Alternative Suchmaschine Kann es Qwant mit Google aufnehmen?

dj

1.3.2019

Alternative Suchmaschinen wie Qwant werden von kaum einem Nutzer angesteuert. Gibt es eine Chance, dass sich das ändert?
Alternative Suchmaschinen wie Qwant werden von kaum einem Nutzer angesteuert. Gibt es eine Chance, dass sich das ändert?
Qwant

Endet die Geschichte der Suchmaschinen mit Google oder kann sich vielleicht doch noch eine Alternative etablieren? Das französische Qwant will es zumindest probieren.

Kann eine europäische Suchmaschine gegen den übermächtigen Giganten Google bestehen? Wolf Hisserich, der frisch ernannte Deutschland-Chef von Qwant sowie für die internationale Expansion des Unternehmens mitverantwortlich, glaubt, dass das möglich ist.

Qwant ist schon seit 2013 online und sei «eine der wenigen Alternativen zu dem Quasi-Monopolisten» so Hisserich im Gespräch mit «Bluewin» in Bezug auf Google. Das in Frankreich beheimatete Qwant will vor allem bei privatsphärenbewussten Nutzern punkten und verfolgt sie deshalb bei Suchanfragen nicht. Das ist ein Marktsegment, in dem beispielsweise auch die amerikanische Suchmaschine DuckDuckGo oder die Schweizer Swisscows operieren.

Nutzer bleiben Google treu

Doch normale Nutzer zeigen bisher wenig Appetit, Google zu verlassen. 2018 hatte der Tech-Gigant in der Schweiz einen Marktanteil von 94,42 Prozent, wahrlich ein Quasi-Monopol. Dabei erscheinen die Rahmenbedingungen besser als je zuvor. Die zahlreichen Daten-Skandale, in die die amerikanischen Tech-Grössen in jüngster Zeit verwickelt waren, dürften auch eher nicht so technikversierten Nutzern kaum entgangen sein.

Warum also wird Google nicht in Scharen verlassen, obwohl es durchaus Alternativen gibt? Ein Grund ist sicherlich fehlendes Bewusstsein, dass es überhaupt andere Suchmaschinen gibt. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff «googeln» schliesslich schon synonym mit der Internetsuche verwendet.

Dann hat Google natürlich einen enormen Startvorteil, als die Standardsuchmaschine in quasi jedem Browser. Und die Kontrolle über Android, das populärste mobile Betriebssystem in Europa und weltweit, hilft Google freilich ebenso. Daher will Hisserich auch erstmal die Bekanntheit von Qwant steigern, mit einer gross angelegten Werbekampagne.

Wolf Hisserich, Deutschland-CEO von Qwant sowie Mitglied des zentralen Strategieausschusses des Unternehmens.
Wolf Hisserich, Deutschland-CEO von Qwant sowie Mitglied des zentralen Strategieausschusses des Unternehmens.
Qwant

Hilfe aus Brüssel?

Daneben ist Qwant auch etwas staatlicher Unterstützung nicht abgeneigt. Hisserich verweist dabei beispielhaft auf eine EU-Quote, mit der Videostreaming-Dienste wie Netflix dazu verpflichtet werden, auch eine bestimmte Anzahl an lokalen und nicht nur amerikanischen Inhalte auf ihren Plattformen bereitzustellen.

Solche Arten von Regularien, die europäischen Unternehmen Raum zu Wachstum geben würden, würde Hisserich begrüssen. Aber natürlich könne man Nutzer nicht per Verordnung zur Verwendung einer bestimmten Suchmaschine zwingen, «Der User muss von der Lösung überzeugt sein», so Hisserich. Die Finanzierung von Qwant solle weitgehend privatwirtschaftlich ablaufen.

«So schweizerisch wie möglich»

Bei den Nutzern will Qwant auch mit einem eigenen Webcrawler punkten, der den Suchindex erstellt. Viele andere alternative Suchmaschinen greifen hier auf Ergebnisse von Google oder Bing zurück und anonymisieren die Anfragen bloss. Bei Qwant stammt einzig die Werbung von Microsoft, basiert allerdings ausschliesslich auf dem gerade verwendeten Suchbegriff und nicht persönlichen Daten der Besucher. Daneben gibt es noch spezielle Qwant-Suchmaschinen für Kinder sowie für Musik. In der Schweiz in Qwant seit 2017 mit einem eigenen, dreisprachigen Portal vertreten.

Der Dienst hat derzeit neben der Heimat Frankreich auch in Italien und Deutschland eigene Mitarbeiter. Hisserich Ziel ist, als nächstes Land in der Schweiz präsent zu sein. «Wir wollen Qwant Schweiz so schweizerisch wie möglich machen», sagt Hisserich. Mit Mitarbeitern und Infrastruktur in drei Ländern, deren Nationalsprachen sich mit den drei grossen Schweizer Landessprachen decken, glaubt er aber, bereits jetzt gut für den Schweizer Markt aufgestellt zu sein.  

IoT und autonome Autos

Als weitere, potenzielle Standbeine für Qwant setzt auf Hisserich zum einem auf B2B, also Geschäftsbeziehungen mit anderen Unternehmen, die etwa die Qwant-Suche intern einsetzen wollen. Dann sieht er grosses Potenzial beim aufstrebenden Internet der Dinge. Hier gäbe es noch keine richtige Suchmaschine — eine Lücke, die Qwant füllen könnte.

Schliesslich will Qwant auch in Autos vertreten sein, vor allem im Zuge der fortschreitenden Autonomisierung. Denn wenn die Fahrzeuge irgendwann völlig selbstständig über die Autobahn düsen, können sich die Insassen natürlich auf andere Dinge konzentrieren — etwa gemietete Filme schauen oder online einkaufen. Hier müssten sich die Autohersteller Gedanken machen, wie sie damit umgehen wollen, meint Hisserich.

Einige hätten bereits grosse Tech-Giganten wie eben Google in ihr Armaturenbrett gelassen und diesen damit quasi die Kontrolle über die Daten der Autofahrer und die weitere Monetarisierung überlassen. Hier sieht Hisserich sein Unternehmen als möglichen alternativen Partner für die Autohersteller an. Qwant arbeite daher bereits an eigener Spracherkennung und einem Sprachassistenten, um den Herstellern eine passende Lösung anbieten zu können.

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