Es kann jeden treffenBei Klick Rufmord: Wenn im Internet ganze Existenzen zerstört werden
dj
24.8.2018
Wegen einer Nichtigkeit wurde durch Rufmord im Netz das Leben einer ganz normalen Amerikanerin fast zerstört.
Im September 2015 änderte sich das Leben der Immobilienmaklern Monika Glennon aus dem US-Bundesstaat Alabama dramatisch. In Privatnachrichten an ihrem Ehemann und ihre Freunden sowie auf der Facebook-Seite ihrer Firma wurde ein Link zu Seite «She's a Homewrecker» gepostet. Der «Zweck» dieser Seite ist es, Frauen zu entblössen die durch eine vermeintliche Affäre mit einem verheirateten Mann dessen Familie zerstört haben sollen.
Glennons Eintrag auf der Seite ist in der Ich-Perspektive einer vermeintlichen betrogenen Frau geschrieben, die beschreibt, wie sie ihren Mann beim Geschlechtsverkehr mit Glennon auf dem Fussboden des eigenen Hauses erwischt haben will. Bebildert ist der Eintrag mit einen Porträtfoto von Glennon, das von der Website ihrer Immobilienfirma stammt.
Wer steckte dahinter?
Die Geschichte war völlig frei erfunden aber bestimmte dennoch Glennons Leben für die nächsten Jahre, wie sie «Gizmodo» erzählte. Zwar glaubte niemand in ihrem Umkreis die Anschuldigungen, aber der Eintrag wurde zum ersten Google-Ergebnis bei einer Suche nach ihrem Namen.
Vor allem erschreckte Glennon, dass sie keine Ahnung hatte, wer hinter der Diffamierung stecken könnte. War es vielleicht ein konkurrierender Immobilienmakler, der ihr die Geschäfte ruinieren wollte? In der Tat halbierte sich Glennon Kundenzahl nach Veröffentlichung der Verleumdung. «Ich habe an jeden Menschen in meinem Leben gedacht und mich gefragt, wer hat es getan und warum?», sagte sie zu «Gizmodo».
So finden Sie heraus, wie Ihr Smartphone sie verfolgte
So finden Sie heraus, wie Ihr Smartphone Sie verfolgt
iPhones und Android-Smartphones speichern, wo Sie als Nutzer sich aufgehalten haben. So holen Sie sich die Kontrolle über Ihre Bewegungsdaten zurück:
Bild: iStock
Bei iOS finden sich die Daten versteckt in den Einstellungen unter «Datenschutz» -> «Ortungsdienste» -> «Systemdienste» -> «Wichtige Orte». Nachdem Sie sich per Touch/Face-ID oder Code identifiziert haben, können Sie sehen, an welchen Orten Sie zuletzt waren.
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Die Daten sind in der Regel nach Städten sortiert. Wählen Sie eine aus, wird Ihnen genau angezeigt, wann und wie lange Sie an welchem Ort waren.
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Über den Bearbeiten-Button oben rechts lassen sich einzelne Orte aus dem Verlauf entfernen.
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Den Verlauf können Sie auch gänzlich löschen, im «Wichtige Orte»-Menü ganz unten.
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Und natürlich lässt sich die Funktion auch komplett ausschalten, dazu den Schalter bei «Wichtige Orte» umlegen.
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Auch Android-Smartphones merken sich, wo sie gewesen sind. Hier nennt sich das Feature «Zeitachse».
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Und dies ist synchronisiert über alle Geräte, die Sie mit einem Google-Konto nutzen.
Eine Übersicht über die besuchten Orte bekommen sich am besten im Desktop-Browser auf Google Maps. Hier das Menü oben links öffnen und «Meine Zeitachse» auswählen. Punkte auf einer Weltkarte zeigen nun, wo Sie überall gewesen sind.
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Unter «Standortverlauf verwalten» lässt sich die Funktion zentral für alle mit dem Google-Konto verbundenen Geräte deaktivieren.
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Rechtsweg musste eingeschlagen werden
Ihre einzige Option war, Klage wegen Verleumdung und Urheberrechtsverletzung (aufgrund dem unrechtmässig verwendeten Porträtfotos) gegen Unbekannt einzureichen. Dadurch gelangte sie an die IP-Adressen der Nutzer von Facebook und She's a Homewrecker.
Die Nachrichten an Glennons Mann und ihre Freunde wurde von einen Facebook-Account mit dem Namen «Ryan Baxter» verschickt. Dieser entpuppte sich als eine Frau aus Kalifornien, die es sich zum «Hobby» gemacht hatte, She's a Homewracker-Einträge an Betroffene und deren Umfeld zu schicken. Die Autorin des Eintrags war sie aber nicht.
Dies war eine gewisse Mollie Rosenblum, die nur eine Autostunde von Glennon entfernt wohnte. Doch Glennon konnte sich nicht erinnern, die Frau jemals getroffen zu haben. Auf eine gewisse Art und Weise waren sie sich aber begegnet, in den Kommentaren zu einem Nachrichtenartikel auf Facebook.
Virale Story war der Auslöser
In 2014 postete eine Teenagerin aus Alabama ein lächelndes Selfie, das sie im Vernichtungslager Auschwitz zeigte. Das Bild ging viral und löste einen mittelgrossen «Shitstorm» aus:
Eines der zahlreichen Medien, das über diese Story berichtete, war ein Lokalsender, in dessen Sendebereich Glennon und Rosenblum leben. Glennon verteidigte das Mädchen auf der Facebook-Seite des Sender, dieses sei ja noch jung und jeder mache schliesslich mal Fehler.
Rosenblum antwortete Glennon und warf ihr vor, nicht sensibel genug mit dem Holocaust umzugehen. Daraufhin gab es dann wieder Widerspruch von Glennon. Es war eine Diskussion, wie sie in Facebook-Kommentarspalten wohl milionenfach täglich vorkommt, aber Rosenblum schien sie nicht vergessen zu können.
Eine Woche später erstellte sie den Eintrag auf She's a Homewrecker, der allerdings aus unbekannten Gründen erst ein Jahr später frei geschaltet wurde.
100'000 Dollar an Anwaltskosten sind wohl weg
Knapp 100'000 Dollar an Anwalts- und Gerichtskosten musste Glennon ausgeben, bis sie Rosenblum Identität bekam und She's a Homewrecker zwingen konnte, den Eintrag offline zu nehmen. Aufgrund der durch die amerikanische Verfassung stark geschützten Meinungsfreiheit ist es dort deutlich schwieriger, diffamierende Internet-Einträge entfernen zu lassen.
Schliesslich traf sich Glennon sogar persönlich mit Rosenblum, die sich entschuldigte und nach der persönliche Begegnung zugab, sie aufgrund ihrer kurzen Facebook-Interaktion falsch eingeschätzt zu haben. Eventuellen Schadenersatz oder ein Schmerzensgeld wird Glennon aber wohl nicht eintreiben können. She's a Homewrecker ist als Plattform durch die amerikanischen Gesetze geschützt und Rosenblum wurde in einem komplett anderen Fall wegen Entführung zu vier Jahren Haft verurteilt und sitzt derzeit mittellos im Gefängnis.
In Europa sind Nutzer zumindest ein wenig besser geschützt. Auch wenn man an die meist im aussereuropäischen Raum sitzenden Plattformen in der Regel nicht rankommt, hat man gegenüber den Suchmaschinen ein «Recht auf Vergessen». Diese müssen dann Links zu Seiten mit verleumderischem Inhalt auch ohne teures Gerichtsverfahren aus ihren Ergebnissen entfernen.
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