Steinwurf zur GrenzeSüdkoreanisches Dorf wird dank 5G zum Smart Village
dpa/dj
14.10.2019
Von aussen macht das südkoreanische Dorf Daeseong-dong einen friedlichen Eindruck. Doch seine Nähe zu Nordkorea bedeutet für die Einwohner grosse Einschränkungen. Eine technische Entwicklung verändert ihr Leben.
Daeseong-dong hat viele Namen. Neben der eher propagandistischen Bezeichnung «Freiheitsdorf» nennen es die Südkoreaner auch «Insel im Land» oder «Dorf ohne irgendwas». Ein Name kommt jetzt hinzu: das weltweit erste «5G-Dorf».
Die Anbindung an das superschnelle Mobilfunknetz seit Juni dieses Jahres dank der auch werbewirksamen Unterstützung des Mobilfunkanbieters KT macht den isoliert liegenden Ort an der Grenze zu Nordkorea zu einem Smart Village, einem intelligenten Dorf mit High-Tech.
Einzige Siedlung in der DMZ
Knapp 200 Menschen leben dort. Ihr nach aussen hin friedlich wirkendes Dorf, das etwa 50 Kilometer nördlich von Seoul liegt, ist seit dem Ende der Korea-Kriegs (1950-53) einer der am strengsten bewachten Orte im Süden der koreanischen Halbinsel.
Daeseong-dong ist die einzige zivile Siedlung von Südkoreanern in der vier Kilometer breiten und 250 Kilometer langen demilitarisierten Zone (DMZ), die beide ideologisch verfeindeten Staaten von militärischen Feindseligkeiten abhalten soll. Die nordkoreanische Seite der DMZ ist nur einen Steinwurf weit entfernt.
Die derzeit 46 Haushalte sind überwiegend auf die Versorgung von aussen angewiesen. Es gibt keinen Supermarkt und keine Arztpraxis. Die Unterhaltungsmöglichkeiten für die meist älteren Bewohner halten sich in Grenzen. Jeder Besuch von aussen wird streng kontrolliert.
Abgelegene Gegenden bekommen schnelles Netz
Doch die Dorfbewohner können bereits das beste Netz nutzen, das es derzeit gibt. Das Mobilfunknetz der fünften Generation ermöglicht vielfach schnelleren Datentransfer mit fast sofortiger Verbindung zwischen mehreren Geräten. «Wir hoffen, dass KTs 5G-Dorf das Leben und die Sicherheit der Bewohner stark verbessert», versprach KT-Chef Hwang Chang Gyu. Von den Bewohnern und Dorfchef Kim Dong Gu hört man vor allem eins: 5G macht das Leben bequemer und einfacher.
Die Anbindung von Daeseong-dong ist Teil des Projekts «Giga Story», das KT vor fünf Jahren ins Leben rief, um abgelegenen Gegenden den Zugang zu schnelleren Netzen zu verschaffen. Im April dieses Jahres aktivierten dann KT und die einheimischen Rivalen SK Telecom und LG Uplus ihre 5G-Dienste – weltweit war es der erste Start für den 5G-Massenmarkt.
Bewässern per Smartphone-App
Die Dorfbewohner, von denen der grösste Teil von der Landwirtschaft lebt, geniessen zwar Steuerfreiheit sowie ein relativ hohes Einkommen, und die Männer sind vom Militärdienst befreit. Doch für sie alle gilt nach wie vor eine nächtliche Ausgangssperre. Sie müssen sich mindestens acht Monate im Jahr im Dorf aufhalten, sonst droht das Wohnrecht zu verfallen.
Der Aufbau von Smart-Farmen erlaubt den Betreibern jetzt, ihre Felder aus der Ferne zu überwachen und zu bewässern. Jetzt reiche meist ein Knopfdruck, sagt der Landwirt Kim Yong Seob, als er demonstriert, wie durch ein Smartphone-App die Bewässerungsanlage auf einem Feld anspringt. «Ich kann die Äcker selbst von Seoul aus kontrollieren, es ist alles viel bequemer als vorher.»
Neben Reis, Sojabohnen, Paprika und anderen Pflanzen lassen sich jetzt laut Kim sogar Erdbeeren, die vorher nie in Daeseong-dong wuchsen, züchten. Auch die Tore der zwei Kilometer entfernten Wasserpumpstation öffnen und schliessen sich jetzt per Befehl vom Verwaltungsgebäude des Dorfes aus, vorher waren beim Gang zur Pumpe stets Soldaten dabei. Jedes Haus verfügt über einen Alarmknopf. Wird der im Notfall gedrückt, zeigt das Kim Dong Gu auf dem Monitor an, wo der Alarm ausgelöst wurde.
Selbst der Schulsport und der Unterricht in der einzigen Schule in Daeseong-dong kann dank 5G in einer neuen Dimension erlebt werden. Die nur 30 Schüler der Primarschule, die hier bis zur 5. Klasse reicht, lernen nicht nur früh, zwischen virtueller Realität (VR) und erweiterter Realität (AR) zu unterscheiden und was Mixed Reality (MR) und künstliche Intelligenz (KI) bedeuten, sie lernen auch den Umgang mit Smart-Geräten. Zum Unterrichtsstoff der «Giga School» gehört das Schreiben von Softwareprogrammen für KI-Inhalte. Die elfjährige Lee Da Eun aus der 5. Klasse führt ihr Programm vor, das eine virtuelle Tour durch das Dorf per VR-Brille ermöglicht. «Du kannst alles mit den Augen erleben, und du kannst kreieren, was du willst.»
Der Kontrast zwischen dem 5G-Dorf und der gegenüber liegenden Siedlung in Nordkorea könnte grösser nicht sein. In Kijong-dong leben dauerhaft keine Zivilisten, sagen Militärs, es ist nur Kulisse. Zwischen beiden Dörfern befindet sich die von Stacheldrahtzäunen umgebene militärische Demarkationslinie.
Vom Dach der Town Hall in Daeseong-dong lassen sich über ein AR-Touchscreen Details in Kijong-dong besser erkennen. Unübersehbar für das normale Auge ist der mit 160 Meter absurd hohe Fahnenmast mit der nordkoreanischen Flagge in Kijong-dong. In Südkorea schaffte es der Mast nur auf knapp 100 Meter. Ein kurzer Druck auf den AR-Monitor und der Betrachter kann den Verlauf des «Flaggenkriegs» auf dem Monitor nachverfolgen.
Urlaub in Nordkorea? Ob das Irrsinn ist oder ein spannendes Abenteuer, muss jeder für sich selbst entscheiden. Zu sehen gibt es allerdings einiges in dem abgeschotteten Land.
Bild: Getty Images / Xiaolu Chu
Im gigantischen Kumsusan-Palast der Sonne liegen Kim Il-sung und sein Sohn Kim Jong-il aufgebahrt.
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Monumental: Der Kim-Il-sung-Platz mit dem Porträt des Staatsgründers und dem Bildnis seines Sohnes.
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Ausländische Besucher statten einem Denkmal in Pjöngjang einen Besuch ab.
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Das Museum für den Befreiungskrieg in Pjöngjang bietet eine ganz eigene Sichtweise auf die Geschichte des Koreakrieges.
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Pflichtprogramm für jeden Besucher ist der Juche-Turm in Herzen der Hauptstadt. Er erinnert an die von Kim Il-sung erdachte und von seinem Sohn weiterentwickelte Ideologie Juche.
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Das Mansudae-Monument: Kim Il-sung (links) und sein Sohn Kim Jong-il blicken auf ihr Volk herab.
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Wie im Kalten Krieg: In der demilitarisierten Zone stehen sich Soldaten aus Nord und Süd gegenüber.
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Sozialistischer Chic: die Hauptstadt Pjöngjang.
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Das riesige Ryugyong Hotel dominiert die Skyline von Pjöngjang.
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Kim Il-sung, Gründer des nordkoreanischen Staates, lächelt dem Besucher überall im Land gütig entgegen.
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Sie sind omnipräsent im ganzen Land: Soldatinnen und Soldaten prägen das Stadtbild von Pjöngjang und anderen Orten.
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Viele alte Busse prägen das Stadtbild von Pjöngjang.
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Überall Propaganda: Bannern wie diesem hier entkommt man in Nordkorea nicht.
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Auch in Nordkorea wollen Kinder vor allem eines: möglichst viel Spass!
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Auch wenn die Hauptstadt Pjöngjang heute mit Glitzerfassaden ein anderes Bild vermittelt: Auch dem Land herrscht noch bittere Armut.
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Ein kleiner Ort in der Nähe von Pjöngjang: Aufs Land kommt man als Nordkorea-Tourist nicht so leicht wie in die grossen Städte.
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Nach Nordkorea bitte hier entlang: Die Freundschaftsbrücke verbindet China und sein Nachbarland.
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Günstiger als Fliegen: Viele Touristen erreichen Pjöngjang mit dem Zug aus China.
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Ein Mann liest die neuesten Nachrichten an einem Zeitungsständer in der U-Bahn von Pjöngjang.
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Die U-Bahn-Stationen in der Hauptstadt sind mit revolutionären Motiven verziert.
Bild: Feng Li/Getty Images
Viele der U-Bahn-Züge in Pjöngjang fuhren einst durch Ost-Berlin.
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