InnovationsweltreiseByron Bay – einst Hippie-Hochburg, heute mächtig im Energiegeschäft
Swisscom
15.11.2018
Der Klimawandel ist in Australien direkt zu spüren, starke Sonneneinstrahlung und Waldbrände beeinflussen den Alltag zunehmend. Das Thema Energiewende ist unumgänglich. Patrick Hallidays Mission ist es deshalb, so vielen Menschen wie möglich, Strom aus rein erneuerbaren Quellen bereitzustellen.
Es ist September und somit Frühling in Byron Bay an der Ostküste Australiens. Patrick Halliday (48) hat daher nur wenig Zeit. Er ist seit 2010 Geschäftsführer von Juno Energy und arbeitet seit Jahrzehnten in der Elektrizitätsbranche. Für ihn gibt es keine andere Industrie, für die er lieber arbeiten würde. Hier sieht er die Möglichkeit, seine Zukunft und die seiner Kinder positiv mitzugestalten. 2016 hat er deswegen den ersten genossenschaftlichen und unabhängigen Energieversorger Australiens, Enova, mitgegründet. «Wir waren der erste Versorger dieser Art, mit über 1000 Anteilseignern und der Mission, Strom aus rein erneuerbaren Quellen kostengünstig bereitzustellen.»
Die ehemalige Hippie-Hochburg Byron Bay gilt seit jeher als einer der Ursprungsorte der australischen Energiewende. Ein wichtiger Bestandteil für die Zukunft ist auch die Verbreitung von Solar- und Speicheranlagen, weswegen sich Halliday mittlerweile darauf fokussiert. Heute plant und realisiert er mit seinem Unternehmen sowohl Grossinstallationen für Energieversorger und Netzbetreiber als auch Kleinanlagen für Hausbesitzer. Zwischen einem Beratungs- und Installationstermin bleibt ihm nur Zeit für eine kurze Kaffeepause. Bei 25 Grad am frühen Vormittag können er und sein Kollege Marcelo bereits das schöne Wetter geniessen. Angenehm, wenngleich die hohen Temperaturen bei Frühlingsbeginn eher ungewöhnlich sind und man sich somit besser in den Schatten setzt.
Ökologisches Handeln erfordert finanzielle Mittel
Der Klimawandel ist in Australien direkt zu spüren, starke Sonneneinstrahlung und Waldbrände beeinflussen das Leben hier immer mehr. Daher ist die Energiewende schon länger in der Umsetzung als in Europa und der Schweiz. Dies bedeutet nicht nur die Reduktion von CO2-Ausstoss durch Stilllegung von Kohle- und Gaskraftwerken, sondern auch die zunehmende Unterstützung der Energiebereitstellung aus neuen erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne. Dafür werden nicht nur Anlagen im grossen Stil wie industrielle Solarfarmen und Windparks gefördert, ebenso wird die Verbreitung von Solaranlagen und Speichersystemen im Haushaltsbereich unterstützt. Dabei produzieren rein die Solarinstallationen heute 3,8 Prozent des jährlichen Stromverbrauchs Australiens, was einem jährlichen Elektrizitätsverbrauch von 1,9 Millionen Haushalten entspricht. «Zudem werden bei jeder dritten Installation bereits Speicher mit eingebaut», erzählt Halliday.
Mit seinen drei Mitarbeitern und weiteren Installationspartnern unterstützt er Hausbesitzer von der Planung über die Installation bis zur Überwachung, auf einfache Art und Weise ihren eigenen Strom zu produzieren und so die Energiewende aktiv mit zu gestalten. Was nicht immer einfach ist. Denn auch wenn heute bereits mehr als 50 Prozent der Hausbesitzer sowohl in Australien als auch in Europa eine Solaranlage und einen Heimspeicher installieren möchten, ist es nicht nur eine ökologische, sondern ebenso eine finanzielle Fragestellung. Die Strompreise sind zwar erst wieder um 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, um jedoch 80 Prozent Eigenverbrauchsquote und somit Unabhängigkeit von herkömmlichen Stromprodukten zu erreichen, müssen im Durchschnitt noch 15 000 Franken bezahlt werden. Dafür erwartet der Hausbesitzer eine entsprechende Gegenleistung. «Gerade der australische Markt für Photovoltaikinstallationen gilt als einer der am härtesten umkämpften weltweit. Es wäre nötig, diesen zunehmend auszubauen, denn es besteht ausreichend Nachfrage. Da müssen wir schon zusätzliche Dienstleistungen bieten, um konkurrenzfähig zu bleiben», erklärt Patrick Halliday.
Eine entsprechende Verringerung der Kosten durch die Nutzung der selbst produzierten Elektrizität reicht da nicht aus. Vermehrt wird eine vollständige Integration mit weiteren Anlagen im Haushalt erwartet, zum Beispiel Wärmepumpen, Klimaanlagen, Wasserboilern und Elektroautos. Hierbei spielen intelligente Energiemanagementsysteme eine zentrale Rolle. Die Hausbesitzer möchten eine Übersicht über ihren Stromverbrauch und -produktion, um die Wirtschaftlichkeit der Anlage jederzeit nachvollziehen zu können. Zusätzliche Funktionen wie eine Fernsteuerung via App für Klimaanlagen während Ferienzeiten können dabei helfen, den Stromverbrauch um bis zu 10 Prozent zu reduzieren. Alarmfunktionen bei reduzierter Solarproduktion oder Ausfall der integrierten Anlagen sind zunehmend Standard und komplettieren heutige Angebote.
Das virtuelle Kraftwerk
Doch nicht nur auf Haushaltsebene, sondern auch für die Energieversorgung und Netzstabilität spielt eine intelligente Integration der ansteigend dezentralen Anlagen eine wichtige Rolle. Der wachsende Anteil an erneuerbaren Energien bringt aufgrund der volatilen Stromproduktion durch Sonne und Wind wesentliche Herausforderungen mit sich. Grosse Anteile der Elektrizität aus Solaranlagen, die durch den Tag produziert wird, kann nicht direkt verbraucht werden. Hier können Speicher Abhilfe schaffen, müssen jedoch in das Energiesystem integriert und damit synchronisiert werden. Auch andere Geräte wie Wasserboiler, Heizungen und Klimaanlagen können als zusätzliche thermische Speicher dienen und Sonnenenergie aufnehmen, um sie später wieder abzugeben. Durch eine Vernetzung dieser Verbraucher und Produzenten in einem virtuellen Kraftwerk, kann deren Kapazität zur Netzstabilisierung beitragen. Dadurch können Millionen von bestehenden und neu dazu kommenden Geräten die Dezentralisierung des Energiesystems unterstützen.
Virtuelle Kraftwerke sind häufig eines der Elemente von zunehmend entstehenden Microgrids in Australien. Hier versorgen sich in einem geografisch definierten Gebiet Haushalte untereinander mit Photovoltaik, Biogas usw. unabhängig von jeglicher Verbindung zu den bestehenden Stromnetzen. Manchmal geht es einfach nicht anders, da es immer noch viele Regionen in Australien gibt, die nur schwer mit der bestehenden Infrastruktur zu erschliessen wären. Dies ist zum Beispiel im Gebiet Daintree Queensland der Fall. Den Strom für Licht, Kühlschrank und Fernsehen müssen die Bewohner selbst produzieren, speichern und verteilen. Dank neuer Technologien geschieht dies seit Mitte der 1990er-Jahre verstärkt aus erneuerbaren Energiequellen wie Sonnenenergie. Für die Regenzeit und nachts braucht es aber immer noch die Unterstützung von herkömmlichen Dieselgeneratoren, denn Elektrizitätsmasten mit der Verbindung zur landesweiten Infrastruktur sucht man vergebens. Um den Einsatz von CO2 intensiven Energiequellen weiter zu reduzieren, ist auch hier die Integration aller Produktions- und Verbrauchsquellen der Schlüssel. Eine intelligente Abstimmung der einzelnen dezentralen Einheiten erlaubt eine effiziente und zukunftsweisende Stromversorgung.
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Klimaanlagen haben einen hohen Stromverbrauch. Es sind aber nicht nur Geräte, die unsere Energiebilanz verschlechtern, sondern auch Verhaltensweisen, die wir aber zum Glück ändern können.
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Ventilatoren sorgen auch für Abkühlung, verbrauchen aber im Vergleich zu Klimageräten viel weniger Strom, selbst auf hoher Stufe.
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Kühlschränke und Tiefkühler mit Jahrgang 2000 oder älter sollten Sie durch neue Geräte ersetzen, welche bei der Energieeffizienz den höchsten Standard A+++ aufweisen.
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Haben Sie oder Ihr Vermieter schon in eine gute Wärmedämmung des Hauses investiert? Über ein Drittel des gesamten Schweizer Energieverbrauchs entfällt nämlich aufs Heizen.
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Die ganz grösse Hitzewelle ist zwar vorbei, setzen Sie aber auch bei der nächsten auf simple Hausmittelchen wie Storen tagsüber schliessen und in der Nacht intensiv lüften, feuchtes Tuch auf den Nacken legen und ein kühles Fussbad nehmen.
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Wer regelmässig auf ein Auto angewiesen ist, sollte möglichst rasch auf ein Elektro- oder Gasauto umsteigen.
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Wählen Sie den Strom aus Ihrer Steckdose selber! Inzwischen bieten viele Stromproduzenten ihren Kunden eine Auswahl an Energiequellen, so dass Sie sich für erneuerbare Energie aus Wasser, Wind oder Sonnenkraft entscheiden können.
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Löschen Sie das Licht, wenn Sie den Raum verlassen und setzen Sie konsequent auf Leuchtmittel der Effizienzklasse A++ oder höher.
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Kochen Sie mit Pfannendeckel! Das braucht halb so viel Energie. Nutzen Sie zudem die Restwärme und schalten Glaskeramik- oder Gussherdplatten früher aus.
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Wäschewaschen nur bei 20 bis 30 Grad und ohne Vorwäsche? Ja, heutige Waschmittel waschen auch bei weniger hohen Temperaturen sauber und Sie sparen Strom und schonen das Gewebe Ihrer Kleider.
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Viren und Bakterien in den Kleidern werden durchs Trocknen an der Sonne viel effektiver und effizienter abgetötet als durch eine höhere Waschtemperatur.
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Nur absolute Abwaschprofis benötigen beim Abwasch von Hand weniger Wasser als ein Geschirrspüler. Gute Einbaugeräte reinigen das Geschirr eines Vier-Personen Haushaltes mit weniger als 11 Liter und geringem Energieverbrauch.
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Allgemeine Tipps für jede und jeden zur Verbesserung unserer Klimabilanz bietet der WWF in seiner Gratis-App.
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Zu viel Strom lässt das System kollabieren
Diese Notwendigkeit sieht Patrick Halliday ebenso in seinem täglichen Geschäft. In New South Wales hatten bereits 2016 rund 15 Prozent aller Häuser Solaranlagen auf dem Dach und produzierten 32 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien. Die Netze sind für diesen zeitweisen «Überfluss» an Elekrizität jedoch nicht ausgelegt. Mit zunehmender Stromzunahme im Netz steigt oftmals auch die Spannung, dadurch wird die Produktion aus Solaranlagen automatisch abgeschaltet. Eine kontraproduktive Reaktion, die auch für die Bevölkerung schwer verständlich ist. Eine kontinuierliche Aufklärung durch nationale und lokale Regierungen und Energieversorger hilft immer mehr, Verständnis zu schaffen. Eine zentrale Rolle spielen dabei Unternehmer wie Halliday, die jeden Tag direkt mit den Endkunden zu tun haben. Sie erklären ebenfalls die Notwendigkeit der Integration von Anlagen in virtuelle Kraftwerke.
«Es ist eine Möglichkeit, mit der jeder einen Beitrag zur Energiezukunft leisten kann.» Sie können genauso flexibel wie herkömmliche Kraftwerke reagieren, dabei die Kapazität aus bestehenden Anlagen in Haushalten effizient nutzen, ohne deren Komfort zu beeinflussen. Um dieses Potenzial zu aktivieren und eine Nutzung möglich zu machen, engagiert sich Halliday jeden Tag und bei jedem Kunden. «Es ist wichtig, alles in der eigenen Macht Stehende zu tun, um den Klimawandel aufzuhalten oder wenigstens abzuschwächen. Nur so haben wir eine Zukunft. Und am besten startet man direkt in der eigenen Region.» Auch bei der nächsten der noch Tausenden zu installierenden Solar- und Batterieanlagen wird er dem Kunden den Nutzen eines effizienten Energiemanagementsystems erklären und versuchen, ihn für eine Integration in ein virtuelles Kraftwerk zu begeistern. So werden in Australien die ersten wichtigen Schritte in eine neue Energiezukunft genommen.
Schweizer Energiewende schreitet voran
Das Konzept der virtuellen Kraftwerke spielt nicht nur eine wichtige Rolle für die Energiezukunft Australiens, sondern auch in der Schweiz. Die Energiewende geht auch hier ihren Weg. Ein Teil der bisherigen Produktionskapazitäten muss durch Alternativquellen ersetzt werden, selbst wenn der Stromverbrauch um bis zu 13 Prozent sinken soll. Obwohl die Netze stabiler sind und vorerst mit der Zunahme an neuen erneuerbaren Energien umgehen können, ist die Dezentralisierung des Energiesystems mit Herausforderungen verbunden. Sie bietet dazu aber ein enormes Potenzial, können doch bereits heute mehr als 400'000 Haushalte ausschliesslich mit Solarstrom versorgt werden. Gleichzeitig bieten fast eine Million Haushalte unterschiedliches Speicherpotenzial. Es muss nur aktiviert und genutzt werden. Klimawandel und Energiewende sind Themen, die für Jedermann heute und in Zukunft wichtig sind.
tiko Energy Solutions, eine Tochtergesellschaft der Swisscom, baut die grössten «real-time» virtuellen Kraftwerke Europas, die genauso wie die herkömmlichen Kraftwerke zertifiziert sind. Dabei arbeitet das Unternehmen mit Stromversorgern und Geräteherstellern wie EWE und sonnen in Deutschland, Direct Energie in Frankreich und EVN in Österreich zusammen, die auf Basis der Technologie des Unternehmens die Geschäftsmodelle der Zukunft aufbauen.
Hinweis: Dieser Artikel erschien als Teil der Serie «Innovationsweltreise» in einer Kooperation von Swisscom mit der NZZ-Gruppe. «Bluewin» ist ein Produkt der Swisscom (Schweiz) AG. Die Bluewin-Redaktion berichtet regelmässig über neue Produkte und Dienstleistungen von Swisscom.
In der Schweiz kommt aus allen Steckdosen der gleiche Strom. Den Produktionsmix können Sie aber beeinflussen.
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Wählt man umweltgerechten Strom, wird damit der Bau von ökologischen Produktionsanlagen gefördert. Damit unterstützt man die erneuerbare Energieproduktion wie den Windpark auf dem Mont-Soleil im bernjurassischen Saint-Imier.
Bild: Keystone/Valentin Flauraud
Wird mehr Solarstrom gewählt, fördert dies Investitionen in erneuerbare Energien, um den Bedarf decken zu können.
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Stromkunden können das Angebot der Stromhersteller entscheidend steuern.
Bild: Keystone/Gaetan Bally
Das Crowdfunding-Projekt e-can strebt an, dass Strom direkt beim Kraftwerk bestellt werden kann, wie hier vom Wasserkraftwerk Mörel.
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