«@fuckjerry» Wie Instagram Ideendiebstahl fördert

dj

6.2.2019

Das Geschäftsmodell von @fuckjerry besteht darin, witzige Internet-Posts von anderen Leuten auf dem eigenen Profil ohne Entlohnung zu posten.
Das Geschäftsmodell von @fuckjerry besteht darin, witzige Internet-Posts von anderen Leuten auf dem eigenen Profil ohne Entlohnung zu posten.
Instagram.com/fuckjerry

Der Aufstieg und Fall eines Instagram-Meme-Accounts macht die Probleme der Plattform deutlich.

Der Account @fuckjerry gehörte und gehört zu den beliebtesten Profilen auf Instagram, mit derzeit knapp 14 Millionen Followern. @fuckjerry ist ein so genannter Meme-Account, er postet lustige Bilder, Videos oder Twitter-Einträge, die ursprünglich allesamt von anderen Personen erstellt wurden. Dazwischen lällst der Macher Werbung platzieren und erzielt so Einnahmen.

Der Betreiber des Accounts, Elliot Tebele, hat @fuckjerry zu einem Millionengeschäft gemacht und unter anderem auch eine Werbeagentur namens Jerry Media gegründet. Doch nun regt sich gleich aus mehrere Richtungen Widerstand gegen Tebele und seine Unternehmungen.

Kritik verpuffte bisher

Das Geschäftsmodell von Tebele, das darin besteht die Inhalte von anderen Leuten zu steheln und dann zu monetarisieren, steht schon seit langer Zeit in der Kritik. Vor allem Comedians, deren Gags @fuckjerry schamlos und oft ohne Namensnennung stahl, liefen Sturm gegen Tebele. Das hatte bis vor kurzen kaum einen Effekt, Jerry Media bekam lukrative Verträge mit grossen Unternehmen und Fernsehsendern.

Nun ist Jerry Media aber durch seine Beteiligung an dem berühmt-berüchtigten Fyre Festival auch in der breiten Öffentlichkeit in den Fokus geraten. Das Fyre Festival war ein für den April 2017 geplantes Luxus-Musikfestival auf den Bahamas. Durch eine Mischung von geballter Inkompetenz und krimineller Energie fiel das Fyre Festival ins Wasser — tausende Teilnehmer war teils tagelang gestrandet und verloren den Eintrittspreis im oft fünfstelligen Bereich.

Fyre Festival-Gründer Billy McFarland sitzt inzwischen wegen Betrugs im Gefägnis.
Fyre Festival-Gründer Billy McFarland sitzt inzwischen wegen Betrugs im Gefägnis.
Keystone

Das Fyre Festival wurde dann selbst zu einer Art Meme — die Fotos von reichen, jungen Menschen in durchnässten Zelten führte zu einer wahren Flut an Schadenfreude auf den sozialen Medien. Dieses Interesse bedienten gleich zwei im Januar veröffentlichte Dokumentarfilme, von den Streaming-Diensten Hulu und Netflix.

Jerry Media mitverantwortlich für Fyre Festival

In der Hulu-Dokumentation «Fyre Fraud» wurde auch Jerry Media thematisiert. Die Firma war für das Instagram-Profil des Fyre Festivals verantwortlich. Laut der Doku löschte Jerry Media im Vorfeld des Festivals zahlreiche kritische Kommentare, die auf Probleme der Organisation hinwiesen. Dadurch habe es Jerry Media überhaupt erst ermöglicht, dass es zu dem Desaster mit gestrandeten Festival-Teilnehmern kommen konnte, so der Tenor der Dokumentation.

In der Netflix-Dokumentation «Fyre» wird diese Rolle von Jerry Media nicht angesprochen. Stattdessen ist Jerry Media ein Co-Produzent des Films und verdient so erneut an dem Fyre Festival-Desaster mit. Dieses Level an Dreistigkeit könnte Jerry Media nun zum Verhängnis werden.

Denn inzwischen rufen zahlreiche Prominente unter dem Hashtag #fuckfuckjerry zum Boykott von @fuckjerry auf. Der Fernsehsender Comedy Central kündigte einen Werbevertrag mit Jerry Media. Die Follower-Zahl sinkt langsam aber stetig. Tebele hat inzwischen verkündet, Inhalte von anderen Menschen zukünftig nur noch mit deren expliziten Einverständnis auf @fuckjerry zu posten.

Instagram tolerierte @fuckjerry wissentlich

Wie das «New York Magazine» aber hervorhebt, konnte @fuckjerry überhaupt nur so erfolgreich werden, weil Facebooks Tochter Instagram die eigenen Nutzerbestimmungen wissentlich ignorierte. «Teile nur Fotos und Videos, die du selbst aufgenommen hast oder zu deren Freigabe du berechtigt bist», heisst es in den Instagram-Gemeinschaftsrichtlinien.

Tebeles gesamtes Geschäftsmodell basierte jedoch auf Urheberrechtsverletzung. Das kann Instagram angesichts der Popularität von @fuckjerry nicht entgangen sein. Offensichtlich hat sich das Unternehmen aber entschieden, hier beide Augen zuzudrücken. Denn natürlich verdient Instagram an jedem einzelnen Nutzer mit. Eine populären Account abzuschalten, würde auch die eigenen Einnahmen schmälern.

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