«Thor: Love and Thunder» Herr Donner reisst ständig Witze, obwohl Frau Donner Krebs hat

Von Fabian Tschamper

5.7.2022

Es ist die Rückkehr vom Gott des Donners. Verstärkt durch sein weibliches Pendant versucht Thor dem Gottesschlächter die Stirn zu bieten. Eine Marvel-Komödie, bei der man sich fragt: Wie viel Humor ist zu viel?

Von Fabian Tschamper

5.7.2022

Regisseur Taika Waititi prescht ungebremst vor. Der Neuseeländer eroberte mit seinem Humor die Herzen der Marvel-Fans und bringt nach «Thor: Ragnarok» (2017) den nächsten Ableger um den Donnergott. Das Rezept ist dasselbe, das ihm vor fünf Jahren berauschende Kritiken bescherte.

Davor war Thor allerdings noch ein mächtiger Gott. Zugegeben, ein bisschen ein langweiliger, aber immerhin ein ernstzunehmender.

Waititi wirft nun jegliche Emotionen oder auch Spannung aus dem Fenster und widmet sich mit «Thor: Love and Thunder» gänzlich dem Slapstick.

Drama zwischen der Axt und dem Hammer

Die Handlung beginnt nach den Ereignissen von «Avengers: Endgame». Thor hat sich da zu den «Guardians of the Galaxy» rund um Chris Pratt gesellt. Physisch hatte sich der Donnergott ja ziemlich gehen lassen, also stählt er seinen Körper erneut – er will nämlich nicht mehr der deprimierte Lappen sein, den er in «Endgame» darstellte.

Das Universum braucht Sixpack-Thor und nicht Speck-Thor.

Und natürlich kommt dabei ein Zusammenschnitt seines Trainings, das mit unendlichen Klischees gespickt ist.

Und apropos: Meine Güte, hat Chris Hemsworth Muskeln zugelegt. Wie viel CGI und was Realität war, liess sich nicht so leicht sagen. So oder so: Kein anderer sollte je wieder Thor spielen. Der 1,90 Meter grosse, blonde und blauäugige Hemsworth hätte nicht besser gecastet werden können.

Thor ist jedenfalls zurück in seiner alten physischen Form und prügelt sich ulkig durch Aliens, hat eine seltsame Beziehung zu seiner neuen Axt Stormbreaker, die offensichtlich eifersüchtig auf die vergangene Beziehung zwischen Thor und Mjölnir ist – und er nimmt niemanden und nichts ernst.

Letzteres zieht sich durch die ganzen knapp zwei Stunden. Auch als Kinder entführt, Götter hingerichtet werden oder geliebte Menschen sterben.

Guter Bale wie im falschen Film

Als Gegenspieler – ebendiesen Göttermetzger – sieht sich Hemsworth mit Oscar-Preisträger Christian Bale konfrontiert. Und Bale kann nicht anders, als alles zu geben – und ist in der Komödie damit ein bisschen fehl am Platz. Als wäre er in einem düsteren «Thor»-Film.

Seine kurze Zeit auf der Leinwand melkt er, auch wenn ich ihm die Kampfszenen mit Hemsworth nicht wirklich abkaufe.

Hemsworths Schulter ist nämlich etwa so gross wie Bales Kopf.

Seine Figur Gorr war ein Gläubiger, der die Gottheit Rapu verehrte. Als er aber realisiert, dass sich die Götter nicht um die Menschen scheren – und seine Tochter verhungert –, schwört er Rache. Die Götter machen sich übrigens auch über ihn und seine tote Tochter lustig.

Mithilfe eines magischen Schwerts – dem sogenannten Nekroschwert – macht er sich also auf, alle auffindbaren Götter zu ermorden.

So viel dazu.

Auftritt, Natalie Portman. Ihre Figur Jane Foster, die Waititi erst als Jane Fonda und dann Jodie Foster bezeichnet – witzig, nicht wahr –, hat Krebs. Und dies auch bereits im vierten Stadium. Weil ihr die Wissenschaft nicht mehr helfen kann, sucht sie im Übernatürlichen eine Lösung. Der Hammer Mjölnir gewährt ihr daraufhin die Macht des Thor. Sie wird zum Mighty Thor, wie sie im Film heisst.

Allerdings wird ihre menschliche Seite bei jedem Gebrauch von Mjölnir schwächer. Mehr Spoiler gibt es hierzu aber nicht.

Nach ihrer gescheiterten Liebesbeziehung treffen Thor und Mighty Thor nun also zum ersten Mal wieder aufeinander, was dem männlichen Donnergott zu schaffen macht. Der Adonis verhält sich dabei wie ein vor den Kopf gestossener Teenager, trotzig und peinlich.

Hier fliesst übrigens auch das Eifersuchtsdrama zwischen Thor und Stormbreaker ein. Ersterer sieht nämlich Mjölnir in den Händen von Jane und will ihn zurück. Doch der Hammer gehört nun Mighty Thor. Es klingt lächerlich, ja. Und glaub mir, das ist es auch.

Jede Figur mutiert zur Witz-Maschine

Durch die Kadenz, in der Witze in diesem Film rausgehauen werden, gehen die emotionalen Momente gegen Ende komplett unter. Das hinterlässt ein Gefühl von: Ach komm, bau noch ein bisschen Herzschmerz und Drama ein.

Diese Emotionen werden im letzten Akt hervorgerufen – oder es wird zumindest versucht. Gorr plant nämlich, zur Mitte des Universums zu reisen, um da das Wesen Eternity zu finden. Im folgenden Finale gibt es das absolut kitschigste, vorhersehbarste und – ehrlich gesagt – faulste Argument, um den Götterschlächter von seinem Vorhaben abzuhalten.

Waititi ist vielleicht witzig, aber als Drehbuchautor taugt er nicht. Und in Sachen Witze: Es ist gang und gäbe, dass Filme eine Figur haben, die gemeinhin als Comic relief bezeichnet wird. Sie dient dem Auflockern einer ernsten Geschichte oder Situation, indem sie einen Witz macht oder Einzeiler raushaut.

Und jetzt überlegst du dir, was geschieht, wenn jede Figur in einem Film nach diesem Konzept funktioniert.

Ich kann die berauschenden Kritiken für «Thor: Love and Thunder» kaum erwarten. Die Marvel-Community liebt Waititi und ihre Superhelden. Und die Filme sollen ja unterhaltsam und lustig sein. Da werden bei den klaren Schwächen wohl Millionen Augen zugedrückt.

«Thor: Love and Thunder» läuft ab 6. Juli in allen blue Cinema Kinos.