Bo Burnham spricht während «Inside» selten direkt in die Kamera. Seine Botschaften sind dabei keine leichte Kost. Hier ganz am Anfang des Specials und aufgrund der Haarlänge wohl auch früh im Jahr 2020.
Der Komiker, sichtlich angeschlagen, projiziert seine eigenen Monolog über Suizid auf seine Brust.
Bei einem Geistesblitz ist die Technik immer gleich zur Stelle: Hier nahm er bewusst einen kurzen Monolog in chaotischem Setting auf.
Die Müdigkeit nach einem Jahr Isolation ist durch den Bildschirm spürbar.
Voller Technik und ein Ziel: In diesem Raum hat Burnham sein Special gedreht.
Alle Auftritt und Songs sind mit Licht, teils auch mit Tanz konzipiert. Mit Schaltern am Boden verändert Burnham während eines Songs die Atmosphäre. Warum er dies in Unterwäsche tut, das weiss wohl nur er.
Bo Burnham spricht während «Inside» selten direkt in die Kamera. Seine Botschaften sind dabei keine leichte Kost. Hier ganz am Anfang des Specials und aufgrund der Haarlänge wohl auch früh im Jahr 2020.
Der Komiker, sichtlich angeschlagen, projiziert seine eigenen Monolog über Suizid auf seine Brust.
Bei einem Geistesblitz ist die Technik immer gleich zur Stelle: Hier nahm er bewusst einen kurzen Monolog in chaotischem Setting auf.
Die Müdigkeit nach einem Jahr Isolation ist durch den Bildschirm spürbar.
Voller Technik und ein Ziel: In diesem Raum hat Burnham sein Special gedreht.
Alle Auftritt und Songs sind mit Licht, teils auch mit Tanz konzipiert. Mit Schaltern am Boden verändert Burnham während eines Songs die Atmosphäre. Warum er dies in Unterwäsche tut, das weiss wohl nur er.
Bo Burnham hat über ein Jahr lang das Werk «Inside» produziert – komplett allein. Obwohl er ein Comedian ist, könnte das Werk ernster nicht sein. Ein Einblick in die Welt eines Zynikers, der mit der sozialen Isolation kämpft.
«Ohne dieses Projekt würde ich mir eine Kugel in den Kopf jagen», gesteht Bo Burnham und hält sich den Zeigefinger an die Schläfe. Der Komiker sieht nicht gut aus, wirklich nicht.
So eröffnet er sein Netflix-Special «Inside».
Der junge Amerikaner zog sich vor fünf Jahren aus der Öffentlichkeit zurück, er litt während seiner Bühnenauftritte unter schweren Panikattacken. Die Auszeit habe er genutzt, um stabiler zu werden. Im Januar 2020 fasste er gar den Entschluss, es nochmals zu versuchen – «und dann passierte diese lustige Sache», spielt er auf die Pandemie an.
Seine mentale Gesundheit erlitt dadurch einen herben Rückschlag, also entschied er sich, zu Hause ein neues Programm aufzunehmen. Allein in einem kleinen Raum. Er schrieb, sang, filmte, schnitt, beleuchtete alles selbst.
Ungefiltert und kaputter mit der Woche
«Inside» wird auf Netflix als «Comedy» kategorisiert, das ist allerdings eines der letzten Attribute, die ich für das Werk verwenden würde.
Es grenzt an eine Charakterstudie, ein Einblick in das Leben eines Menschen, der mit der aktuellen Situation nicht klarkommt – ja, damit kämpft.
Über ein Jahr lang arbeitet er am Projekt, das ihn «ablenkt von seinem eigenen Kopf». Seine Haare werden länger, die Augenringe dunkler.
Der 30-Jährige war nie einer, der ein Blatt vor den Mund nimmt. An dem hält er auch bei «Inside» fest. Er stellt sich wiederholt die Frage: «Sollte ich in dieser Zeit wirklich Witze reissen?» Er wolle die Welt mit seiner Comedy heilen. Im ersten musikalischen Beitrag singt er daraufhin etwa: «Ist dein Haus voller Rauch, ruf mich an und ich erzähl dir einen Witz.»
Das ist düster.
Die kaputte Generation
Bitterernste Themen packt Burnham in fröhliche Melodien und offenbart, was sich hinter der Fassade von dieser «wunderschönen» Welt verbirgt. So im Lied «How the World Works», das konzeptionell an die Sesamstrasse erinnert. Als der Komiker eine Socke als Handpuppe zu Hilfe holt, erzählt jene, wie die heutige Gesellschaft auf Blut aufgebaut ist. Wie sich die politischen Lager gegenseitig attackieren, statt dem Volk zu helfen. Wie staatliche Institutionen wie die Polizei sich nur um die Reichen scheren.
Einer ähnlichen Struktur folgt «Welcome to the Internet», hier fasst er die vielen positiven Punkte zusammen, die das World Wide Web mit sich gebracht hat. Doch auch das hält nicht lange.
«Hier ist ein neues Pasta-Rezept für dich, hier ist ein toter Neunjähriger. Willkommen im Internet, was darf es sein? Hier kannst du für die Bürgerrechte kämpfen oder eine rassistische Beleidigung tweeten», singt er munter.
Die Überstimulation von jungen Hirnen verursache eine Generation, die zwar das ganze Wissen der Welt mit sich trägt – jedoch ohne Filter. Ohne einen Sinn dafür zu generieren, was richtig oder falsch ist. Was wichtig oder nichtig ist.
«Mir geht's ... nicht gut»
Wie erwähnt, produzierte Bo Burnham das Werk komplett allein. In Zwischensequenzen kämpft er mit der Technik, programmiert seine Lichter – oder rastet dieses eine Mal aus, weil er mit einer Aufnahme wiederholt unzufrieden ist.
In seltenen Fällen adressiert er das Publikum direkt und spricht darüber, warum er das Projekt angefangen hat – und er nicht weiss, ob er es jemals fertigstellt. Davor habe er Angst. Die Angst, sich danach wieder in seinem kaputten Kopf zu verlieren.
Mehrfach gibt er zu, dass es ihm nicht gut geht. Er weint vor der Kamera. Burnham versichert allerdings, er wolle sich nicht umbringen und versucht suizidalen Menschen gut zuzureden, was ihm nicht wirklich gelingt. Währenddessen wird dieser Monolog von ihm selbst beobachtet, mit trister Miene.
«Inside» ist ein trauriges Meisterwerk. Insbesondere wegen der riesigen Eigenleistung, den Themen, die den Nerv der Zeit treffen. Das grösste Lob dürfte aber an die unfassbare Transparenz gehen, die Bo Burnham während des Specials an den Tag legt. Er beschönigt nichts und zeigt, was die Pandemie, Quarantäne, der Lockdown mit Menschen machen kann, die allein und psychisch labil sind.
Zum Abschied singt er die Ballade «Goodbye» und beobachtet sich selbst, wie er den kleinen Raum verlässt. Ein Einspieler von klatschendem Publikum erwartet ihn draussen. Und er lächelt.
«Bo Burnham: Inside» läuft auf Netflix.