Berliner FilmfestspieleDieter Kosslicks letzte Berlinale
Julia Kilian, dpa
30.1.2019
Seit 18 Jahren ist er der wichtigste Mann der Berlinale. Nun führt Direktor Dieter Kosslick zum letzten Mal durch das Filmfest. Dabei vertraut er auch auf Ingwerwasser – und zieht Parallelen zum Mechanikerjob.
Wenn Festivalchef Dieter Kosslick auf den Teppich tritt, dann nur mit Markenzeichen. «Ich werde meinen roten Schal tragen. Sonst besteht die Gefahr, dass man mich nicht erkennt», sagte Kosslick scherzhaft. Kommende Woche (7. Februar) beginnen die Internationalen Filmfestspiele in Berlin. Für Kosslick wird es die letzte Berlinale als Direktor sein.
Juliette Binoche präsidiert Jury
Viel Zeit habe er nicht, um über seinen Abschied nachzudenken. «Wir sind mittendrin in der Berlinale-Maschinerie», sagte der 70-Jährige. Erwartet werden unter anderem Leinwandstar Catherine Deneuve und US-Schauspieler Christian Bale. Der rote Teppich ist diesmal übrigens aus recycelten Fischernetzen.
Oscar-Preisträgerin Juliette Binoche («Chocolat») ist Jurychefin. Mit ihrem Team entscheidet sie, wer die Bären-Preise bekommen. Auch Schauspielerin Sandra Hüller («Toni Erdmann», «In den Gängen») macht in dem Gremium mit. Das habe endlich geklappt, sagte Kosslick am Dienstag in Berlin, wo er Details zur 69. Berlinale vorstellte.
«Das Programm werden wir subsumieren unter dem 68er feministischen Spruch: ‹Das Private ist politisch›», hatte Kosslick angekündigt. Es seien überwiegend private Themen, die von Filmemachern abgehandelt worden seien. Familie scheine dabei ein zentrales Thema zu sein.
Familie im Zentrum
Im Wettbewerb läuft etwa Nora Fingscheidts «Systemsprenger» über das Jugendamt, die deutsche KESB. Angela Schanelecs «Ich war zuhause, aber» erzählt vom Verschwinden eines Kinds. Auch der Eröffnungsfilm «The Kindness of Strangers» von Lone Scherfig handle von einer schwierigen Familienkonstruktion. «Obwohl es eine Komödie ist, die auch noch gut ausgeht. Versprochen», sagte Kosslick.
Familie sei ein grosses Thema. «Ich glaube, das hat auch damit etwas zu tun, dass je grösser dieser ganze Globalisierungswahnsinn wird, desto mehr sehnen sich die Menschen nach Geborgenheit.» Die Filme auf der Berlinale dürften oft zeigen, wo es in Familien hakt.
Isabel Coixet nimmt sich in «Elisa y Marcela» eine Liebesgeschichte zwischen Frauen vor. Dass Netflix die Vertriebsrechte hält, dürfte für Debatten sorgen. Netflix produziert immer mehr Filme und gewann mit «Roma» in Venedig. Kinobetreiber sehen es kritisch, wenn Filme schnell online laufen. Auf der Berlinale werde eine filmpolitische Diskussion über Zeitfenster geführt werden müssen, sagte Kosslick.
Netflix im Wettbewerb
Dass ein Netflix-Film im Wettbewerb läuft, verstösst seinen Worten zufolge nicht gegen Vorgaben. «Wir verfahren einfach nach unseren Regeln», sagte Kosslick. Demnach zeige man im Wettbewerb nur Filme, die fürs Kino geeignet seien. Es gebe ein Papier, dass Coixets Film in Spanien ins Kino komme, bevor er online gezeigt werde.
Bis zum 17. Februar laufen rund 400 Filme. Es steht kaum Hollywood, aber viel Kritisches im Programm. Kosslick nimmt kurzfristig auch den Dokumentarfilm «Das Geheimarchiv im Warschauer Ghetto» auf. «Alle AfD-Mitglieder, alle Abgeordneten im Bundestag der AfD, werden kostenlos ins Kino dürfen. Von mir persönlich eingeladen», sagte Kosslick. «Und wenn sie dann noch sagen, das ist ein Fliegenschiss, dann muss ich sagen, sollte vielleicht jemand anderes einschreiten als die Filmemacher.»
Bei der Berlinale wird auch Mafia-Kritiker Roberto Saviano erwartet. Regisseur François Ozon widmet sich dem Missbrauch in der Kirche. Neben Fingscheidt und Schanelec tritt Fatih Akin als dritter deutscher Regisseur an. «Der Goldene Handschuh» handelt vom Serienmörder Fritz Honka.
Damit Kosslick die fast zwei Wochen durchhält, hat er ein paar Gewohnheiten. «Ich darf keine Erkältung bekommen», sagt er. «Da gibt es Rituale: Ich nehme afrikanische Immuntropfen und trinke Ingwer-Zitronen-Wasser jeden Morgen und grünen Tee.» Kosslick war mit Schal, Hut und leicht abstehenden Haaren jahrelang «Mr. Berlinale». Der gebürtige Pfälzer leitet das Festival seit 2001.
Neben Cannes und Venedig zählt die Berlinale zu den drei grossen Festivals. Zuletzt hatte es Kritik an der Filmauswahl Kosslicks und dem immer grösser werdenden Festival gegeben. Manche kritisierten, die Berlinale habe stark an Profil verloren. Prominente Regisseure forderten Ende 2017 einen inhaltlichen Neustart des Festivals.
Locarno-Chef übernimmt
Nun läuft Kosslicks Vertrag aus und eine Doppelspitze übernimmt. Der Italiener Carlo Chatrian wird künstlerischer Leiter, Mariette Rissenbeek übernimmt die Geschäftsführung. Beide wollten sich vorab nicht äussern. Ob Kosslick einen gemeinsamen Auftritt plant?
Seine Nachfolger haben keine einfache Aufgabe vor sich: Zum einen hochkarätige Filme gewinnen, zum anderen Stars, auf die viele Fans hoffen. Und das im kommenden Jahr noch parallel zur Oscar-Verleihung.
Anders als in Cannes und Venedig sind die Vorstellungen nicht nur Fachpublikum vorbehalten. Die Berlinale verkauft jedes Mal rund 350'000 Kinokarten. Das mache die Berlinale am schönsten, sagt Kosslick. «Dass wir so viel Publikum erreichen konnten.»
Auf ihn wartet nochmal das grosse Rampenlicht. Während der Berlinale müsse man alles ritualisieren. «Man darf nicht darüber nachdenken, wie der Ablauf ist, weil man sonst völlig durcheinander kommt», sagt er. «Es muss quasi laufen wie bei einem Mechaniker, der genau weiss, welche Schrauben er zu drehen hat.»
Auch bei seinem Schal gibt es eine Tradition. Seine richtig roten Schals seien 17, 18 Jahre alt. «Ich habe mir damals schon welche an die Seite gelegt», sagte Kosslick. «Ich habe einen, der noch originalverpackt ist. Den leiste ich mir zur diesjährigen Eröffnung.»
Das Jahr startet spannend: Die Kino-Highlights im Januar machen Lust auf ein aufregendes Kino-Jahr.
Bild: Warner / Ascot Elite / Universal
Weil ihr Mann Willy zu viel Geld ausgibt, muss nun auch Colette (Keira Knightley) anfangen zu schreiben – mit überraschend grossem Erfolg.
Bild: DCM
Colette (Keira Knightley) und ihr Mann Willy (Dominic West) überlegen, wie viele Damen um sie herum «Claudine in der Schule» bereits gelesen haben oder es noch tun werden.
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«Colette» bietet mit Keira Knightley in der Titelrolle ein warmherziges, sehr kluges und verehrungsvolles Porträt der bedeutendsten französischen Autorin des 20. Jahrhunderts.
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Nachdem ihre Partnerin wegen Betrugs im Gefängnis landet, muss Chela (Ana Brun, rechts) ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Eines Tages lernt sie die jüngere Angy (Ana Ivanova) kennen.
Bild: Cineworx
Um Geld zu verdienen, bietet Chela (Ana Brun, links) Fahrdienste an. Auch Angy (Ana Ivanova) nimmt diese in Anspruch.
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«Las Herederas» ist das hochgelobte Debüt des paraguayischen Regisseurs Marcelo Martinessi und wurde auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet.
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Zain (Zain Al Rafeea) ist vermutlich zwölf Jahre alt – sein wahres Alter kennt niemand, seine Eltern wissen nicht, wenn er genau geboren wurde.
Bild: Filmcoopi Zürich
Zain (Zain Al Rafeea) reisst von zu Hause aus und schlägt sich fortan alleine in den Strassen von Beirut durch.
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«Capernaum – Stadt der Hoffnung» überzeugt mit eindrucksvollen Bildern. Nach dem Preis der Jury in Cannes kann sich Regisseurin Nadine Labaki auch Hoffnungen auf eine weitere Auszeichnung machen: Der Libanon schickt das Drama ins Rennen um den Auslands-Oscar.
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1519 sorgt die Ankunft des jungen Priesters Huldrych Zwingli (Max Simonischek) für Aufruhr.
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Der Zürcher Reformator Huldrych Zwingli (Max Simonischek) prangert bestehende Werte und Missstände an und reformiert das religiöse und gesellschaftliche System.
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Das Drama «Zwingli» vom Zürcher Regisseur Stefan Haupt beschreibt das Wirken des Reformators sowohl aus dessen als auch aus der Perspektive von Zwinglis Frau Anna.
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Die Bestie (James McAvoy) ist zurück – und sie ist gefährlicher denn je.
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Elijah Price alias Mr. Glass (Samuel L. Jackson, links), Kevin Wendell Crumb (James McAvoy) und David Dunn (Bruce Willis) landen in der Psychiatrie. Haben sie wirklich Superkräfte?
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Mit dem Mysterythriller «Glass» liefert Regisseur M. Night Shyamalan den dritten und abschliessenden Teil seiner «Eastrail 177»-Trilogie ab.
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Rocky Balboa (Sylvester Stallone) unterstützt Boxer Adonis Creed (Michael B. Jordan) bei seinem wohl härtesten Kampf.
Bild: 2018 Metro-Goldwyn-Mayer Pictures and Warner Bros. Entertainment
Adonis Creed (Michael B. Jordan) muss die Balance finden zwischen dem Boxen und seiner wachsenden kleinen Familie.
Bild: 2018 Metro-Goldwyn-Mayer Pictures and Warner Bros. Entertainment
Nach dem grossen Erfolg von «Creed: Rocky's Legacy» (2015) kehrt Adonis Creed (Michael B. Jordan) nun zurück in den Boxring.
Bild: 2018 Metro-Goldwyn-Mayer Pictures and Warner Bros. Entertainment
Pianist Dr. Don Shirley (Mahershala Ali) braucht für seine Tournee einen Fahrer. Den findet er in Italo-Amerikaner Tony Lip (Viggo Mortensen, rechts).
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Obwohl sie aus zwei so unterschiedlichen Welten stammen, freunden sich Don (Mahershala Ali, links) und Tony (Viggo Mortensen) an.
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Regisseur Peter Farrelly hat mit «Green Book» ein zutiefst bewegendes und trotzdem komisches Drama geschaffen, das als Favorit ins Oscarrennen geht.
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Earl Stone (Clint Eastwood) wird auf seine alten Tage zum Drogenkurier für ein mexikanisches Kartell.
Bild: 2018 Warner Bros. Entertainment Inc.
Natürlich traut niemand dem alten Earl (Clint Eastwood) zu, dass er im Kofferraum Drogen transportiert.
Bild: 2018 Warner Bros. Entertainment Inc.
Beim Thriller «The Mule» steht Clint Eastwood sowohl als Hauptdarsteller vor, als auch als Regisseur hinter der Kamera. In weiteren Rollen sind Bradley Cooper und Eastwoods Tochter Alison zu sehen.
Bild: 2018 Warner Bros. Entertainment Inc.
Pauline (Mélanie Thierry) und Alex (Pierre Deladonchamps) haben sich ihren Traum vom selbstbestimmten Leben im Einklang mit der Natur verwirklicht.
Bild: Filmcoopi Zürich
Als der Ingenieur Samuel zu ihnen stösst, geraten Paulines (Mélanie Thierry) Gefühle völlig durcheinander.
Bild: Filmcoopi Zürich
Die Schweizer Regisseurin Bettina Oberli erzählt in «Le Vent Tourne» mit wunderbaren Bildern von Selbstbestimmung, Sehnsucht und Verantwortung.
Die Internationalen Filmfestspiele in Berlin sind gestartet - mit dem Animationsfilm «Isle of Dogs – Ataris Reise»: Im Bild: Greta Gerwig (r), Tilda Swinton und Wes Anderson.
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Mit dabei auch Model Toni Garrn ...
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... und Schauspielerin Meret Becker.
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US-Schauspielerin Elle Fanning.
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Anna Brüggemann und ihr Bruder Dietrich Brüggemann.
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Moritz Bleibtreu und Johanna Wokalek.
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Michael Verhoeven und Senta Berger.
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Florian David Fitz (l) und Elyas M’Barek.
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