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Kaltërina Latifi bei «Schawinski»
«Ich habe meine Eltern angeschaut und mich fremd gefühlt»
Im neusten Talk empfängt Roger Schawinski die Literaturwissenschaftlerin Kaltërina Latifi. Die Essayistin mit kosovarischen Wurzeln spricht über Heimat, Traumata – und erfolgreiche Integration.
Die heutige Ausgabe startet ein wenig anders als üblich. Nach einer kurzen Einführung ergreift Talkgast Kaltërina Latifi gleich das Wort, ohne dass der Talkmaster eine Frage stellen muss.
Die Essayistin teilt nicht nur in ihren Kolumnen, die sie für «Das Magazin» schreibt, viel Persönliches. Auch in der Sendung spricht sie offen und ungeschönt über ihre kosovo-albanische Herkunft und das Aufwachsen in der Schweiz.
Die heute 38-Jährige erzählt, wie ihre Eltern sie mit fünf Jahren in die Schweiz geholt hatten. Wie sie die Ankunft in der Schweiz traumatisiert habe. So musste sie sich etwa als kleines Mädchen von ihrer geliebten Grossmutter verabschieden und zu den ihr unbekannten Eltern nach Adelboden im Berner Oberland ziehen. «Ich bin in der Küche der kleinen Wohnung gesessen, habe meine Eltern angeschaut und mich fremd gefühlt», sagt Latifi.
Diese Erfahrung habe sie so sehr geprägt, dass sie bis heute keine Wurzeln schlagen könne: «Es drängt mich immer irgendwohin.»
In ihren Texten schreibt die Autorin nicht nur über ihre Wurzeln und ihre Suche nach Heimat. Sondern auch über veraltete Rollenbilder im kosovo-albanischen Umkreis: Die Vorstellung etwa, dass die Frau dem Mann nach wie vor unterstellt sein soll.
Kritik für klare Worte an veralteten Rollenbildern
Für ihre klaren Worte erntet Latifi auch Kritik. Mit ihren Kolumnen will sie aber gegen Tabus anschreiben und diese brechen. Würde jemand ohne Migrationshintergrund so deutlich werden wie sie, würde diese Person als Nazi beschimpft, ist sie überzeugt. Bei ihr hingegen drücke man ein Auge zu, erklärt sie.
«Das ist falsch verstandene Solidarität», sagt Latifi. Gewisse Leute würden sich scheuen, Missstände anzuprangern. Manche hätten auch das Gefühl, jenen Menschen, die in der Schweiz diskriminiert werden oder wurden, müsse man ihnen immer zustimmen. Das sei aber falsch, findet die Essayistin. Der Talkmaster fasst es mit dem Begriff «Cancel Culture» zusammen.
Als letztes Hauptthema spricht Roger Schawinski die Integration der kosovo-albanischen Menschen in der Schweiz an. Ob die denn grundsätzlich gelungen sei? Kurz darauf nennt er zwei der bekanntesten Namen, jene der Fussballnationalspieler Granit Xhaka und Sherdan Shaqiri. Die laut Schawinski durch besonders viel Fleiss, Engagement und Talent auffallen würden. Für Latifi ist dies nicht aussergewöhnlich: «Als Ausländer hat man das Gefühl, mehr Gas geben zu müssen.»
Zum Schluss der Sendung schliesst sich der Kreis wieder – die beiden landen erneut bei der Suche nach Heimat.
Schawinski will wissen, wie der Einbürgerungsprozess in der Schweiz für die Schriftstellerin und ihre Familie gewesen sei und warum sie auch noch die deutsche Staatsbürgerschaft erworben habe? Mittlerweile lebt Latifi in London, wo sie für ihre Professur an der Queens Mary University forscht und arbeitet. Wo denn ihre Heimat sei, will Schawinski wissen. Die Antwort bleibt offen.
Den ganzen Talk mit Kaltërina Latifi siehst du am Sonntag, 18:15 Uhr (Wiederholung 22.10 Uhr), in der Sendung «Schawinski» auf blue Zoom.