Tipps für mehr Energie «Stress übt auf unseren Körper eine positive Wirkung aus»

Von Marjorie Kublun

9.5.2023

Sport und die richtige Ernährung sind essenziell, um fit zu sein. Doch auch eine Portion Stress kann uns guttun, weiss Angelika Kirchmaier. (Symbolbild)
Sport und die richtige Ernährung sind essenziell, um fit zu sein. Doch auch eine Portion Stress kann uns guttun, weiss Angelika Kirchmaier. (Symbolbild)
Bild: imago images/Cavan Images

Wenn sich die Frühlingsmüdigkeit breitmacht, ist es Zeit, ihr dank eines starken Immunsystems etwas entgegenzusetzen. blue News holt sich bei Ernährungsexpertin Angelika Kirchmaier Tipps für mehr Energie im Alltag.

Von Marjorie Kublun

9.5.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Um die Frühjahrsmüdigkeit zu bekämpfen, ist jetzt frische Luft und viel frische Kost angesagt.
  • Einen Bakterienschub für den Darm liefert milchsauer Vergorenes wie Sauerkraut, Rübenkraut, aber auch Buttermilch, Sauermilch und Joghurt.
  • Fastenkuren können viele Nebenwirkungen mit sich bringen.
  • Keine Angst vor dem Stress.
  • Angelika Kirchmaier ist Ernährungsexpertin und hat Sport studiert.

Frau Kirchmaier, gibt es Gewohnheiten, die Sie zum Frühlingsstart ändern?

Um ehrlich zu sein: Ich bin kein Massstab. Ich habe sowohl Ernährung als auch Sport studiert. Ich lebe bereits sehr gesund, sonst hätte ich in meinem Job etwas falsch gemacht. Dieser Automatismus war bei mir aber nicht von Anfang an vorhanden, sondern ist gewachsen. Das heisst, ich treibe täglich Sport, ohne Bewegung fühle ich mich unrund und gesundes Essen zählt für mich zum Alltag. Insofern gibt es bis auf die Variation im Speiseplan, das Verwenden saisonaler Frühlingslebensmittel und saisonal angepasstem Sport keine Veränderungen in meinem Alltag.

Warum fühlen sich viele Leute gerade zum Frühlingsstart müde und lustlos?

Gerade im Frühling schlägt die Frühjahrsmüdigkeit zu. Im Winter fehlen vielen Menschen Sonne, frische Luft, Bewegung und vitaminreiches Essen mit viel Obst und Gemüse, zum Beispiel Sauerkraut oder Rübenkraut. Man wird immer träger und müder.

Angelika Kirchmaier
Thomas Trinkl

Angelika Kirchmaier zählt zu den bekanntesten Ernährungsexpertinnen Österreichs. Sie verfügt über eine akademische Ausbildung u.a. in den Bereichen Klinische Ernährungsmedizin, Diaetologie, Gesundheitswissenschaften und Sport. Sie ist ausgebildete Köchin, Autorin u.a. von «Mein knackig-frisches Immunsystem» und ist zweifache Mutter.

Was kann ich konkret dagegen tun?

Statt sich auf der Couch auszuruhen, ist frische Luft und viel frische Kost angesagt, denn so kommt man möglichst rasch wieder aus dem Hamsterrad. Das heisst, der Fahrstuhl, das Auto und die Rolltreppe dürfen im Frühling pausieren. Gehe so viel wie möglich zu Fuss. Knabbere mindestens dreimal täglich ein Stück Obst oder Gemüse, zum Beispiel einen Apfel, eine Karotte oder ein knackiges Radieschen. Mit den frischen Frühlingskräutern, wie zum Beispiel Löwenzahnblättern, Spitzwegerichblättern, aber auch den Küchenkräutern, unter anderem Schnittlauch, lässt sich das Vitamin-Konto rasch auffüllen.

Macht es Sinn, in der dunklen Jahreszeit Vitamin D zu sich zu nehmen, um dem vorzubeugen?

Hier gibt es eine Faustregel: Zuerst messen, dann essen. Das heisst, sinnvoll ist es, sich bei Verdacht den Vitamin-D-Spiegel bestimmen zu lassen. Liegt dieser zu niedrig, kann man Vitamin D substituieren. Aber Vorsicht! Verwende nicht irgendein Vitamin-D-Präparat, die Nachteile können gravierend sein, sondern greife am besten auf Präparate aus der Apotheke zurück, die auch Babys bekommen, nur eben in einer höheren Dosierung.

Sie sprechen in ihrem Buch über absolute Dunkelheit für guten Schlaf und erwähnen Lichtverschmutzung. An welchen stockdunklen Orten haben Sie schon übernachtet?

Ich habe tatsächlich schon sehr häufig in der absoluten Dunkelheit übernachtet, zum einen im Nationalpark Gesäuse in der Steiermark, zum anderen vor 40 bis 45 Jahren mit meinen Eltern in Tirol. Als Kind durfte ich im Sommer immer wieder auf den Bergen im Freien übernachten und den damals noch schwarz-dunklen Nachthimmel – oft übersät mit Sternen – bewundern. Damals wirkte diese schwarze funkelnde Decke wie ein Glitzerteppich auf mich, heute empfinde ich tiefste Entspannung, muss mich aber immer ein, bis zwei Tage an die absolute Dunkelheit gewöhnen.

Man weiss, dass der Darm und das Immunsystem zusammenhängen. Welche Nahrungsmittel sollten wir viel öfter zu uns nehmen?

Es gibt eine Handvoll Lebensmittel, die unseren Darm so richtig verwöhnen: Obst (ausser Banane), Gemüse (ausser Avocado), frische Kräuter, Sprossen, Kartoffeln, Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen, Linsen oder Kichererbsen. Und auf Vollkorn setzen. Einen frischen Bakterienschub liefert milchsauer Vergorenes wie Sauerkraut, Rübenkraut, aber auch Buttermilch, Sauermilch und Joghurt.

Was ist für Sie die Basis einer jeden Mahlzeit?

Eine grosse Schüssel Salat mit den Kräutern aus dem Garten. Das sind momentan vor allem Bärlauch, Schnittlauch, Löwenzahnblätter und Spitzwegerichblätter. Selbst gemachtes Kräutersalz aus der letzten Gartensaison, Pfeffer, naturtrüber Apfelessig und steirisches Kürbiskernöl, das wir direkt ab Hof kaufen oder italienisches Olivenöl, das von einem unserer Bekannten im Herbst frisch gepresst wird. Bei jeder Hauptmahlzeit mindestens eine Handvoll Hülsenfrüchte, Kartoffeln oder Vollkorn. Ich empfehle Vollkornmehl zum Kochen, Vollkornbrot als Beilage oder Vollkorngerste als Reisersatz, denn nur diese Lebensmittel liefern dem Gehirn die nötige Energie. Der Rest variiert täglich.

Erdbeer-Rhabarber-Crumble für Gesundheitseinsteiger
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Kary Wilhelm

Zutaten: ca. 300 g Obst, Erdbeeren und Mischung aus Rhabarber  – geschält und geschnitten, 3 EL Wasser (ca. 25 g), 20 g hochwertige Butter, am besten Almbutter, 50 g Weizen- oder Dinkelvollkornmehl, 20 g Zucker.

Und so geht's: 

Das Obst in der Form verteilen. Das Wasser darüber giessen. Die Butter im Topf schmelzen. Vom Herd nehmen. Die restlichen Zutaten hinzufügen. Alle Zutaten mit einer Gabel oder einem Kugelschneebesen verrühren. Es sollen grobe Streusel entstehen. Die Streusel über dem Obst verteilen. Das Crumble auf die zweite Einschubleiste von unten schieben. Ca. 25 Minuten backen. Die Streusel sollen leicht bräunen. Rezept aus dem Buch Gartenfrische Blitzgerichte, Angelika Kirchmaier.

Und was kommt heute auf den Teller?

Gemüselasagne mit einem selbst gemachten Tomatenragout. Der Käse stammt von einer Sennerei aus dem Nachbarort, die Lasagneblätter sind diesmal selbst gemacht und bestehen aus Bio-Vollkornmehl. Die Blätter kann man aber auch kaufen. Als Einlage Gemüse von der letzten Saison aus dem Tiefkühler. Das Gemüse muss schliesslich aufgebraucht werden. Gewürzt wird mit einer im letzten Sommer selbst gemixten Kräuterpaste aus diversen Gartenkräutern. Die Béchamelsauce besteht aus Bio-Vollkornmehl aus der Region und Bio-Heumilch, ebenfalls aus der Region – ohne Butter, diese kann man sich sparen, wenn man beim Kochen das Pudding-Prinzip anwendet.

Und wie geht das?

Zwei Drittel der Milch aufkochen, Mehl mit der restlichen Milch verrühren, einkochen bis es blubbert. 

Im Frühling kommt immer wieder das Thema Detox und Fasten auf. Zu Recht?

Jein. Sich gesünder zu ernähren und mehr Sport zu treiben ist prinzipiell positiv, doch mit den klassischen Fastenkuren bin ich auf Kriegsfuss, weil diese sehr häufig zu gravierenden Nebenwirkungen führen, zum Beispiel zu einer Gewichtszunahme nach Absetzen der Fastenkur. Zusätzlich sollte man sich immer vor einer Fastenkur seine Organe ganz genau anschauen lassen. Beim Fasten und sogenannten Entgiften werden im Idealfall Giftstoffe frei, diese verpuffen aber nicht einfach, sondern müssen über die Leber entgiftet und über die Nieren oder zum Teil über den Darm ausgeschieden werden. Sind diese Organe nicht zu hundert Prozent fit, kann man sich die Organe damit schädigen.

Sie sind also kein Fasten-Fan.

Nein, ich habe noch nie gefastet und es gibt auch kein Bedürfnis, dies zu tun, weil ich in meiner 25-jährigen Berufstätigkeit so viele Nebenwirkungen aufgrund des Fastens gesehen habe, dass ich das meinem Körper nicht antun möchte.

Was ist Ihr Gesundheitsmotto?

Den Körper von Montag bis Freitag mit Bewegung und gesundem Essen verwöhnen, dann hält er die ein oder andere Sünde am Wochenende locker aus.

Stress ist ein grosses Thema. Ist der moderne Mensch in Ihren Augen zu gestresst?

Nein, im Gegenteil, man hat uns nur gelehrt, dass Stress etwas Negatives ist, wodurch wir Angst davor haben und Stress als Krankmacher empfinden. Wenn man sich anschaut, wie die Menschen vor zum Beispiel hundert Jahren lebten und welche enormen Arbeiten sie verrichten mussten, um zu überleben, dann leben wir im Vergleich in einem Schlaraffenland. Von einer 40-Stunden-Woche oder gar weniger und einem geregelten Urlaub konnte man damals nur träumen.

In ihrem Buch schreiben Sie, dass uns Stress eher guttut. Inwiefern? 

Die neuen Erkenntnisse zeigen, dass Stress in unserem Körper eine enorm positive Wirkung ausübt. Wir haben diese Details auch in unserem Buch aufgegriffen, weil ich die Thematik so wichtig finde. Zum Beispiel erhöht sich im Stress unsere Durchblutung, sodass wir nicht so schnell krank werden. Dieses Phänomen kennen wir alle: Wir werden dann in den Ferien krank, also wenn der Stress nachlässt.

Sie warnen aber vor der Angst vor dem Stress und dessen Auswirkungen.

Die Studien zeigen eben auch, dass Stress krank machen kann und zwar insbesondere dann, wenn man Angst davor hat, krank zu werden. Auch dieses Phänomen kennen viele: Man hat Sorge, dass man irgendeine Erkrankung hat, je mehr Angst sich dazu gesellt, desto stärker zeigen sich die Symptome. Sucht man einen Arzt auf und dieser gibt Entwarnung, sind die Symptome wie weggeblasen.

Was ist ihre neueste Erkenntnis zum Thema Immunsystem?

Es gibt so viele neue Erkenntnisse, dass es schwierig ist, diese auf einen Nenner zu bringen. Daher spannt unser Buch auch einen so breiten Rahmen. Aber ich würde eines herausnehmen: Das Immunsystem basiert auf vielen verschiedenen Säulen. Das bringt uns einen immensen Vorteil. Jeder kann sich sein Sahnehäubchen heraussuchen, dieses pflegen und davon profitieren.

Sie erwähnen die heilsame Wirkung von Farbe. Haben Sie Chromotherapie schon einmal selbst in irgendeiner Form angewendet?

Ja, und zwar vor allem bei Kindern und im Bereich der Ernährungsversorgung von demenzkranken Menschen. Die wissenschaftliche Datenlage dazu ist zwar noch bescheiden, aber die Praxis zeigt, dass die Farbwahl viele Menschen äusserst positiv beeinflussen kann.


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