Spielekritik Langeweile Zuhause? Dann ist dieses Meisterwerk ein Muss

Von Pascal Wengi

16.3.2020

Nicht nur die Eule Ku verzaubert einen im Spiel «Ori and the Will of the Wisps».
Nicht nur die Eule Ku verzaubert einen im Spiel «Ori and the Will of the Wisps».
Bild Xbox Games

Eins vorneweg: «Ori and the Will of the Wisps» ist der Wahnsinn. Selten hat mich ein Spiel derart gefesselt, sei es grafisch, gameplay-technisch oder mit seinen starken Emotionen. Und ja, es flossen sogar Tränen. Aber eins nach dem anderen.

«Ori and the Will of the Wisps» erzählt die Geschichte des kleinen Waldgeistes Ori, den man schon aus Teil eins kennt. Nachdem er die Finsternis aus dem Wald erfolgreich verbannt hat, lässt er sich mit seinen Freunden Gumo und Naru nieder und adoptiert die süsse Waisen-Eule Ku.

Die emotionale Bindung von Ori und der Eule Ku wird durch die herzzerreissende Aufmachung und den fantastischen Soundtrack derart gut in Szene gesetzt, dass man sofort hin und weg ist. Man spürt schon in den ersten Momenten des Spiels diese starken Gefühle, auf denen das gesamte Werk aufbaut: Liebe, Hoffnung und Verlust. Nachdem die Eule Ku eine Feder erhält, welche es ihr trotz gebrochener Flügel erlaubt zu fliegen, schwebt sie mit Ori für einen ersten Flug über die Wälder. Ein heftiges Gewitter lässt die beiden jedoch abstürzen und trennt die Freunde, welche sich nun wieder finden müssen.

Hervorragend inszeniert

Die Geschichte mag auf dem Papier nicht besonders spannend oder emotional klingen, funktioniert aber dank der fantastischen Inszenierung äusserst gut. Besonders hervorzuheben ist der unglaubliche Klang des Spiels. Der melancholische Orchester-Soundtrack unterstreicht die Geschichte und die Gefühle der Charaktere auf eine Weise, die es einzigartig machen.

Die liebevoll gestalteten Level mit ihren wunderschönen Hintergründen tragen ebenso dazu bei. Das Zusammenspiel zwischen Soundtrack und Kulisse versteht es, mit einfachsten Mitteln einzigartige Momente auf den Bildschirm zu zaubern.

So muss ein guter Mix aussehen

Doch auch spielerisch weiss «Ori and the Will of the Wisps» durchaus zu überzeugen. Selbst bei schwierigen Jump-and-Run-Einlagen durch enge, dornengesäumte Korridore spielt sich Ori wie aus einem Guss und ermöglicht ein flüssiges Durchqueren. Dabei hat Ori nicht bloss Doppelsprünge, Wandläufe oder Sprints im Fähigkeiten-Sortiment, sondern baut dieses im Verlauf des Spiels immer weiter aus.



Dabei lohnt es sich, mit den neu erlernten Fähigkeiten bereits besuchte Gebiete nochmal zu besuchen und so Zugriff zu vorher unerreichbaren Arealen zu erhalten. Neue Waffen- und Zauberfähigkeiten vom Schwert über Flammenkugeln bis hin zum schweren Hammer können plötzlich ganz nützlich sein. Immer drei dieser Fähigkeiten können ausgerüstet und eingesetzt werden und ermöglichen viele Kombinationen in den Kämpfen. Besonders die Bosskämpfe fordern dann vollen Einsatz und einiges an Geschick. Doch auch die gut verteilten Fluchtsequenzen vor übermächtigen Feinden oder eine Art Versteckspiel mit einem riesigen Raubvogel wissen durch ihre exzellente Umsetzung zu überzeugen und bringen das Blut ordentlich in Wallung.

«Ori and the Will of the Wisps» versteht sich sehr gut darin, die Balance zu halten zwischen Kämpfen, halsbrecherischen Sprungeinlagen, Rätseln und ruhigen Momenten. Keine Sequenz wirkt aufgesetzt oder lässt dieses «Nein, bitte nicht wieder so eine Passage»-Gefühl aufkommen. Nebenaufgaben, Herausforderungen und versteckte Schätze bieten zusätzlichen Ansporn, die Welt zu erkunden ohne bloss als Füller-Inhalt wahrgenommen zu werden. Wer die Welt gründlich erkunden möchte, sieht das Ende des Spiels nach etwa 15 bis 20 Stunden. Diese Zeit fühlt sich aber durch die Fülle an Emotionen und Eindrücken um einiges intensiver an.

Wer hat Angst vor dem bösen Wolf? «Ori and the Will of the Wisps» versteht es, die Bossgegner in Szene zu setzen.
Wer hat Angst vor dem bösen Wolf? «Ori and the Will of the Wisps» versteht es, die Bossgegner in Szene zu setzen.
Bild: Xbox Games

Wo war ich gerade?

Einziger Kritikpunkt während meines Durchspielens war vor allem die Orientierung. Das Spiel verpasst es, dem Spieler die Richtung zu weisen. Zwar gibt es eine Übersichtskarte aber in manchen Situationen ist nicht klar, wohin man nun als nächstes gehen sollte oder beisst sich an einer Passage die Zähne aus, welche mit den aktuellen Fähigkeiten nicht zu meistern ist. Dass man einen Weg erst später nehmen muss, ist nicht immer klar erkennbar und oftmals rennt man etwas planlos oder auf gut Glück in eine Richtung. Besonders ein Level blieb mir etwas fade in Erinnerung, da ich gefühlt eine Stunde lang den richtigen Weg nicht finden konnte und mich trotz Karte verirrt hatte. Auch wenn man gewisse Passagen unter Umständen wieder und wieder durchquert steht dies dem Spielspass aber nur in geringem Masse im Weg. Dazu ist das Spiel schlicht und einfach zu märchenhaft und zu bezaubernd.

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