TV-Experte «Mini Schwiiz, dini Schwiiz»: Schuelreisli-Groove total

Gion Mathias Cavelty

8.1.2019

«Mini Beiz, dini Beiz» ist zu Ende – und dann? Kommt nichts. Ach, doch! Ob es sich lohnt, bei der Nachfolgesendung einzuschalten, weiss TV-Experte Gion Mathias Cavelty.

Seit letzter Woche ist «Mini Beiz, dini Beiz» Geschichte. Trotz der doofen Off-Stimme habe ich die Sendung geliebt und keine Folge verpasst. Am besten hat mir immer die Notenvergabe am Schluss gefallen. Wie hinterhältig sich da gewisse Kandidaten verhielten! Was für Unschuldsgesichter sie machten, wenn sie den Beizen ihrer Konkurrenten aus eiskalter Berechnung zu wenig Punkte gaben, damit IHRE Stammbeiz gewinnt! Ohne mit der Wimper zu zucken. Mit gespieltem, typisch schweizerisch-biedermännischem Bedauern. Köstlich! Eine grossartige Möglichkeit zum Menschenstudium war «Mini Beiz, dini Beiz».

Die Fragen aller Fragen lautet jetzt natürlich: Kann einen die seit Montag auf dem gleichen Sendeplatz positionierte Nachfolgesendung «Mini Schwiiz, dini Schwiiz» gleichermassen begeistern?

Fünf Teilnehmer, ein Sieger

Das Konzept: Wieder treten fünf Kandidaten gegeneinander an. Jeder kriegt eine Folge lang die Chance, die anderen davon zu überzeugen, dass sein Wohnort der schönste/interessanteste/lebenswerteste der Schweiz ist. Und am Ende werden wieder Punkte von 0 bis 10 vergeben. Dies in den Bereichen 1. Tradition/2. Kulinarik/3. Freizeit. Am Freitagabend steht jeweils der Sieger fest.

Tönt super – es gibt unzählige Ortschaften in der Schweiz, die ich nur dem Namen nach kenne und eigentlich gerne mal besuchen würde; jetzt kriege ich die Antwort, ob sich ein Abstecher tatsächlich lohnt, quasi auf dem televisionären Silbertablett serviert.

Als erster Ort stand am Montagabend Windisch im Kanton Aargau im Scheinwerferlicht. Gut, da denkt jeder zuerst einmal an die Römer, und tatsächlich schleppte Lokalmatadorin Sandra Guerini ihre Gäste auf direktem Weg ins Römerlager Vindonissa zur Kampfausbildung («Tradition» – check!). Schuelreisli-Groove total.

Die Sache mit der Stimme

Zweite Station («Kulinarik») … HALT! Das Wichtigste hätte ich fast vergessen. Es geht um die Stimme. Sie wissen schon, DIE STIMME. Die, die einen schon bei «Mini Beiz, dini Beiz» zur Weissglut getrieben hat. Hat SRF die Chance genutzt und DIE STIMME in die Wüste geschickt? Wollen Sie die Antwort tatsächlich wissen? Nun: DIE STIMME ist wieder mit an Bord. Unverständlich, absolut unverständlich.

Aber zurück zur Windischer Kulinarik: Da ging es in die sogenannte «cuisine créative». Dort konnte sich jeder Kandidat ein eigenes «gestopftes Brötchen» zubereiten. Hm. Was genau hat Windisch mit gestopften Brötchen zu tun? Absolut nichts, meiner bescheidenen Meinung nach. Wurde das gestopfte Brötchen – de facto ein Sandwich – in Windisch erfunden? Nö. Ist Sandwich wenigstens ein Anagramm von Windisch? Nicht einmal das. Die einzige Verbindung ist, dass die «Kreativküche» von der Gemeindepräsidentin von Windisch betrieben wird.

Und was fiel Frau Guerini zum Punkt «Freizeit» ein? Nun: In einem örtlichen Kulturhaus namens Bossart-Schüür sang sie für ihre Mitstreiter englische Songs. Hatte mit Windisch auch nix zu tun, war aber sehr sympathisch.

Auch hier gibt's Noten

Die Noten, die die vier Gäste schliesslich verteilten, waren: 9, 8, 10 und noch einmal 9. Genau das stand zu befürchten. Nicht, weil Windisch die 36 Punkte nicht verdient hätte. Aber hier offenbart sich das Problem der neuen Sendung: Kein Kandidat wird es je wagen, eine schlechte Bewertung abzugeben. Warum? Bei «Mini Beiz, dini Beiz» konnte man sich höchstens ein paar Wirte und Köche zum Feind machen. Hier aber würde man es sich im Falle einer miesen Notengebung mit einer ganzen Ortschaft verscherzen. Und das will kein normaler Mensch. Ein Resultat unter 36 dürfte es nur ganz selten geben. Gähn.

Die erste Folge von «Mini Schwiiz, dini Schwiiz» lief am Montag, 7. Januar, um 18.15 Uhr auf SRF 1. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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