Gadgets vom «Satan» USA So sehr liebt die russische Elite Apple-Produkte

Von Dirk Jacquemien

15.11.2022

Dmitri Medwedew ist der grösste Apple-Fanboy im Kreml: Hier bei einem Treffen mit dem verstorbenen Apple-Gründer Steve Jobs.
Dmitri Medwedew ist der grösste Apple-Fanboy im Kreml: Hier bei einem Treffen mit dem verstorbenen Apple-Gründer Steve Jobs.
Keystone

In der Öffentlichkeit wettert die russische Führung gegen den bösen Westen und seine verdorbene Kultur. Verzichten auf iPhone und Apple Watch will sie aber trotzdem nicht.

Von Dirk Jacquemien

15.11.2022

Die USA würden sich immer mehr dem «Satanismus» zuwenden, proklamierte der russische Machthaber Wladimir Putin jüngst nach der illegalen Annexion weiter Teile der Ukraine. Der Westen fürchte die «russische Kultur», so Putin weiter.

Doch auf manche kulturellen Errungenschaften der Westens kann die russische Führung trotz aller Rhetorik offenbar nicht verzichten. Bei Putin selbst sind es italienische Luxusmäntel für 10'000 Franken, bei seinen Lakaien dagegen Produkte des US-Tech-Giganten Apple.

Das wurde erst gestern wieder mal deutlich, als Aussenminister Sergej Lawrow, um Berichte um eine vermeintliche Behandlung in einem Spital zu widerlegen, ein Video von sich veröffentlichte, das ihn nach eigenen Angaben im Hotel auf Bali zeigt. Interessant ist dabei vor allem, was in der Umgebung zu sehen war.

Munter und in kurzer Hose – Russlands Aussenminister auf Bali

Munter und in kurzer Hose – Russlands Aussenminister auf Bali

Russlands Aussenminister Sergej Lawrow hat sich nach Berichten über einen Krankenhaus-Aufenthalt auf der Ferieninsel Bali wohlauf gezeigt – und in kurzer Hose. Der 72-Jährige liess am Montag ein Video veröffentlichen, das ihn auf einem Balkon zeigt.

15.11.2022

Propaganda-Eigentor auf Bali

Auf dem Tisch vor Lawrow liegt ein iPhone, an seinem Handgelenk befand sich eine verdächtig nach einer Apple Watch aussehende Smartwatch. Dass er dabei auch noch ein T-Shirt des queeren Neoexpressionisten Jean-Michel Basquiat trug, komplettierte das Bild seiner völligen Hingabe zur amerikanischen Kultur.

Das russische Aussenministerium versuchte sich danach in Schadensbegrenzung. Lawrows Smartwatch sei eigentlich vom chinesischen Hersteller Huawei, hiess es etwa. Das iPhone wurde nicht erwähnt. Hier liesse sich auch kaum etwas verleugnen, das Apple-Logo auf der Rückseite war klar erkennbar.

Mit seiner Vorliebe für Produkte aus den «satanischen» USA ist Lawrow keineswegs allein unter den russischen Eliten. Der grösste Apple-Fanboy in der Putin-Clique ist sicherlich Dmitri Medwedew.

iPhone von Steve Jobs persönlich  geschenkt

Bevor er, inzwischen zum stellvertretenden Vorsitzenden des Sicherheitsrats degradiert, auf Telegram genozidale Wahnvorstellungen verbreitete, war Medwedew von 2008 bis 2012 Präsident von Putins Gnaden, als letzterer noch den Anschein erwecken wollte, er halte sich an die Amtszeitbegrenzung der russischen Verfassung.

Während Medwedews Präsidentschaft gab es sogar kurzzeitig Hoffnungen auf eine Verbesserung der Beziehungen zum Westen. 2010 reiste Medwedew in die USA, verspeiste mit US-Präsident Barack Obama einen Hamburger und besuchte das Silicon Valley. Dort traf er auf Apple-Gründer Steve Jobs, der dem sichtlich begeisterten Medwedew das damals brandneue iPhone 4 übergab.

In seinem Herzen liebt Dmitri Medwedew die amerikanische Kultur.
In seinem Herzen liebt Dmitri Medwedew die amerikanische Kultur.
Keystone

Auch danach blieb Medwedew Apple treu. 2015, als die Beziehungen zum Westen nach der Annexion der Krim schon wieder in die Eiszeit zurückgekehrt waren, zeigte sich Medwedew bei einem Treffen mit Putin mit Apple Watch am Handgelenk.

Keine Angst vor Spionage

Erstaunlich ist nur, dass die russische Führung offenbar keine Sicherheitsbedenken hat, mit Mikrofon, Kamera und GPS-Empfänger ausgestattete Gadgets eines amerikanischen Hersteller nahe bei sich zu tragen.

Es gibt zwar keinerlei Anzeichen dafür, dass Apple für die US-Geheimdienste eine Hintertür in seine Produkte eingebaut hat. Aber wenn es dies getan hätte, gäbe es aufgrund der geschlossenen Betriebssysteme für Russland wohl keine Möglichkeit, dies zu erkennen.

Eigene Tech-Branche ist rückständig

Doch Alternativen aus der heimischen Wirtschaft gibt es natürlich nicht. Die russische Tech-Industrie hinkt rund zehn Jahre hinter westlichen oder auch chinesischen Standards zurück. Jüngst stellte man stolz ein Laptop aus eigener Produktion mit Chip-Technik von 2014 vor. 

Also setzt die russische Oberschicht weiterhin vor allem auf Apple-Produkte. Das Unternehmen hat sich zwar offiziell aus dem Land zurückgezogen und verkauft seine Produkte nicht mehr in Russland, durch Parallelimporte aus dem angrenzenden Ausland sind die neusten iPhones und Apple Watches für die richtige Anzahl Rubel jedoch weiterhin erhältlich.