Saudische Spione unter Twitter-Mitarbeitern sollen zum Verschwinden mehrerer Dissidenten beigetragen haben.
Bis 2015 bei Twitter aktive Spione sollen ihren Zugriff auf interne Twitter-Nutzerdaten ausgenutzt haben, um Informationen zu den Betreibern von anonymen, regierungskritischen Twitter-Accounts an die saudische Regierung weiterzugeben. In dessen Folge wurden vermutlich mindestens sechs Dissidenten verhaftet, wie «Bloomberg» berichtet.
Ali Alzabarah und Ahmad Abouammo arbeiteten bis November 2015 bei Twitter und hatten Zugriff etwa auf die IP-Adressen oder Telefonnummern, die mit einzelnen Twitter-Accounts verbunden waren. Laut einer Klageschrift des US-Justizministeriums waren die beiden parallel Agenten des saudischen Geheimdienstes. Alleine Alzabarah soll an einem einzigen Tag über 5'000 Twitter-Nutzer ausspioniert haben.
Dissident verschwand zwei Jahre lang
Nachdem Twitter die Machenschaften der beiden Agenten aufdeckte, flüchtete Alzabarah nach Saudi-Arabien. Er arbeitet inzwischen in führender Position bei einer «gemeinnützigen» Organisation des saudischen Kronprinzen und de facto Herrschers Mohammed Bin Salman, der bekanntermassen brutale Repressionskampagnen gegen jede Art von Dissens führt. Abouammo, der US-Staatsbürger ist, sitzt in den USA in Untersuchungshaft.
Laut «Bloomberg» wurden aufgrund der Twitter-Informationen mindestens sechs in Saudi-Arabien lebende Betreiber der anonymen Accounts festgenommen. Etwa Abdulrahman al-Sadhan, der im März 2018 in seinem Büro beim Roten Halbmond in Riad von der Geheimpolizei mitgenommen wurde. Wie seine in den USA lebende Schwester «Bloomberg» mitteilte, hörte die Familie fast zwei Jahre lang nichts von al-Sadhan und befürchtete, er sei getötet worden. Erst im Februar dieses Jahres gestatteten die Behörden ihm einen kurzen Telefonanruf mit einem Verwandten.
Twitter mit mehrfachen Sicherheitsproblemen
Mehrere im Exil lebende saudische Dissidenten, die ebenfalls mutmasslich ausspioniert wurden, haben Klage gegen Twitter eingereicht, weil das Unternehmen sie nicht rechtzeitig über den staatlichen Datenklau informiert haben soll. Twitter bestreitet das.
Mangelhafte Sicherheit bei Twitter, vor allem bei den intern verwendeten Verwaltungstools, brachte die Firma allerdings wiederholt in Schwierigkeiten. Auch bei der spektakulären Übernahme zahlreicher prominenter Twitter-Accounts Mitte Juli wurden Mitarbeiterzugänge verwendet. In diesem Fall wurde inzwischen ein 19-jähriger Amerikaner als mutmasslicher Drahtzieher des Angriffs festgenommen.