James HongDieser Schauspieler ist in mehr Filmen als jeder andere
Von Fabian Tschamper
16.8.2020
James Hong gehört wohl zu den unbekanntesten bekannten Gesichtern der Filmgeschichte. Der Amerikaner wird im Abspann von mindestens 600 Filmen namentlich genannt – ein Hollywood-Unikat.
Er sprach Mandarin mit Keanu Reeves in «The Day the Earth Stood Still». Er manövrierte sich mittels Rückwärtssalto aus einer Schlägerei in «Wayne's World 2». Er mimte den liebenswerten und Nudeln-Süchtigen Mr. Ping in «Kung Fu Panda». Im Fernsehen gehörte ihm ein chinesisches Restaurant während einer Episode der Serie «Seinfeld». Ohne zu übertreiben, darf man behaupten, dass James Hong zu den produktivsten Schauspielern der Hollywood-Geschichte gehört. Mehr als 600 Mal taucht er in den Credits verschiedener Filme auf, mehr als jeder andere Schauspieler – lebend oder tot.
Hongs Weg zum Star startete – wie oftmals der Fall – als Kind vor dem Spiegel. Er behielt seine schauspielerischen Ambitionen aber für sich: «Chinesische Eltern wollen, dass du einen professionellen Job annimmst – also eigentlich alles ausser Schauspieler», sagte Hong. «Schauspieler zu sein, ist für sie kein Beruf. Es ist schändlich, seine Emotionen zu zeigen – umso mehr vor einem Publikum.»
Auf den Wunsch seiner Eltern machte James Hong den Abschluss an der University of Southern California – auf den Kopf gefallen scheint der gute Hong nicht zu sein, denn er hat sich damit ein Ingenieursdiplom erarbeitet. Während er in Los Angeles Strassen baute, suchte der heute 91-Jährige weiterhin Jobs als Schauspieler und Komiker. Seinen Durchbruch schaffte er in einer TV-Serie namens «You Bet Your Life», moderiert von kein geringerem als Groucho Marx persönlich. «Ich habe Leute nachgeahmt – Groucho, James Cagney und so weiter», erzählte Hong dem amerikanischen Sender CNN. Dieser Auftritt verschaffte ihm seinen ersten Agenten und damit den Start in Hollywood.
Er arbeitete daraufhin beispielsweise 1955 mit dem legendären Clark Gable. Eine Erfahrung, die er nie vergessen würde, erinnerte sich Hong. Seine Karriere nahm Fahrt auf: Er stand vor der Kamera neben John Wayne, William Holden und auch Jennifer Jones.
«Asiaten in Filmen waren damals nur Gimmicks»
Hong sagt selbst, dass er zu jenen Zeiten in etwa zehn Filmen pro Jahr war. Diese frühen Rollen seien aber sehr limitiert gewesen: «Asiaten waren nur eine Art Gimmick, wir wurden nie als Hauptdarsteller in Betracht gezogen.» Hollywood schien damals nicht sehr offen für andere Kulturen. Hong sagte, es ginge so weit, dass weisse Schauspieler Asiaten gespielt hätten. So zum Beispiel Marlon Brando, der einen Bewohner Okinawas spielte («The Teahouse of the August Moon») oder Mickey Rooney, der Mr. Yunioshi mimte im Erfolgsfilm «Breakfast at Tiffany's». John Wayne spielte gar den berüchtigten Dschingis Khan in «The Conqueror».
Hong liess sich aber durch das engstirnige Hollywood nicht von seinem Traum abbringen und arbeitete weiter. «Ich ignorierte die Klischees und erinnerte mich an die Lehren meiner Ausbilder: Zeig echte Emotionen – auch wenn du einen Bösewicht darstellst.»
Schon bald traf er sich mit anderen asiatisch-stämmigen Schauspielerinnen und Schauspielern, die sich zur Theatergruppe «East West Players» zusammenschlossen. Sie schufen eigene Stücke, die sie als Hauptdarsteller auf die Bühne trugen – ganz entgegen dem damaligen Hollywood-Trend. «Wir verlangten damit Aufmerksamkeit, Ansehen», erklärte Hong. «Und siehe da: Die Industrie horchte auf. Wir waren keine Gimmick-Leute mehr.»
Die «East West Players» sind seit jeher eine Gemeinschaft, die asiatische Künstler unterstützt – Randall Park, George Takei, John Cho oder auch Daniel Dae Kim haben alle Beziehungen zu jener Theatergruppe.
Und auch mit 91 Jahren will Hong nicht entschleunigen. «Ich könnte einfach in Pension gehen und meine Rente geniessen, aber da ist etwas in mir, das weitermachen will – mehr Filme und TV-Shows. Ich werde dieser Leidenschaft nachgehen, bis ich nicht mehr reden und laufen kann.» James Hong hat bis und mit Juli 2020 in 469 TV-Produktionen, 149 Filmen, 32 Kurzfilmen und 22 Videospielen mitgewirkt. Das macht insgesamt 672 Nennungen in darstellerischen Werken und ein atemberaubendes Erbe, das in der Hollywood-Geschichte verewigt ist.