Berlin«Wir sind hier!» – Venedigs Goldene Löwen an schwarze Künstlerinnen
SDA
23.4.2022 - 18:42
Die Britin Sonia Boyce und die US-Amerikanerin Simone Leigh haben am Samstag in der Lagunenstadt mit zwei Goldenen Löwen die wichtigsten Preise der Biennale in Venedig erhalten. Der Schweizer Länderpavillon ging leer aus.
23.04.2022, 18:42
23.04.2022, 18:51
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Auszeichnungen gab es dagegen für den Länderpavillon von Uganda und den libanesischen Künstler Ali Cherri. Einen Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk bekam zudem die Düsseldorfer Künstlerin Katharina Fritsch.
Boyce erhielt die Auszeichnung für ihre Arbeit im britischen Pavillon. Sie sieht in dem Preis auch ein Zeichen für die internationale schwarze Kunstszene. «Wir sind hier. Wir gehen nicht mehr weg», sagte Boyce der Deutschen Presse-Agentur in Venedig zur Bedeutung der Auszeichnung. Es gebe ungemein viele Talente unter schwarzen Künstlerinnen und Künstlern.
Boyce, die auch Professorin für Black Art und Design ist, gilt seit Jahrzehnten als wichtige Vertreterin im Kampf um Anerkennung für Künstlerinnen und gegen Rassismus. Im britischen Pavillon zeigt sie mit ihrer Arbeit «Feeling Her Way» die Kraft weiblichen Gesangs.
Lange Schlangen vor Frankreich-Pavillon
Ebenfalls besonders erwähnt wurde der französische Pavillon, vor dem sich auf dem Biennale-Gelände seit Tagen lange Schlangen von Interessierten bilden. In den unter anderem von den beiden Direktoren des Hamburger Bahnhofs in Berlin, Sam Bardaouil und Till Fellrath, kuratierten Räumen analysiert die französisch-algerische Künstlerin Zineb Sedira anhand rekonstruierter Szenen in einer Mischung aus Dokumenten und Fiktion Fragen von politischen Umbrüchen und Feminismus.
Die US-Amerikanerin Leigh ist gleich zweimal vertreten, sie hat auch den Länderpavillon der USA gestaltet, in dem sie mit ihren grossformatigen Skulpturen selbstbewusst Rolle und Aufbruch der schwarzen Community thematisiert.
Ausgezeichnet wurde Leigh für ihren Beitrag in der bereits seit Tagen gefeierten Biennale-Ausstellung «The Milk of Dreams» der in New York lebenden Kuratorin Cecilia Alemani. Ihre Grossplastik einer wie verblendet erscheinenden Schwarzen steht am Anfang des zweiten Biennale-Areals Arsenale. Der Libanese Cherri wurde für seine multimediale Installation «Of Men and Gods and Mud» als hoffnungsvoller Newcomer ausgezeichnet.
Die für ihre Plastiken international bekannte Fritsch eröffnet mit einer Arbeit den zentralen Raum in den Giardini von Venedig. Im Eingangsbereich empfängt Fritschs lebensgrosser «Elefant» von 1987 die Besucherinnen und Besucher. Neben Fritsch erhielt auch die chilenische Künstlerin Cecilia Vicuña einen Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk.
«The Concert» im Schweizer Pavillon
Ohne Auszeichnung blieb der Schweizer Länderpavillon. Dieser wird mit der Ausstellung «The Concert» bespielt. Dahinter stecken die gebürtige marokkanische Künstlerin Latifa Echakhch, der Perkussionist Alexandre Babel und der Kurator Francesco Stocchi. Der Pavillon steht für den Zwiespalt einer nationalen Gliederung der Pavillons und dem Selbstverständnis der meisten zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstler, die sich von Nationalismen längst verabschiedet haben.
Den Verantwortlichen bei Pro Helvetia geht es in Venedig denn auch nicht um nationale Selbstdarstellung oder das Bedürfnis, genuin schweizerische Kunst zu präsentieren, sondern um Kulturförderung, wie bei der Stiftung immer wieder betont wird.
«The Concert» ist eine Art Zeitreise gegen den Uhrzeigersinn. Düstere Überreste von Kunst empfangen die Besucherinnen und Besucher bereits im Vorgarten des Pavillons. Im Bau ändert sich dann die Atmosphäre von Raum zu Raum. Skulpturen, die von der volkstümlichen Bildhauerei inspiriert sind, werden zusehends von einer sich ausbreitenden Dunkelheit verschluckt – als laufe die Zeit rückwärts vom hellen Tag zum vorherigen Abend.
213 Künstler aus 58 Ländern
Biennale-Kuratorin Alemani hat für «The Milk of Dreams» 213 Künstlerinnen und Künstler aus 58 Ländern mit mehr als 1500 Arbeiten eingeladen. Der Titel geht zurück auf ein Kinderbuch der surrealistischen Künstlerin Leonora Carrington (1917–2011), die darin eine sich durch Imagination ständig neu erfindende magische Welt beschreibt. Daneben präsentieren sich 80 Nationen mit ihren Länderpavillons.
Die Kunstbiennale gilt neben der documenta in Kassel als wichtigste Ausstellung für Gegenwartskunst. Die 59. Biennale, coronabedingt um ein Jahr verschoben, ist seit Samstag bis zum 27. November geöffnet.
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