Sündenbock gesucht Wie ein Schweizer Banker in einem US-Gericht vorgeführt wurde

tsch

19.4.2018

Raoul Weil durchlitt einen Albtraum: Ein US-Gericht klagte den Schweizer Banker wegen der vermeintlichen Organisation und Durchführung von Steuerbetrug an. Ein grosser Fehler, wie sich herausstellen sollte.

Raoul Weil leitete einst das internationale Vermögensverwaltungsgeschäft der Grossbank UBS bis zu jenem schicksalshaften Tag am 12. November 2008, als die amerikanische Justiz Steuerbetrug beim Grosskonzern witterte. Die UBS rückte nach schwachem Widerstand die Daten potenzieller Steuerbetrüger heraus und wand den Kopf (nach einer Zahlung von 930 Millionen Franken) somit aus der Schlinge. Raoul Weil hingegen sollte seinen eigenen Kopf hinhalten: Er kam vor Gericht, quasi als Sündenbock. Doch auch wenn Justitia in ihrer allegorischen Darstellung die Augen verbunden hat, bedeutet das noch lange nicht, dass sie blind ist: Irgendwas ging nicht mit rechten Dingen zu, das wusste auch der ehemalige Banker, der sich nicht unterkriegen liess und um seinen guten Ruf zu kämpfen begann. Was wie ein Thriller klingt, hat sich tatsächlich so zugetragen. Regisseur Hansjürg Zumstein hat die Geschichte von Raoul Weil in einen spannenden Dokumentarfilm verpackt, den SRF 1 nun zur besten Sendezeit zeigt.

Als Schweizer Banker in den USA wegen Steuerbetrugs angeklagt

60'000 Mitarbeiter unterstanden Raoul Weil, bevor es zur Anklage kam. Er verwaltete die weltweit grösste Summe an Vermögensmilliarden. Doch war der Banker tatsächlich ein Mann mit weisser Weste? Oder lediglich einer, der nur eigene Interessen im Blick hatte? Wie sich irgendwann herausstellen sollte, hatte die amerikanische Justiz einen kolossalen Fehler begangen - zumindest, was die Causa Weil anbelangte. Nach den Vorwürfen musste der Schweizer jedoch zunächst seine Koffer packen und den Konzern verlassen. Dies sollte die Amerikaner aber nicht daran hindern, Raoul Weil bei einer Italienreise aufzuspüren und vor Gericht zu zerren.

Zum Verfahren kam es erst im Oktober 2014. Unzählige Dokumente lagen den US-Staatsanwälten vor - sie sollten den Bankier zu Fall bringen. Weder Kosten noch Mühen wurden für den Schauprozess gescheut: Über Wochen hinweg liess die Staatsanwaltschaft immer neue Kronzeugen antanzen, die Weil ans Messer liefern sollten. Allesamt ehemalige UBS-Mitarbeiter. Der Vorwurf konkretisierte sich: Raoul Weil habe nicht nur von den Betrügereien im grossen Stil Kenntnis gehabt, nein, er habe den Steuerbetrug sogar organisiert!

So kann sich das Blatt wenden

Die Lage schien aussichtslos, doch das Blatt begann, sich zu wenden: Weils Verteidigung nahm in Kreuzverhören die Zeugen auseinander und zeigte Lücken auf - nicht Raoul Weil, sondern Kronzeugen selbst zeichneten für die Organisation des Steuerbetrugs verantwortlich! Der Banker hatte davon keine Ahnung. Sein Freispruch war nur die logische Konsequenz.

In der Dokumentation erzählt Weil von der schlimmen Zeit in italienischer Haft bis zur Auslieferung in die USA. Er erklärt, wie er den Demütigungen vor Gericht standhalten konnte und wie die Prozessvorbereitungen vonstattengingen. Ohne die Unterstützung seiner Frau Susanne wäre der Banker jedoch niemals siegreich aus dem Prozess hervorgegangen - sie fand das entscheidende Dokument, das seinen Freispruch einleitete. Neben ihr kommen auch die damaligen Anwälte des Schweizers zu Wort. Sie geben Einblicke in ihre Strategie bei den Kreuzverhören.

Die Doku «Der Prozess: Ein UBS-Banker vor Gericht» läuft am Donnerstag, 19. April, um 20.05 Uhr auf SRF 1. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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