Geltungsdrang Elon Musk baut Twitter so um, dass alle seine Tweets sehen

Von Dirk Jacquemien

14.2.2023

Als Musk abstimmen liess, ob er als Twitter-CEO zurücktreten sollte, gab es noch grosses Interesse.
Als Musk abstimmen liess, ob er als Twitter-CEO zurücktreten sollte, gab es noch grosses Interesse.
Imago

Weil nach Elon Musks Geschmack zu wenige Menschen seine Tweets lesen, feuert er den Überbringer schlechter Nachrichten. Ausserdem hat er den Algorithmus zu seinen Gunsten abändern lassen.

Von Dirk Jacquemien

Einen eigenen Blog zu haben, gehörte in den Anfangszeiten des World Wide Web zum guten Ton. Social-Media-Plattformen haben dieses Ausdrucksmedium ein bisschen in den Hintergrund rücken lassen, aber noch heute kannst du dir kostenlos bei zahlreichen Anbietern einen Blog zulegen, um deine geistigen Ergüsse mit der Welt zu teilen.

Für wenige Franken im Monat bekommt du sogar eine eigene Domain und kannst dir deine ganz eigene Identität im Netz aufbauen. Elon Musk dagegen hat 44 Milliarden Dollar für seinen Blog bezahlt. Und nun will er offenbar sicherstellen, dass dann auch jeder sieht, was er zu sagen hat.

Führungsstil wie Kim Jong-un

Bei einem Treffen mit Mitarbeiter*innen vergangene Woche beschwerte sich Musk, dass seine Tweets weniger gesehen werden als früher. «Das ist lächerlich. Ich habe über 100 Millionen Follower und bekomme nur Zehntausende Ansichten», sagte Musk laut «Plattformer».

Ein leitender Mitarbeiter lieferte eine Erklärung. Unter Bezug auf interne Twitter-Daten sowie öffentlich zugängliche Twitter-Trends legte er dar, dass Musk einfach nicht mehr so populär wie früher sei. Das öffentliche Interesse an ihm habe im vergangenen April seinen Höhepunkt erreicht und sei seitdem gesunken.

Musks Reaktion vor versammelter Mannschaft: «Du bist gefeuert, du bist gefeuert!» Er wollte einfach nicht wahrhaben, dass die eigenen Tweets vielleicht tatsächlich nicht mehr ganz so stark ziehen. Also mussten die verbliebenen Twitter-Angestellten am Algorithmus schrauben.

Twitter wird zu Muskbook

Das Ergebnis lässt sich in der neuen «Für dich»-Sektion von Twitter sehen, in der auch Tweets von Leuten angezeigt werden, denen du nicht folgst. Und diese Sektion wird nun von Musk-Tweets dominiert. Einige Nutzer*innen berichten sogar, dass rund 75 Prozent der dort angezeigten Tweets von Musk stammen.

Musk selbst scheint realisiert zu haben, dass diese Art der Algorithmus-Manipulation zum eigenen Vorteil vielleicht doch etwas zu extrem ausfiel. Er tweetete, dass man noch «Anpassungen» am Algorithmus vornehme.

Das Wort «Algorithmus» setzte er dabei in Anführungszeichen, wohl um scherzhaft anzudeuten, dass der Twitter-Algorithmus in Wahrheit einfach ein Ausdruck seines Gutdünkens ist.