Hinter den Kulissen Hinter den Kulissen: So arbeitet das eSports-Profiteam von Postfinance

Von Fabian Gilgen

25.9.2019

Die aktuelle Aufstellung von Postfinance Helix.
Die aktuelle Aufstellung von Postfinance Helix.
Bild: Postfinance Helix

Das erste professionelle eSports-Team der Schweiz, Postfinance Helix, blickt auf die ersten acht Monate zurück. Konnten die gesetzten Ziele erreicht werden? Wie könnte es 2020 weitergehen? Diese und weitere Fragen konnten wir bei einem Besuch beim «League of Legends»-Team klären.

Auf dem Weg zum Hauptquartier des eSports-Teams Postfinance Helix im Postparc in Bern geht man an einem McDonalds vorbei. Ein Bild des Fastfood verschlingenden Gamers ploppt auf. Immer noch. Auch wenn dieses Klischee sowas von überholt ist. Wie sehr, merkt man erst, wenn man ein paar Türen weiter in der Trainingslocation des Teams steht.



Der erwartete eSports-Glamour findet man im Hauptquartier von Postfinance Helix so wenig wie Pizzaschachteln oder McDonalds-Tüten. Sichtbeton und Gipskarton zieren die Wände. Im Allgemeinen ist alles sehr spartanisch eingerichtet, auch wenn hier und da eine Zimmerpflanze versucht, etwas freundliche Atmosphäre zu spenden. Also doch Kellerkinder? Mitnichten.

Wenn man das eine oder andere Wort mit den Teammitgliedern des Teams wechselt, trifft man auf fünf junge Männer, die gerne Rede und Antwort stehen und keineswegs verschlossen sind. So auch Helix’ neuster Zugang Joshua «Wild Joshy» Lim.

Die ersten Erfahrungen von Wild Joshy

Für den ehemaligen Grafikdesigner war der Einstieg ins Team nicht ganz einfach. Denn bereits in seinem ersten offiziellen Spiel gegen das deutlich stärkere Team Euronics aus Deutschland musste er eine Niederlage wegstecken. Damit verpasste Postfinance Helix auch die Endrunde des ESL Eurocups. Diese Pleite machte Wild Joshy zu schaffen, aber hier helfe der erfahrene Coach Nicholas «NicoThePico» Korsgård, am Ball zu bleiben und den Fokus wieder nach vorne zu richten.

Denn ein richtiger Coach und die restliche professionelle Infrastruktur sind das, was Postfinance Helix innerhalb der Schweiz so erfolgreich mache. Laut Wild Joshy sei dies der grosse Unterschied zu den anderen Teams. Während man bei Postfinance Helix alle fünf Arbeitstage dem Team und Weiterentwicklung widmen kann, sind es bei anderen Teams nur die Abende und Wochenenden, an denen man als Team meist in seiner Freizeit zusammen trainiert. Unter diesen Bedingungen sei es schwierig, immer eine professionelle Einstellung zu behalten und den Fokus zu bewahren, glaubt Wild Joshy.

Noch keine internationale Erfolge

In der Schweiz trug die professionelle Herangehensweise des Teams schnell erste Früchte. In der ersten Season der Swisscom Hero League holten die fünf «League of Legends»-Profis gleich den Titel, was zu einem Teil auch der Zusammenarbeit mit Fitnesstrainern und Ernährungsberater zu verdanken ist. International blieben die Erfolge hingegen noch aus.

Laut Wild Joshy seien hier, auch wenn ihm der Coach widersprechen würde, die individuellen Stärken das Problem. Er meint, dass die Spieler von Postfinance Helix vermehrt auch in eigenen Matches, losgelöst vom Team, trainieren sollten. Und tatsächlich widerspricht ihm der Coach vehement. Selbstbewusst behauptet er, dass sie eigentlich jedes europäische Team schlagen könnten, es fehle lediglich an Turnier-Erfahrung, die sie in der Schweiz nur sehr begrenzt sammeln können.

Dennoch ist NicoThePico stolz auf sein Team und schwärmt von Momenten, wo er sieht, wie die einzelnen Spieler über sich hinauswachsen und Fortschritte machen. Beim Training sei es aber nicht immer einfach, der Coach zu sein. Manchmal fehle es ein bisschen an der offenen Kommunikation zwischen den Teammitgliedern. Diese wäre einfacher, wenn das Team zusammen wohnen würde, sowie es bei den meisten anderen professionellen Teams der Fall sei.



Postfinance Helix im nächsten Jahr

Das Ziel, zur Spitze der europäischen «League of Legends»-Szene zu gehören, wurde also noch nicht erreicht. Das sei aber nicht das einzige Ziel des Projekts. Ladina von Allmen, die Projektleiterin, fügt hinzu: «Ein Ziel, das wir uns gesetzt haben, ist zu zeigen, was es alles braucht, um ein Profi-eSportler zu werden. Die bisherigen acht Monate des Projekts sind hierfür aber sehr kurz. Unsere Hoffnung ist aber, dass ein bis zwei Spieler nach dem zwölfmonatigen Vertrag bei Postfinance Helix im Januar 2020 von einem anderen professionellen Team aufgenommen werden.»

Dies wirft natürlich die Frage auf, was denn mit dem eSports-Projekt nach dem Jahr 2019 passiert. Grundsätzlich sieht Von Allmen die tragende Rolle des Projekts in der Schweizer eSports-Szene. Ob und wie das Engagement von Postfinance weitergeht, kann Von Allmen momentan aber noch nicht kommunizieren.

Unsere persönlichen Highlights der Gamescom 2019

Zurück zur Startseite