Kolumne am Mittag Bill Kaulitz und die vergessene Frau

Von Bruno Bötschi

23.2.2021

«Klar denke ich darüber nach, irgendwann mal in Italien auf dem Land zu sitzen und die Eier zu schaukeln»: Bill Kaulitz, Sänger von Tokio Hotel.
«Klar denke ich darüber nach, irgendwann mal in Italien auf dem Land zu sitzen und die Eier zu schaukeln»: Bill Kaulitz, Sänger von Tokio Hotel.
Bild: Getty Images

Bill Kaulitz, Sänger von Tokio Hotel, hat gerade seine Autobiografie publiziert. Im Buch erzählt er von seiner Karriere – und vergisst dabei, eine wichtige Person zu erwähnen.

Es sei Terror gewesen. «Es hat krasse Belagerungen, Stalking-Attacken gegen unsere Familien gegeben, unsere Mutter wurde bespuckt und getreten, Vermummte lauerten uns auf.» Wer das «Spiegel»-Gespräch mit «Tokio Hotel»-Sänger Bill Kaulitz liest, reibt sich verwundert die Augen und denkt:

Wie hält ein junger Mensch so etwas überhaupt aus?

Kaulitz ist 31 und hat gerade seine Autobiografie «Career Suicide» publiziert – mithilfe einer Ghostwriterin. Was nicht weiter schlimm ist, die meisten Stars, die ihr Leben in ein Buch stecken, machen das so. Sprich: holen sich Hilfe beim Schreiben.

Tina Turner tat das auch. Es war die erste Autobiografie, die ich gelesen habe. Ich mag diese Art von Büchern. «Mein Leben» ist der Titel des 1986 erschienenen Buches. Turners Hilfe beim Schreiben war Kurt Loder, ein Musikjournalist. Sein Name steht auf dem Cover des Buches.

Er hat Angst, zu vergessen

Beim Buch mit dem Titel «Karriereselbstmord», ich rede jetzt wieder von Herrn Kaulitz, ist die Ghostwriterin auf dem Cover nicht erwähnt. Ist ja nicht weiter schlimm, denn Stars können heute alles. Und Herr Kaulitz sowieso – er hat mit seiner Band als spindeldürrer Jüngling von Magdeburg, Deutschland, aus die Welt, na ja, sagen wir: die halbe Welt, erobert.

Kaulitz sagt im «Spiegel», er habe schon lange mit dem Gedanken gespielt, seine Autobiografie zu schreiben. «Allein aus der Sorge, ich könnte vergessen, was alles passiert ist. Eine meiner grössten Ängste ist die vor der Demenz.» Schön, macht sich endlich mal einer schon in jungen Jahren Gedanken über das Alter.

Im Buch ist über das erste Koks-Erlebnis (mit 18) zu lesen, über eine Dreiecksbeziehung mit seinem besten Freund und dessen Freundin und über seine Schwägerin Heidi Klum und ihre vier Kinder («Ich verbringe viel Zeit mit den Kids»). Und immer wieder Gedanken an die Zukunft: «Klar denke ich darüber nach, irgendwann mal in Italien auf dem Land zu sitzen und die Eier zu schaukeln.»

Seit einiger Zeit häufiger zusammen unterwegs: Heidi Klum, Tom und Bill Kaulitz.
Seit einiger Zeit häufiger zusammen unterwegs: Heidi Klum, Tom und Bill Kaulitz.
Bild: Patrick McMullan/Getty Images

Und dann natürlich die Frage, auf was Bill Kaulitz steht, Männer oder Frauen? Diese Antwort ist, laut «Spiegel», das grosse Geheimnis des Sängers. Und wird offenbar in der Autobiografie nicht eindeutig beantwortet. Kaulitz hingegen behauptet, er erzähle im Buch das Leben so, wie «ich es gelebt habe». Äh, wie soll man sein Leben sonst in einer Autobiografie erzählen?

Ich war nie Fan von Tokio Hotel. Was möglicherweise damit zu tun hat, dass ich deutlich älter bin als Herr Kaulitz. Trotzdem dachte ich kurz darüber nach, seine Autobiografie zu kaufen. Wie gesagt, ich mag Biografien sehr.

Nachdem ich das «Spiegel»-Gespräch gelesen hatte, entschied ich mich gegen den Kauf, stattdessen las ich die Besprechung «Ist Bill Kaulitz dauerspitz?» von Simone Meier. Und ich versuchte herauszufinden, wer die Ghostwriterin von Herrn Kaulitz ist. Aber nicht einmal auf der Website des Ullstein-Buchverlages ist ihr Name erwähnt.

Ooch, Mensch, Bill.

Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.

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