Betrugsskandal Loredana freigesprochen – was geschah beim Verfahren genau?

fts

9.10.2020

Loredana und ihr Anwalt Tome Gashi.
Loredana und ihr Anwalt Tome Gashi.
Keystone

In der Öffentlichkeit den Ruf wahren, insgeheim alles gestehen: Wie viel hat Loredana ihrem Opfer bezahlt und weshalb hat sich die Staatsanwaltschaft darauf eingelassen? Die Einstellungsverfügung gibt Antworten.

Der Fall um die Schweizer Rapperin Loredana, welche übrigens die erfolgreichste Musikerin der Schweiz ist, hat das Land bewegt. Über eine halbe Milliarde Klicks verschreibt die gebürtige Kosovarin auf Youtube.

Und wie kam es nun zu dem Erfolg? Die Luzernerin nutzt die sozialen Medien gescheit und füllt eine Nische im Musikgeschäft. Der melodiöse Strassenrap findet ihre Zielgruppe bei den Teenagern – zudem ist Loredana eine der ersten Schweizer Frauen im deutschsprachigen Raum, die solche Musik produzieren. Das Konzept ist allerdings ein beliebtes in dieser Ecke der Musikwelt: Auch die Schweizer Rapperin erzählt die Geschichte der Tellerwäscherin, die Millionärin wird.



Loridana Aliu Zefi, wie die Mikrofonakrobatin wirklich heisst, gibt gerne mit Geldbündeln oder dicken Karren an, es gehört zu ihrem Lebensstil. Sie trifft damit den Nerv der Zeit auch in Deutschland, wo sie sogar noch höhere Wellen geschlagen hat als hier.

«Watson» recherchierte und fasste den gesamten Betrugsfall um Loredana detailliert zusammen. Ihre Vorgeschichte kam 2019 ans Licht, als eine 52-jährige Walliserin unter dem Pseudonym Petra Z. in «20 Minuten» von ihrer Erfahrung mit Betrügereien erzählte. Sie sei von Loredana und ihren Brüdern abgezockt worden. Die Masche war dabei sehr schlicht und genauso effektiv.

Es lief wie am Schnürchen

Die Walliserin lernte Loredanas ersten Bruder über einen Internet-Chat kennen, er gab vor, für eine angebliche Operation 200'000 Franken zu benötigen. Petra Z. wollte helfen und lieh ihm das Geld.

Der zweite Bruder verwies die Walliserin auf eine Anna Landmann, uneheliche Tochter des Strafverteidigers Valentin Landmann. Diese Frau gaukelte ihr vor, sie könne das Geld zurückholen. Leider fielen dafür aber Vorleistungen an. Petra Z. verlieh ihr Geld abermals.

Dank der Geschichte über eine Influencerin auf Instagram in «20 Minuten» horchte die Walliserin auf: Sie erkannte die Musikerin Loredana als vermeintlich gleiche Frau wie Anna Landmann.



Darauf angesprochen, versicherte ihr Loredana, sie würde hauptsächlich als Anwältin arbeiten und als Hobby ein paar Songs schreiben. Mithilfe eines selbstsicheren Auftritts kann sie das Vertrauen von Petra Z. zurückgewinnen. Insgesamt wurde die Walliserin um 432'000 Franken betrogen – dem Startkapital für Loredanas Karrierepläne.

Laut «Watson» verstrich nach der Strafanzeige 2018 ein ganzes Jahr, bis die Polizei die Rapperin festnahm und ihr Haus durchsuchte. Die negative Presse schadete Loredana aber nicht, im Gegenteil. Ihre Streamingzahlen schossen in die Höhe.

Endlich wurde sie ihrem Image als Gangster-Rapperin auch gerecht. In der Öffentlichkeit gab sie vor, sie sei unschuldig. Im Strafverfahren jedoch entschuldigte sich Loredana bei ihrem Opfer, dies berichtet «Watson» und beruft sich dabei auf die zwölfseitige Einstellungsverfügung.

Als publik wurde, dass die 25-jährige Rapperin den Schaden mit einer Zahlung wieder gut gemacht hatte, zeigte die Presse nur marginales Interesse. Die Zahlung war dabei einiges höher als der angegebene Schaden von 432'000 Franken.

Loredana bei ihrem Gewinn des MTV Music Awards.
Loredana bei ihrem Gewinn des MTV Music Awards.
Keystone

Loredana gab ihr Fehlverhalten, das Unrecht ihres Handelns zu und übernehme dafür die volle Verantwortung, zitiert «Watson» die Einstellungsverfügung. Insgesamt zahlte Loredana ihrem Opfer 609'000 Franken – mehr als der Schaden, der ihr nachgewiesen werden konnte. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis gab ausserdem zu Protokoll, dass sich das Opfer zu leichtgläubig verhalten habe. Loredana konterte mit «grossem psychischem Druck», den sie ausgeübt habe.

Eine schneeweisse Weste

Für Loredana sprach, dass sie sich gegenüber den Behörden von Minute eins an mit Reue und Einsicht präsentiert habe. Daher sei eine bedingte Strafe angemessen. Ins Gefängnis muss die Rapperin also nicht, solange sie nicht rückfällig wird.

Zudem interessant, wie «Watson» vermerkt: Gewerbsmässiger Betrug sei ein Katalogdelikt der Ausschaffungsinitiative. Bei einer Verurteilung hätte man die Rapperin zurück in den Kosovo geschickt. Obwohl Loredanas Karten gut stehen würden, als Härtefall durchzukommen. Sie hat ein Kind mit Familie in Luzern und ihre Musik hat deutsche Texte.

Die Pointe sei diese: Trotz ihres Schuldeingeständnisses vor den Behörden gilt Loredana nun offiziell als unschuldig. Ihr Image ist also gerettet, sie bleibt frei von Vorstrafen und kann sich von grossen Firmen vermarkten lassen. Das Phänomen Loredana rollt weiterhin durch die Charts – als nächstes wohl im Dezember, dann erscheint nämlich ihr zweites Album «Medusa».

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