GesundheitswesenÄrzte werden übers Internet geschult, wie sie Kosten senken können
Rahel Hefti
25.6.2018
Es wäre ganz simpel, die administrativen Kosten im Schweizer Gesundheitswesen um bis zu 90% zu senken. Das Zauberwort lautet «Digitalisierung». Um Ärzten die Vorteile der Digitalisierung nahe zu bringen, setzt Swisscom Health auf Webinare.
Bis vor drei Jahren gehörten Fax und Papierberge noch genauso zum Ärzte-Klischee wie das Stethoskop und der weisse Kittel. Die Wissenschaft erfordert von Leistungserbringern eine Arbeit nach dem neuesten Stand der Forschung. Die Modernisierung der Administration hingegen wird immer noch unter «Kann nicht, muss nicht, will nicht» verbucht. Dabei sind das elektronische Patientendossier und Co. erst der Anfang. Das Schweizer Gesundheitswesen kostet jährlich 71 Milliarden Franken. Studien zeigen, dass durch die komplette Digitalisierung der administrativen Prozesse 90% aller Prozesskosten eingespart werden könnten.
Die Vorteile eines digitalisierten Gesundheitswesens sind also nicht von der Hand zu weisen. Trotzdem tun sich viele Ärzte schwer mit diesem Schritt, denn die Implementierung neuer Prozesse erfordert Aufwand, Umgewöhnung und Investitionen. Das überlagert zuweilen die Vernunft, zumal Ärzte gesetzlich nicht dazu verpflichtet sind, ihren Patientinnen und Patienten ein elektronisches Patientendossier anzubieten. Warum einen neuen Kommunikationsprozess aufbauen, wenn das Achtzigerjahre-Faxgerät immer noch funktioniert?
Raphael Frangi wurde vor drei Jahren als Head of Marketing bei Swisscom Health auf ebendiese Zielgruppe losgelassen. Sein Auftrag: Ambulante Leistungserbringer für die Digitalisierung und digitale Produkte begeistern. Er wählte dafür einen überraschenden Weg: Webinare. Im Interview erzählt er von seinen Erfahrungen.
Raphael Frangi, was sind Webinare?
Webinare sind digitale Lernveranstaltungen zur Wissensvermittlung und bieten idealerweise einen echten Mehrwert für ihre Zielgruppe. Natürlich gibt es auch reine Werbeveranstaltungen, die ich aber nur bedingt für erfolgreich halte. Auch bei vom Marketing initiierten Webinaren sollte meiner Meinung nach das Wissen im Vordergrund stehen und nicht das Produkt. Am Ende des Tages möchten wir natürlich alle ein Produkt verkaufen. Aber nur wenn der Kunde weiss, wofür er es braucht – in unserem Fall die Digitalisierung –, kann er sich auch dafür begeistern. Und wenn nicht, hat er im Webinar wenigstens etwas für die Zukunft gelernt.
Als sie vor 3 Jahren in das Gesundheitswesen einstiegen, war das Faxgerät noch das Nonplusultra und Weiterbildungsveranstaltungen wurden als Konferenzen in Hotels durchgeführt. Wie kommt man hier auf die Idee, Fachwissen in Online-Seminaren zu vermitteln?
Dazu führten zwei Gründe. Swisscom Health gibt es seit vier Jahren und wir haben schon früh Weiterbildungsmöglichkeiten für Leistungserbringer im klassischen Seminarbereich angeboten. Allerdings verzeichneten wir rückläufige Teilnehmerzahlen. Die Bilanz zwischen Aufwand und Ertrag stimmte irgendwann nicht mehr. Unser Weiterbildungsangebot aufgeben, stand aber ausser Diskussion.
Der zweite Grund, warum wir auf Webinare umgesattelt sind, ist meine persönliche Begeisterung für neue Marketingwege. Webinare sind kein klassischer Ansatz, um die Zielgruppe der ambulanten Leistungserbringer zu erreichen. Es gibt bis heute keine «best practice», auf die man bauen kann. Aber das macht unser Job im Marketing doch irgendwie aus: Wir müssen bereit sein, Wege zu erschliessen, an die andere nicht denken. Tun, was alle tun, ist einfach. Die Magie liegt darin, alte Muster aufzubrechen.
Kam die Idee bei Ihrer Zielgruppe sofort an oder brauchte es eine Angewöhnungsphase?
Wir hatten tatsächlich Anlaufschwierigkeiten, allerdings lag das an unserem Ursprungskonzept. Wir setzten auf Produkt-Webinare, also reine Werbeveranstaltungen. Damit verfehlten wir das Bedürfnis unserer Zielgruppe klar. Der Erfolg kam erst, als wir auf Wissenswebinare umstellten. Mit unserem ersten Thema trafen wir dann auch gleich den Nerv der Zeit und hatten über 150 Anmeldungen. Es war einfach der perfekte Match zwischen Angebot und Nachfrage.
Fairerweise muss man aber sagen, dass Webinare im Vergleich zu klassischen Marketinginstrumenten mehr Aufbauzeit brauchen. Es ist eher der Marathon als der Sprint. Aber das ist allen neuen Methoden so.
Wie haben Ihre Chefs reagiert? Mussten Sie sie von der Idee überzeugen oder waren sie sofort Feuer und Flamme?
Ich hatte das Glück, dass meine damaligen Vorgesetzten eine gewisse Offenheit hatten und mich «ausprobieren» liessen. Das war eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg. Natürlich war auch Skepsis da, aber das finanzielle Risiko war gering, wodurch sich die Einsatzbereitschaft entsprechend erhöhte. Mir wurde das «Go» im Sinne eines «Dann probieren wir es eben mal aus» gegeben.
Zur Simulation von Atombomben und zur Suche nach Ausserirdischen: Dafür werden Supercomputer gebraucht.
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Der schnellste Computer Europas steht in Lugano.
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Piz Daint heisst das Schweizer Rechenmonster.
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Die Wettervorhersage jeden Abend im Fernsehen ist höchstwahrscheinlich Produkt eines Supercomputers. Mit Millionen von Messdaten kann dieser unzählige Wetterszenarien durchrechnen und das wahrscheinliche Wetter der nächsten Tage vorhersagen.
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Auch in der Medizin sind Supercomputer immer gefragter. Sie helfen etwa die DNA eines Menschen zu katalogisieren und auf Erbfehler zu durchsuchen.
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Besonders bei der Simulation und Analyse von komplexen Physik-Prozessen sind Supercomputer heute unersetzlich. Die unfassbare Menge an Daten, die etwa der Teilchenbeschleuniger im CERN erzeugt, kann kein Mensch auswerten.
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Bevor heute von einem neuen Produkt ein Prototyp zum Anfassen gebaut wird, wird dieses meist ausführlich am Computer simuliert. Flugzeug- oder Autohersteller beispielsweise nutzten Computersimulationen um etwa die Aerodynamik eines neuen Vehikels zu testen.
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Supercomputer können eine nukleare Explosion in allen ihren Details simulieren und Militärs können so Änderungen oder Verbesserungen ihrer Waffen gefahrlos, geheim und ohne Verletzung internationaler Abkommen testen.
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Das SETI-Projekt sucht nach Signalen einer ausserirdischen Zivilisation. Solange diese nicht gerade im Stil von «Independence Day» Weisses Haus und Eiffelturm in die Luft jagt, sind Zeichen von Aliens wohl eher versteckt. Teleskope auf der ganze Welt nehmen dazu Radiosignale aus dem All auf und Supercomputer durchsuchen dann die Aufnahmen und können kosmisches Rauschen von Zeichen ausserirdischer Kommunikation unterscheiden.
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In unsere ganz Welt vielleicht eine Simulation? Sind wir selbst und damit dieser Artikel die Kreation eines Supercomputers? Diese «Simulationshypothese» genannte Theorie wird in der Wissenschaft und unter führenden Köpfen in der Tech-Welt durchaus ernsthaft diskutiert.
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Hatten Sie keine Angst, mit Ihrer Idee zu scheitern?
Es ist sicherlich eine Typ-Frage, wie gerne man Neues ausprobiert und Risiken eingeht. Ich behaupte, der Erfolgsfaktor von guten Marketingfachleuten ist Neugierde und ein gesundes Mass an Respekt – ich spreche bewusst nicht von Angst – im Umgang mit ungewissen Situationen. Mit einem gesunden Selbstvertrauen geht man angstfreier Risiken ein und gewinnt Niederlagen auch mal etwas Positives ab. Aus Fehlern lernt man bekanntlich am meisten. Das beweisen auch unsere Anlaufschwierigkeiten.
Welche Erfolge konnten Sie mit Ihren Webinaren seither feiern?
Wir konnten nebst der Wissensvermittlung eine Vielzahl von neuen Leads generieren, die oft zu Kunden wurden. Die Nachfrage nach unseren Webinaren ist grossgeblieben. Darüber hinaus konnten wir mit dem Instrument «Webinar» eine Vorreiterrolle im eher konservativen Markt der Praxissoftwarehersteller im Spezifischen und im Schweizer Gesundheitswesen im Allgemeinen einnehmen.
Als Sie Webinare im Gesundheitswesen einführten, gab es in der Schweiz keine vergleichbaren Angebote. Mittlerweile wird die Idee von allen Seiten kopiert – auch von solchen, die sich früher am lautesten gegen digitale Medien gestellt haben. Ärgert Sie das oder macht Sie das stolz?
Es macht mich stolz, dass das Thema «Webinar» offenbar funktioniert. Webinare haben sich als ein Instrument herausgestellt, das unabhängig von der Grösse eines Unternehmens funktioniert. Es geht nicht um Budgetkraft, sondern steht und fällt mit den Themen und Inhalten. Das Marketing bewegt sich generell immer stärker von der klassischen Produktbewerbung hin zum Erzählen von Geschichten. Ein Kunde interessiert sich nur für ein Produkt, wenn er einen Mehrwert sieht. Webinare sind für so etwas der perfekte Kanal. Wir erklären produktunabhängig und neutral, wie das digitalisierte Gesundheitswesen funktioniert, wohin die Reise geht und was man tun muss – oder auch nicht –, um nicht abgehängt zu werden. Danach entscheiden unsere Zuschauer selbst, ob sie die Zukunft mit uns, der Konkurrenz oder gar nicht beschreiten möchten.
Welche Gesundheitsthemen eignen sich besonders für Online-Schulungen?
Grundsätzlich eignen sich marktspezifische Trends mit einem hohen Neuigkeits-, Innovations- oder Inspirationsgrad, zu denen seitens Zielgruppe viele offene Fragen bestehen. In unserem Fall war dies zum Beispiel die Abschaltung von ISDN, die das analog betriebene Faxgerät in die Bredouille brachte. Andere Themen von uns sind der komplizierte TARMED-Tarifkatalog oder die Implementierung und der Nutzen eines digitalen Patientendossiers.
Sind alle Gamer krank? WHO löst Diskussion um Spielesucht aus
Sind Gamer alle krank? WHO löst Kontroverse um Online-Spielsucht aus
Millionen Menschen spielen täglich Videospiele. Harmloser Spass oder ist das schon eine grassierende Krankheit? Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sagt: Krank!
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Zwar gibt es die Fälle: Anfang letzten Jahres starb ein 35-Jähriger in Virginia Beach in den USA bei einem «World of Tanks»-Marathon. Er war so ins Gamen vertieft, dass er Essen und Trinken vernachlässigte.
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Um solche Fälle zu diagnostizieren, hat die WHO in ihrem neuen Handbuch ICD-11 drei Kriterien für Spielsucht genannt:
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1. Entgleitende Kontrolle etwa bei Häufigkeit und Dauer des Spielens, 2. Wachsende Priorität des Spielens vor anderen Aktivitäten und 3. Weitermachen auch bei negativen Konsequenzen.
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Und ganz ehrlich: Auf welche Hobby-Gamer trifft nicht mindestens einer dieser drei Fälle ein? Sind die Spieler deshalb alle als krank zu bezeichnen?
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Was denken Sie: Wie etabliert sind Webinare mittlerweile im Gesundheitswesen?
Webinare sind in vielen Geschäftsbereichen eine feste Grösse, im Gesundheitswesen tauchen sie aber erst langsam auf. Ich denke, das hat vor allem mit der Bedingung, sich im Namen einer Firma öffentlich zu präsentieren, zu tun. Das löst bei vielen Marketingfachleuten Unbehagen aus. Es ist einfacher, anonym ein Inserat zu schalten, als sich Themen, Roadmaps und Konzepte für Webinare auszudenken und sich dann auch noch vor die Kamera zu stellen. Ich wünsche mir für meine Kolleginnen und Kollegen mehr Mut, diese Technologien auszutesten und einfach mal loszulegen.
Raphael Frangi lebt Marketing seit über 10 Jahren. Er hat einen facettenreichen und kreativen Weg hinter sich. Dank seines Informatikbackgrounds liess er sich schon früh für neue Technologien begeistern. Er wirkte erfolgreich in einer Zürcher Digital Agentur, baute StartUps mit auf, verantwortet seit über 3 Jahren das Marketing von Swisscom Health und unterrichtet seit vielen Jahren Digitales Marketing an der HWZ, wo er auch schon als «best teacher» nominiert wurde.
Die Webinare von Swisscom Health bereiten ambulante Leistungserbringer kostenlos, kurzweilig und effizient auf die digitale Zukunft des Schweizer Gesundheitswesens vor. Alle Themen und Termine auf: www.swisscom.ch/healthlive.
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