InterviewBligg: «Ich bin selber Vater und kann dem nachfühlen»
Von Carlotta Henggeler
4.12.2019
Er ist einer der erfolgreichsten Musiker der Schweiz. Mundart-Artist Bligg über Kinderkonzerte, warum er bei «Art on Ice» auftritt und wieso er wegen einer Verletzung nicht mehr Schlittschuh laufen kann.
Nichts von gemütlicher Vor-Weihnachtszeit. Bligg gibt gerade Vollgas. Ein neues Unplugged-Album, ein Weihnachts-Song, eine bevorstehende Tournee – samt Kinderkonzerte – und mitten in den Vorbereitungen zum «Art on Ice 2020».
Wir steigen ebenfalls mit viel Tempo ein und starten mit einem verbalen Pingpong.
Bligg: Lieber Bratwurst mit Pommes oder Sushi?
Sushi, geschmacklich zwar nicht. Aber ich achte ein wenig auf meine Ernährung, deshalb Sushi.
Lieber ‹Tatort› oder ‹The Voice›?
‹The Voice›, ‹Tatort› hat zwar Kultstatus, der auch berechtigt ist. Der geht an mir vorbei.
Lieber Loredanas neues Album (‹King Lori›) oder ‹Nirvana Unplugged›?
Das ist eine gemeine Frage. Loredana hat letzthin in einem Interview gesagt, dass sie mit meiner Musik aufgewachsen sei. Was meinen Musik-Background betrifft: Ich bin mit Nirvana aufgewachsen, ihr Unplugged Album ist legendär, das toppt man nicht so schnell. Also entscheide ich mich für Nirvana.
Ihr neues Album ‹Bligg unplugged› ist gerade erschienen. Wie entstand die Idee?
Seit 20 Jahren mache ich schon Musik. Angefangen habe ich in kleinen Clubs. 2008 hatte ich den Durchbruch, bin in grösseren Hallen aufgetreten, haben in grosse Produktionen investiert, das bedeutetet viel Verantwortung – auch in finanzieller Hinsicht. Ich kenne wenige Schweizer Musiker, die einen solchen Katalog vorweisen können. Mit Unplugged-Alben ist es so ähnlich wie mit Biografien, ein Mensch sollte schon einiges erlebt haben, um eine schreiben zu können. Und so ähnlich ist es mit einem Unplugged-Album.
Also braucht es dazu viel Erfahrung.
Genau, es setzt ein gewisse History voraus. Die habe ich. Ausserdem ist es für mich als Künstler eine gewisse Abwechslung. Es sind nicht komplett neue Songs. Das Album besteht zu 80 Prozent aus Hits und die restlichen 20 Prozent habe ich zusammen mit meinen Fans entschieden. Ich habe dazu eine Online-Umfrage gestartet. Für neuere Fans gibt es ein paar Überraschungen. Und einen brandneuen Song dazu, ein Weihnachtssong. Ein sehr warmer Song, der in diese kalte Vor-Weihnachtszeit passt. Und es wird ein Gegengift gegen all die «Last Christmas»-Songs. Meiner ist zynisch, obwohl ich Weihnachten sehr mag.
Mit den Unplugged-Liedern gehen Sie auf Tournee. Unplugged heisst ohne Strom. Auf der Bühne sind Sie aber eine Rampensau. Werden Sie jetzt leiser, ruhiger?
Genau! Das ist ein Grund, weshalb ich das mache. An meinen Konzerten geht es voll ab, das soll auch weiterhin der Fall sein, aber zur Weihnachtszeit finde ich es schön, sich zurückzubesinnen. Ich trete wieder in kleineren Clubs auf, wir suchen vermehrt die Nähe zu den Fans. Ich werde dann in diesem Rahmen auch ein paar Geschichten zu meinen Songs erzählen, die bisher keinen Platz hatten.
Ich bin ein sehr textorientierter Künstler, wer das Album schon gehört hat, der weiss: Es kommt aufs Wesentliche reduziert daher. Auch an den Konzerten wird es so sein. Das wird ein ganz anderes Hör-Erlebnis.
Zum ersten Mal treten Sie nachmittags auf und geben Kinderkonzerte. Wie kann man sich das vorstellen, wie eine grosse Geburtstagsparty?
Es sind Familienshows und keine Kinderpartys. Es werden keine Clowns oder Leute in Kostümen auftreten. Es ist eine Bligg-Show, aber nachmittags, damit die kleinen abends rechtzeitig ins Bett kommen. In den letzten Jahren wurden wir immer wieder angefragt, ob wir die Shows für die Kids früher starten könnten. Sonst gingen die Eltern in der Hälfte der Show mit den Knöpfen nach Hause, weil die am nächsten Tag in den Kindsgi mussten. Ich bin ja selber Vater und kann dem nachfühlen.
Die Show ist für Kids ab sechs Jahren. Kriegen sie ein Kids-gerechtes Konzert serviert?
Ich werde das eine oder andere nicht-kindergerechte Wort weglassen. Da werde ich zurückhaltender sein, auch mal ein Kind auf die Bühne nehmen. Danach gibt es eine Autogrammstunde. Es wird ein familiäreres Ambiente.
Quasi Bligg light …
Ja, könnte man auch sagen.
Von der Konzertbühne aufs Glatteis. Nächstes Jahr sind Sie einer der musikalischen Hauptacts von ‹Art on Ice›. Können Sie überhaupt Schlittschuhlaufen?
Doch, früher könnte ich das. Aber ich bin absolut kein Wintersportler. Ich kann nicht Skifahren, meine Eltern hatten früher kein Geld dafür. Ich bin mit den anderen Ausländer-Kindern mit einem Plastiksack unter dem Hintern einen Hügel runtergerutscht. Das kennen viele mit Migrationshintergrund. Aber Schlittschuhlaufen ist anders. Ich bin in Schwamendingen aufgewachsen, beim Hallenstadion hat es eine Eisbahn, da sind wir mit der Schule hin. Man hat dem ZSC beim Training zugeschaut, das war ein Highlight. Früher konnte ich recht gut schliefschüenle.
Und heute?
2010 haben wir in New York am «Bart aber herzlich»-Album gearbeitet und ich war im Central Park Schlittschuhlaufen. Ich habe gestaunt, ich konnte es noch immer. Es ist wie Velofahren. Leider hatte ich vor vier Jahren eine Sprunggelenk-Verletzung, die Ärzte haben mir 14 Schrauben und eine Metallplatte eingesetzt. Wegen der fehlenden Mobilität traue ich mich nicht mehr auf die Schlittschuhe.
Ja, auch internationale Künstler wie Aloe Blacc und Rebecca Ferguson sowie internationale EiskunstathletInnen sind dabei. Und wir sind auch beim Storytelling und den Kostümen involviert. Das wird ein Wahnsinns-Spektakel, es ist auch das 25-jährige Jubiläum.
Dort dabei zu sein ist eine Art Ritterschlag?
Kann man so sagen. Es ist ein Privileg für einen Künstler dabei zu sein, es ist einer der grössten Shows Europas.
Danach machen Sie mal eine Pause?
(lacht). Im Gegenteil. Ich bin an einem neuen Projekt dran, es wird etwas Grosses, aber mehr dazu kann ich nicht sagen.
Schade.
Sagen wir: Ich werde meinen Wurzeln treu bleiben, meinen Texten und der Mundartmusik.
Der Berner Mundartrocker Polo Hofer starb am 22. Juli 2017 in Oberhofen am Thunersee. Im Mai 2017 posierte er dort noch während der Enthüllungszeremonie seines Denkmals mit einem Glas Champagner.
Bild: Keystone
Die Statue wurde vom Künstler Inigo Gheyselinck aus einer Weisstanne aus Polo Hofers Heimatort Interlaken hergestellt.
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Polo Hofer als Schweizer des Jahres bei der SwissAward Galashow im Zürcher Hallenstadion am Samstag, 9. Januar 2016.
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2016 wurde bekannt, dass Polo Hofer an Lungenkrebs erkrankt war . Sein letztes Album «Ändspurt» erschien am 8. Januar 2016.
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Mundartrocker Polo Hofer und die Schweizerische Post lancierten 2013 eine von Hofer selbst gestaltete Sonderbriefmarke.
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Typisch Polo Hofer: Der Sänger hatte 2012 – einen Monat vor dem Nationalfeiertag – seine ganz persoenliche Rede zur Lage der Nation verfasst und auf den ersten von insgesamt 140 Emmentaler-Laiben geklebt.
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Für Mundartrocker Polo Hofer gings stets hoch hinaus.
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Polo Hofer war nicht nur ein erfolgreicher Musiker und begnadeter Verkäufer - er tanzte immer schon auf vielen Bühnen. Für ein provokantes Polit-Statement war er immer zu haben.
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Der Interlakner Polo Hofer war Mitbegründer der ersten Schweizer Mundartrock-Band. Rumpelstilz wurden mit Songs wie «Kiosk» und «Teddybär» berühmt, aber auch mit Klassikern wie «D Rosmarie und i» oder «Die gfallene Ängel».
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Hofer erledigte auch viele Auftragsarbeiten, so schuf er die Hymne des Piratensenders «Radio 24» und rief 1987 zum Kampf gegen Aids auf («Im Minimum e Gummi drum»).
Bild: Keystone
Die Berner Rocklegende Polo Hofer begleitet seinen Hamburger Kollegen, den deutschen Rockstar Udo Lindenberg, auf die Buehne im Wankdorfstadion in Bern, am 10. September 1989.
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