen dem Namen Hartweg auch bei der Elite schon alle Ehre gemacht hat.
«Man spürt den Druck primär dann, wenn man die Schweizer Fahnen sieht. Dann weiss man, auf wen die Blicke gerichtet sind.» Er habe bereits während der Junioren-WM und der EM in Lenzerheide das etwas spezielle Feeling wahrgenommen.
Sommertraining mit Einschränkungen
Hartweg vermutete im Vorfeld der Saison, dass es nicht gleich gut weitergehen dürfte wie der vergangene Winter aufgehört hatte. Der Schwyzer blickt auf einen nicht einfachen Sommer zurück. Ein bakterieller Infekt kostete ihn mehrere Wochen. «Es ging eine Zeit lang, bis das Training wieder angeschlagen hat», erzählt er. Umso mehr freut ihn nun die Leistung vom Freitag, die auch läuferisch stark ausfiel. Im Gegensatz zu früher hielt er die Pace im Sprint durch und brach zum Schluss nicht ein.
Der Schweizer Team-Leader meldete sich in der erweiterten Weltspitze zurück. Er nimmt dies selbstredend gerne zur Kenntnis, obwohl er sich nicht auf Gedeih und Verderb verpflichtet fühlt, die vergangene Saison bereits diesen Winter zu bestätigen. «Ich sehe mich immer noch in einer Entwicklungsphase, bin noch jung. Ich gebe mir Zeit. 2025 mit der Heim-WM in Lenzerheide und 2026 mit den Olympischen Spielen kann man dann über das Thema Druck sprechen», meint er.