Ausraster und Verschwörungstheorien Wie sich Stars mit Corona-Statements ins Abseits twittern

Von Lukas Rüttimann

16.5.2020

Der kanadische Rockstar Bryan Adams irritierte diese Woche in den sozialen Medien mit Aussagen über «fledermausfressende, virusverursachende Mistkerle», die seine geplanten Konzerte verhindern würden.
Der kanadische Rockstar Bryan Adams irritierte diese Woche in den sozialen Medien mit Aussagen über «fledermausfressende, virusverursachende Mistkerle», die seine geplanten Konzerte verhindern würden.
Bild: Keystone

Die Coronakrise bringt auch Stars an ihre Grenzen. In letzter Zeit häufen sich problematische Posts von Prominenten auf Social-Media-Kanälen.

«Si tacuisses, philosophus mansisses» – hättest du geschwiegen, wärst du ein Philosoph geblieben. Diese Redewendung dürfte dem einen oder anderen in den letzten Tagen durchaus mal wieder durch den Kopf gegangen sein. Denn auf Social Media sehen sich derzeit auch eine Vielzahl von Prominenten bemüssigt, ihre Ansichten zur Corona-Krise zu verkünden – was in einigen Fällen kein besonders vorteilhaftes Licht auf sie wirft.

Diese Woche etwa wetterte der kanadische Rockstar Bryan Adams («The Summer of 69») auf seinem Instagram- und Twitter-Account über «fledermausfressende, virusverursachende Mistkerle», die dafür verantwortlich seien, dass die ganze Welt aktuell «on hold» sein müsse und er seine für diese Woche geplanten Konzerte nicht geben könne. Als Konsequenz riet er den Chinesen, künftig besser vegan zu leben.

Veganes Missionieren

Die Reaktionen darauf liessen nicht lange auf sich warten. Vertreter der chinesischen Gemeinschaft in Kanada kritisierten die Äusserungen des Popstars als «unverantwortlich und rassistisch».

Mittlerweile hat sich der Sänger für seinen Ausraster entschuldigt und alle um Verzeihung gebeten, die sich «durch meine Posts angegriffen gefühlt haben». Er habe lediglich auf Missstände hinweisen und einen veganen Lifestyle promoten wollen.

«Ich liebe alle Menschen gleich und meine Gedanken sind bei all jenen, die von dieser Pandemie betroffen sind», so Adams.

Tatsächlich ist es erstaunlich, dass ein sonst für seine Bodenständigkeit und sein freundliches Wesen bekannter Popstar wie Bryan Adams derart die Fassung verliert. Doch der Sänger ist nicht der einzige, dem die aktuelle Krise zusetzt – und auch nicht allein damit, zu meinen, dass er in der Lockdown-Phase zum Missionar für einen veganen Lifestyle werden müsse.

Vorzeige-Vegetarier Paul McCartney etwa twitterte bereits Ende April, dass es «schon ein wenig mittelalterlich» sei, Fledermäuse zu essen. Wildtiermärkte wie in Wuhan seien die Ursache von vielen Krankheiten, und die Chinesen hätten dieses Problem zu lösen, so der Ex-Beatle.

Auch für Queen-Gitarrist Brian May scheint klar, dass die Pandemie durch Fleischkonsum ausgelöst worden ist. Es sei an der Zeit, «neue Wege zu denken, die anderen Spezies kein Leid zufügt», so der Musiker via Instagram und Twitter.

Beliebte Verschwörungstheorien

Nun ist nichts dagegen einzuwenden, wenn sich Prominente für einen gesunden Lifestyle engagieren und einen nachhaltigen Umgang mit der Umwelt propagieren. Problematisch wird es, wenn sie sich wie im Fall von Bryan Adams in Schuldzuweisungen üben; zumal es rund um den Auslöser der Pandemie noch viele Fragzeichen gibt.

Noch heikler sind jene Stars und Sternchen, die sich vor den Karren von Verschwörungstheoretikern spannen lassen. So postete etwa der für seine eigenwilligen Ansichten bekannte deutsche R&B-Star Xavier Naidoo zuletzt ein Video, in dem er behauptet, die Regierung nutzte die herrschende Pandemie als tödliche Waffe.

Im Facebook-Film richtet sich Naidoo an die Politik und wirft ihr vor, «die Alten» gezielt töten zu wollen. Zudem hinterfragt er, ob die aktuelle Pandemie überhaupt real sei. Immerhin habe er «noch keine Beweise gesehen, die die Gefährlichkeit des Virus belegen» würden.

Chronologie der Coronakrise

Mit solchen Ansichten steht der Sänger keinesfalls alleine da. Auch andere Prominente wie Rapper Sido, der deutsche Kochbuch-Autor Attila Hildmann oder die frühere TV-Moderatorin Eva Herman haben sich zuletzt in diese Richtung geäussert und nutzen ihren Bekanntheitsgrad, um über Social Media Spekulationen in die Welt zu setzen.

Das wirkt offenbar ansteckend. Selbst sonst eher auf Selbstdarstellung und Körperkult bedachte Reality-TV-Sternchen wie der deutsche «Love Island»-Teilnehmer Jan Sokolowsky postete diese Woche auf seinem Instagram-Account «alternative Wahrheiten» über das Corona-Virus – was bei seinen Followern nicht nur gut ankam. Inzwischen hat der Influencer diesen Post wieder gelöscht.

Stars sind auch nur Menschen

Alle diese Beispiele stehen letztlich für die Vor- und Nachteile von Social Media. Ohne kontrollierende Instanzen wie Management oder PR-Berater dazwischen kann man Prominente auf Instagram, Twitter oder Facebook so unverfälscht wie sonst nirgends erleben.

Allerdings erstaunt es schon, wie naiv sich manchmal selbst gestandene Show-Profis ins Abseits posten. Zumal sie im Gegensatz zu den meisten ihrer Follower auch sonst eine Bühne hätten, auf der sie sich präsentieren und falls nötig mitteilen können.

Letztlich sind Stars aber auch nur Menschen. Manchmal fällt ihnen in dieser schwierigen Zeit die Decke genauso auf den Kopf wie allen anderen. Und auch sie merken offenbar oft erst wenn's zu spät ist, dass sie vielleicht doch besser hätten schweigen sollen.

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