Streaming-Anbieter im Vergleich Das Ende der Konsolen? Videospiele setzen aufs «Netflix»-Konzept

tsch

30.12.2018

PlayStation Now, GeForce Now, Project xCloud und mehr: Auch im Games-Bereich ist das Streaming nach Netflix-Vorbild auf dem Vormarsch. Aber welcher Anbieter kann was – und lohnt es sich schon jetzt, die Spielkonsole einzumotten?

Eine Fülle an Serien, Filmen, Shows und Dokumentationen – jederzeit abrufbar, monatlich kündbar: Streaming-Dienstleister wie Netflix und Amazon Prime Video sind längst dabei, das klassische Fernsehprogramm, Blu-rays und DVDs abzulösen. Kein Wunder, dass das Erfolgsmodell Nachahmer findet. Vor allem im Gaming-Bereich fiebert man dem Abo-Zeitalter entgegen: PlayStation-Hersteller Sony und Grafikkarten-Experte Nvidia haben bereits entsprechende Dienste im Angebot, Microsoft und Google scharren schon mit den Hufen, Startups versprechen Revolutionäres.



Allerdings ist die Technik hinter dem «Netflix für Games» wesentlich anspruchsvoller als bei Filmen: Weil die Inhalte nahezu in Echtzeit mit den Controller-Eingaben des Spielers abgeglichen werden wollen, sind gigantische Bandbreiten und Server-Strukturen notwendig, damit das Spielvergnügen ohne spürbare Verzögerungen funktioniert. Wir verraten Ihnen, welche Dienstleister schon jetzt Spiele-Streaming beherrschen, worauf Sie bei der Anbieterwahl achten müssen und welche Modelle in Zukunft relevant sein könnten.

Das System Cloud-Gaming vereinfacht dargestellt (Symbolbild): Die Rechenleistung für die Spiele wird auf Serverfarmen erbracht. Diese streamen das Bild- und Tonsignal an die Endgeräte zurück. 
Das System Cloud-Gaming vereinfacht dargestellt (Symbolbild): Die Rechenleistung für die Spiele wird auf Serverfarmen erbracht. Diese streamen das Bild- und Tonsignal an die Endgeräte zurück. 
Nvidia

PlayStationNow

So funktioniert's: Sonys ursprünglich an die PS4 gebundenen Service gibt es inzwischen auch für PC. In dem aus PS4-, PS3- und PS2-Titeln bestehenden Games-Katalog kann frei gewählt, gespielt und gespeichert werden, vorher muss man allerdings die entsprechende App installieren. Vor dem ersten Start der Now-Oberfläche nimmt das Programm sogar einen Geschwindigkeitstest für den jeweiligen Internet-Anschluss vor: Langsame Leitungen werden von vornherein ausgemustert oder zumindest mit einem Warnhinweis «gebrandmarkt», bei ausreichend schnellen Anschlüssen signalisiert «PlayStation Now» Unbedenklichkeit.

Was kostet's? Rund 17 Franken im Monat.

Vorteile: Mit gerade einmal 5 Mbit/s ist der Streaming-Dienst von PlayStation-Anbieter Sony in Bezug auf die nötige Internet-Geschwindigkeit der zahmste Streaming-Kandidat – zumindest auf dem Papier. Empfohlen werden allerdings Bandbreiten von 25 MBit/s und mehr. Im Gegensatz zu den meisten anderen Diensten ist PlayStation Now dem Beta-Stadium längst entschlüpft: Resultat ist ein meist stabiles Streaming-Ergebnis mit nur geringen Verzögerungen. Wer unter einer langsamen oder instabilen Internet-Verbindung leidet, kann zudem die im Software-Katalog enthaltenen Spiele sogar laden und installieren, anstatt sie zu streamen. Ein Luxus, den aktuell kein anderer Cloud-Gaming-Dienst bietet.

Nachteile: Obwohl die Bildrate auf Konsole und Computer erfreulich stabil bleibt, kommt es zumindest auf Windows-Rechnern immer wieder zu unschönen Artefakt-Bildungen. Sony zufolge umfasst das Angebot aktuell über 500 Spiele, darunter aber überwiegend betagtere Hits wie «Bloodborne», «Bioshock Infinite» oder «The Last of Us». PC-Only-Titel sucht man im Sony-Angebot naturgemäss vergebens. Wer «PlayStation Now» testen will, nutzt dafür am besten das Sieben-Tage-Schnupper-Angebot. Aber Vorsicht: Die Abo-Verwaltung auf der PS4 ist heimtückisch und muss in den Systemeinstellungen unter «Kontoinformationen / PlayStation-Abonnements» gekündigt werden.

Wer ältere Exklusiv-Titel wie ein «Bloodborne», «Last of Us» oder «Uncharted 3» geniessen möchte, ohne sich dafür eine PlayStation kaufen zu müssen, ist bei «PlayStation Now» goldrichtig.
Wer ältere Exklusiv-Titel wie ein «Bloodborne», «Last of Us» oder «Uncharted 3» geniessen möchte, ohne sich dafür eine PlayStation kaufen zu müssen, ist bei «PlayStation Now» goldrichtig.
Sony

GeForce Now

So funktioniert's: Als etablierter Dienst läuft das Streaming-Angebot von Grafikkartenhersteller Nvidia schon seit geraumer Zeit über dessen Multimedia-Box Shield, auf Mac und PC hingegen befindet sich der Service noch im Beta-Stadium. Wie bei PlayStation Now handelt es sich um echtes Streaming: Die Spieldaten finden sich also auf den Servern des Anbieters und werden in Beinahe-Echtzeit mit den Controller-Eingaben des Gamers abgeglichen und berechnet. Die Apps für PC beziehungsweise Mac finden sich auf der Homepage von Hersteller Nvidia, auf der Shield ist der Service vorinstalliert.

Was kostet's? Während der Beta-Phase ist «GeForce Now» noch gratis, eine verbindliche Ansage für die Preigestaltung danach gibt es ebenso wenig wie einen konkreten Starttermin.

Vorteile: Durch die Anbindung an die Online-Vertriebs-Plattform Steam verfügt GeForce Now zumindest theoretisch über eine gigantische Titel-Auswahl, künftig sollen sich noch die Angebote von Blizzards Battle.net und Ubisofts Uplay hinzugesellen. Die Pingzeit ist mit um die 20 Millisekunden erfreulich flott – für professionelle Turnierspieler eignet sich das allerdings kaum. Dank Nvidias Kompetenzen im Grafikkarten-Bereich können Gamer davon ausgehen, mit aktueller Hardware zu spielen.

Nachteile: Viele der angeschlossenen Steam-Titel stehen nicht fürs kostenlose Streaming zur Verfügung, sondern wollen klassisch gekauft werden, ausserdem variiert das Spiele-Angebot gerade auf PC und Mac immer wieder stark. Mit mindestens 25 MBit/s Bandbreite verlangt Nvidia für seinen Dienst einen flotteren Internet-Zugang wie Sony bei PlayStation Now – und selbst dann gibt's nur die kleine HD-Auflösung von 720p. Wer Full HD und 60 Bilder pro Sekunden haben will, muss über eine Internet-Leitung mit stattlichen 50 MBit/s verfügen, was gerade in ländlichen Gebieten oder Vororten längst keine Selbstverständlichkeit ist. Im aktuellen Beta-Test ist eine Spielesitzung zudem auf vier Stunden limitiert.


Shadow

So funktioniert's: Mehr Technik-Abo als echter Streaming-Dienst ist der Cloudgaming-Experte Shadow: Der Nutzer mietet einen im Rechenzentrum des Anbieters stehenden PC, der ungefähr zwölf GB Arbeitsspeicher, einen Xeon-Achtkern-Prozessor sowie eine Nvidia GTX 1080 mitbringt. Ausserdem sind 256 GB Speicherplatz im Angebot enthalten. Die Programme und Spiele werden dabei wie auf einem eigenen Rechner installiert – nur, dass sie in diesem Fall auf dem «Shadow»-Server landen. Nutzen lässt sich das Angebot über den PC, den Mac oder ein Mobile-Gerät.

Was kostet's? Die Preise sind happig. 480 Franken sind im Jahres-Abo fällig. Bei drei Monaten kostet es 47 Franken pro Monat, und ein monatlich kündbares Abo schlägt mit 64 Franken zu Buche.

Vorteile: Der gemietete PC ist flexibel verfügbar, darum lassen sich mit seiner Hilfe sogar auf dem Mac, Smartphone, Tablet oder auf der Shadow-Box (zum Anschliessen an einen grossen TV) leistungshungrige PC-Anwendungen und -Spiele betreiben. Das Abo ist zwar nicht gerade günstig, aber verglichen mit dem Kauf eines modernen Spiele-PCs dennoch erschwinglich. Shadow eignet sich vor allem für jene Gamer, die immer auf dem neusten Hardware-Stand sein möchten.

Nachteile: Der Anbieter beziffert die nötige Bandbreite zwar mit nur 15 MBit/s, aber diese Angabe bezieht sich vor allem auf professionelle Anwendungen. Wer mit seinem Cloud-PC spielen will, sollte mindestens das Doppelte vorweisen können, bei 4K-Auflösung kann die Leitung gar nicht schnell genugt sein. Wer es vor allem auf Games abgesehen hat, muss sich ausserdem damit arrangieren, dass er seine Spiele weiterhin ganz normal zum Vollpreis kaufen und auf dem Cloud-PC installieren muss.


Parsec

So funktioniert's: Wie Shadow bietet auch Parsec keine Games-Flatrate, sondern vermietet stattdessen die Nutzung seiner Hardware über das Netz. Anders als bei Shadow kann der Kunde jedoch selber entscheiden, welchen Rechner er genau mietet.

Was kostet's? Parsec berechnet den Preis nach Nutzungsdauer: Gezahlt wird nach Minuten für den eingeschalteten Computer. Hat der PC gerade keine Rechen-intensiven Operationen zu fahren («IDLE»-Modus), wird's günstiger. Ausserdem wird eine – ebenfalls nach Minuten-Modell abgerechnete – Gebühr für den genutzten Speicherplatz fällig. Weil auf diese Weise leicht zwei US-Dollar und mehr pro Stunde anfallen können, sollte man den PC bei Nicht-Nutzung runterfahren und regelmässig den Speicher bereinigen.

Vorteile: Hat man das Kostenmodell erstmal kapiert, geniesst man die volle Kostenkontrolle und zahlt nur für die tatsächliche Nutzung. Spiele wollen aber – genauso wie bei Shadow – klassisch eingekauft und installiert werden. Und so ein 50-Gigabyte-Download von Steam kann ja auch dauern ...

Nachteile: Für extreme Viel-Spieler ist Parsece ganz klar zu teuer: Wer 20 Stunden pro Woche in digitale Welten abtaucht, wird dafür leicht 40 oder 50 US-Dollar los – mehr als bei jedem anderen Anbieter. Das Angebot empfiehlt sich deshalb nur für Gelegenheits-Nutzer und Gamer mit wenig Zeit.


Vortex

So funktioniert's: Vortex ist eine Kombination aus Cloud-Computing à la Shadow und einem Streaming-Anbieter wie GeForce Now, denn einige Spiele sind bereits im Abonnement enthalten und müssen nicht erst installiert werden. Der Spiele-Stream lässt sich über ein Windows-Programm auf dem PC oder über eine Android-App auf Smartphone beziehungsweise Tablet nutzen.

Was kostet's? Mit nur zehn Dollar im Monat ist Vortex der bislang erschwinglichste Streaming-Anbieter.

Nachteile: Über die genaue Hardware-Power der zur Verfügung gestellten PC-Server schweigt sich der Anbieter aus. Allerdings sind sie offenkundig stark genug, um Blockbuster wie «Far Cry 5» oder «Rise of the Tomb Raider» zu stemmen. Weiterhin verrät die Firma zwar, dass man «fast unbegrenzt viele Stunden» spielen könnte, weist aber im Kleingedruckten gleichzeitig daraufhin, dass sie sich das Recht vorbehält, den Vertrag bei allzu exzessiver Nutzung zu kündigen – ohne dabei zu verraten, wo genau das Limit liegt. Transparenz geht anders.

Vorteile: Aktuell verfügt Vortex in seiner Bibliothek über eine ordentliche Mixtur aus halbwegs aktuellen Blockbuster- und Indie- sowie Multiplayer-Games, ausserdem kann für einige Titel eine bereits vorhandene Steam-Lizenz genutzt werden. Für den genannten Preis ein solides Angebot.


Und was bringt die Zukunft?

Der Plan von Microsoft: Schon länger wurde gemutmasst, dass der Windows-Konzern aus Redmond nach dem nur mässigen Erfolg seiner Xbox-One-Konsole für die nächste Gaming-Generation vor allem auf Streaming setzen würde. Dafür soll jeder Abonnent auf die Rechen-Performance einer Xbox-One-X-Konsole und auf eine stattliche Bibliothek aus Xbox-Games zugreifen dürfen.

Die Zukunftsaussichten: Die frühe Testphase für Microsofts Streaming-Dienst xCloud soll bereits 2019 starten. Auf ähnliche Erfahrungen kann der Hersteller bereits durch seinen «Game Pass» zurückgreifen. Hier dürfen Abonnenten für zwölf Franken im Monat auf über 100 Games zugreifen, die allerdings noch klassisch auf Konsole installiert werden. Bereits an dieser Stelle schwört man die User auf ein Konzept ein, bei dem man Spiele nicht mehr selber besitzt, sondern nur noch mietet. Über die dafür nötigen Server- und Netzwerk-Strukturen verfügt der Software-Riese allemal. Umso wahrscheinlicher, dass man für das jüngst angekündigte Project xCloud nichts dem Zufall überlässt. Einen möglichen Stolperstein gibt es allerdings – und das ist Microsoft selbst: Der Windows-Konzern ist es gewohnt, über Monopole zu regieren, bei der Vermarktung neuer Produkte dagegen stellt er sich oft ungeschickt an.

Der Plan von Google: Aktuell testet der Internetriese die Fitness seiner Technologie «Project Stream» am Beispiel von Ubisofts «Assassin's Creed: Odyssey». Wer sich in den USA für den Test registriert, kann den Blockbuster über den Chrome-Browser spielen.

Die Zukunftsaussichten: Unwahrscheinlich, dass sich hinter diesem Test keine längerfristigen Ambitionen verbergen: Über Chrome würde der Suchmaschine-Riese eine gigantische Verbreitung erreichen und mit der Hardware-Software-Lösung Chromecast könnte man die Spiele direkt auf den Fernseher streamen. Auch die Unterstützung von Wireless-Controllern wäre an dieser Stelle denkbar, denn künftige Chromecast-Versionen sollen Bluetooth beherrschen. Mögliches Problem: Google ist bekannt dafür, angefangene Projekte nicht zu beenden. Project Stream wäre nicht die erste Technik, mit der man sich über Jahre erfolglos verfranzt, um sie dann ruckzuck noch während der Beta-Phase wieder fallen zu lassen.

Der Plan von Electronic Arts, Ubisoft und Co.: Mit Origins von Electronic Arts und Ubisofts Uplay haben bereits zwei der grössten Anbieter für Spiele ihre eigenen Vertriebs- und DRM-Portale aufgebaut, um keine Gewinn-Margen an Plattform-Betreiber wie Steam abtreten zu müssen. Darüber hinaus verfügt EA mit Origin Access Premium schon über einen eigenen Abo-Service, unter dem ab rund 17 Franken Euro monatlich um die 140 Spiele zum Download bereitstehen. Kompetenzen hat man dabei ohne Frage aufgebaut, doch die Akzeptanz von Gamer-Seite hält sich bisher in Grenzen. Allerdings steckt EA gerade massiv Ressourcen – die Rede ist von 1'000 Mitarbeitern – in sein Project Atlas, das Game-Streaming-Plattform und Entwicklungsumgebung für andere Anbieter gleichzeitig sein soll. So will man das Problem umgehen, Usern nur das eigene Spiele-Portfolio anbieten zu können.

Die Zukunfsaussichten: Grosses Potenzial wird allgemein übergreifenden Lösungen wie GeForce Now, xCloud und PlayStation Now eingeräumt, die das Produkt-Portfolio aller anderen Firmen vereinen und obendrein attraktive Exklusiv-Games von Microsoft beziehungsweise Sony mit einschliessen.

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