Fünffach-Vater Angelo Kelly «Ich sage etwas und es ist allen peinlich»

Von Franziska Pahle und Fabienne Berner

3.3.2023

Fünffach-Vater Angelo Kelly: «Ich sage etwas und es ist allen peinlich»

Fünffach-Vater Angelo Kelly: «Ich sage etwas und es ist allen peinlich»

Seiner Familie hat Angelo Kelly den Rücken gekehrt – zumindest musikalisch. Im Interview verrät der Sänger die Gründe dafür. Ausserdem spricht er darüber, was es mit ihm gemacht hat, Vater zu werden.

02.03.2023

Seiner Familie hat Angelo Kelly den Rücken gekehrt – zumindest musikalisch. Im Interview verrät der Sänger die Gründe dafür. Ausserdem spricht er darüber, was es mit ihm gemacht hat, Vater zu werden.

Von Franziska Pahle und Fabienne Berner

3.3.2023

Fast sein ganzes Leben lang stand Angelo Kelly mit der Kelly Family auf der Bühne. In den vergangenen zehn Jahren widmete er sich mit seiner Frau Kira und den fünf gemeinsamen Kindern seinem eigenen Familien-Bandprojekt. Nun ist sein erstes Soloalbum «Grace» erschienen.

Angelo, wie war es für dich, nach all den Jahren wieder allein etwas aufzunehmen und darüber entscheiden zu können?

Ich bin ja nie allein. Ich habe tolle Musiker und Freunde um mich. Das ist auch eine musikalische Familie. Man macht nichts allein im Leben. Man hat immer Leute, die einem helfen.

Hand aufs Herz, ein wenig genossen hast du es sicherlich, oder?

Es war viel einfacher. Bei einem Familienprojekt muss man immer darauf achten, dass sich jeder als Künstler wohlfühlt. Bei diesem Album musste ich nur darauf achten, dass es bei mir und bei den Musikern gut läuft. Es ist wichtig für mich, wieder etwas für mich zu machen.

Was war das Beste daran, mit der eigenen Familie aufzutreten?

Mit der Familie auf der Bühne zu stehen ist ein tolles Gefühl. Das werden wir nie vergessen. Aber das Leben geht weiter. Die Kinder werden gross. Und zehn Jahre zusammen auf der Bühne zu stehen, das war schon viel länger, als wir dachten. Ich bin sehr froh, durften wir das erleben.

Was wirst du gar nicht vermissen?

Wenn du eine grosse Truppe hast, hast du viel zu organisieren. Ich musste immer schauen, dass es familienfreundlich bleibt. Allein ist man schmerzfreier. Man muss nicht so viel berücksichtigen. Auch beim Reisen ist es einfacher. Ich bin mit Handgepäck unterwegs und das war es.

Angelo Kelly (r.) und seine Familie bei einem gemeinsamen Auftritt in Deutschland im Jahr 2022. Nach rund zehn Jahren löste sich die Familienband im vergangenen Jahr auf.
Angelo Kelly (r.) und seine Familie bei einem gemeinsamen Auftritt in Deutschland im Jahr 2022. Nach rund zehn Jahren löste sich die Familienband im vergangenen Jahr auf.
IMAGO/Revierfoto

Im Mai 2020 gabst du deinen Rücktritt aus der Kelly Family bekannt. Ende 2022 dann das Ende der Familienband – du dachtest sogar daran, ganz mit der Musik aufzuhören?

Ich dachte nie daran, ganz aufzuhören. Oft werden aus gewissen Sachen, die ich sage, andere Geschichten gebastelt. Googelt man meinen Namen, findet man auf YouTube Hunderte von Videos, in denen es darum geht, dass ich angeblich tot bin.

Wie bitte?

Mich schockt gar nichts mehr. Aber ja, es war traurig, dieses Familien-Kapitel abzuschliessen. Und ich werde es auch ein wenig vermissen. Richtige und gute Entscheidungen sind nicht immer leicht. Manchmal muss man dabei auch ein wenig weinen und durch den Schmerz gehen, um loszulassen.

Es braucht den Schmerz?

Das Album heisst ja «Grace», «Gnade». Das war es, was ich für mich gespürt habe, als ich das Album aufgenommen habe. Es hat mich in diesem Moment geheilt. Es hat mir Haltung und Orientierung gegeben.

Stört es dich, dass du durch deinen Namen den Kelly-Family-Stempel trägst?

Nein. Ein Stempel ist es nicht.

Warum?

Dass Menschen andere Menschen stempeln, das passiert andauernd. Aber es ist erst ein Stempel, wenn man diesen annimmt. Für mich war der Name Kelly immer etwas Ehrenvolles. Als Familienband und auch meine Herkunft. Ich liebe den Namen und würde keinen anderen haben wollen. Es gibt keine Band, die so hart gearbeitet hat wie die Kelly Family. Die ganze Branche zusammen reicht nicht. Die paar Leute, die uns belächelt haben, die haben keine Ahnung. Die haben von Musik, von Musikmachen keine Ahnung.

Du bist fünffacher Familienvater ...

Korrekt.

... wie würdest du dich als Vater und in deiner Vaterrolle beschreiben?

Oh Mann! (überlegt). Ich habe eine gewisse Autorität. Aber ich würde mich nicht als streng bezeichnen. Zu Hause sind 90 Prozent der Witze auf meine Kosten.

Wie schaut so ein Witz aus?

Alles Mögliche! Ich sage etwas und es ist allen peinlich. Es ist egal, wie gut ich einen Witz erzähle. Man kann nicht darüber lachen, Dad-Jokes und so weiter. Das ist alles gut. Wir haben viel Spass. Ich erlaube ganz viel. Aber am Ende des Tages wissen die Kinder trotzdem, Mama und Papa haben hier das Sagen.

Wie würden dich deine Kinder beschreiben?

Ich weiss es nicht. Ich hoffe, dass ich liebevoll bin. Dass ich ihnen alle Freiheiten gebe, aber auch eine gewisse Haltung, Struktur und Unterstützung. Sie werden, wenn sie erwachsen sind, wohl eine unterschiedliche Sicht darauf haben. Ich weiss es von meinem Papa. Der war für mich der liebevollste Papa, ein starker und lustiger Vater, der viel gekuschelt hat. Aber meine Geschwister haben das teils anders erlebt. Ich zumindest versuche mein Bestes und viel Liebe zu geben.

Was hat es mit dir persönlich gemacht, Vater zu werden?

Es ist etwas, das ich nicht vermissen möchte. Wenn du ein Kind bekommst, verändert dich das als Mensch. Alles ergibt viel mehr Sinn. Du weisst, wofür du kämpfst. Mir hat es Orientierung gegeben. Ich habe mehr Fokus in meinem Leben bekommen. Dazu gehören auch viel Spass und Liebe. Aber es kommt eine Verantwortung dazu, die man im Leben zuvor so nicht hatte.

Du lebst mit deiner Familie in Irland. Wie sieht euer Alltag aus?

(Lacht laut) Alltag und Kellys, das widerspricht sich. Unser Leben ist immer etwas anders und ein bisschen verrückt. Das kommt durch die Musik und das Reisen. Und auch durch das andere Leben, das ich geführt habe. Aber wir sind mehr gesettelt. Wir haben seit zehn Jahren einen Bauernhof und leben sehr ländlich. Das ist uns sehr wichtig. Dieser Kontrast zum Unterwegssein und Musikmachen.

Während deiner Karriere hast du häufig die Schweiz besucht. Was gefällt dir hier besonders gut?

Die Schweiz ist ein traumhaft schönes Land. Die Menschen sind so freundlich. Ich bin fasziniert, wie viele Sprachen die Leute hier sprechen. Übrigens ...

Ja?

Bei den Konzerten sind die Schweizer*innen das am besten angezogene Publikum. In der Schweiz schauen wir uns immer um und denken: «Boah, ist das jetzt eine Gala?» Es ist wirklich Spitzenklasse!

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