blue News ist in Cannes Depp kann König – und ziemlich gut Französisch

Von Gianluca Izzo, Cannes

23.5.2023

Das Cannes Film Festival trumpft in der ersten Woche mit einigen filmischen Delikatessen auf. Besonders stechen da die Performances von Alicia Vikander und Jude Law heraus.

Von Gianluca Izzo, Cannes

23.5.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die erste Festivalwoche in Cannes überzeugt mit historischen Werken und starken Protagonisten.
  • Dabei besonders herausgestochen ist «Firebrand» mit Jude Law und Alicia Vikander, die das Ehepaar Katherina und Henry VIII. spielen.
  • Im modernen Drama «Black Flies» nimmt sich Sean Penn eines Medizinstudenten an und geht mit ihm auf eine Sanitätsschicht in New York.

Neben den heiss erwarteten Blockbuster-Filmen wie James Mangolds «Indiana Jones and the Dial of Destiny» oder Martin Scorseses «Killers of the Flower Moon» offenbarte das Programm diverse weitere Besonderheiten und Überraschungen. blue News stellt ausgewählte Highlights des Festivals vor.

«Jeanne du Barry»

Jeanne Vaubernier ist eine junge Frau aus der Arbeiterklasse. Bereits im Kindesalter hat sie ihre Leidenschaft für die Lektüre entdeckt und gemerkt, dass ihr das simple Leben im Proletariat nicht genügt. Als Jugendliche lernt sie zudem ihre verführerischen Fähigkeiten kennen und weiss diese gekonnt einzusetzen. Ihr Charme findet auch bei den Männern der nobleren Schicht Anklang.

Zum Autor: Gianluca Izzo
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Gianluca Izzo berichtet direkt vor Ort über das Cannes Film Festival 2023. Er besuchte in vergangenen Jahren regelmässig die renommierten Festivals von Cannes, Venedig und Berlin und war selbst mehrere Jahre in der Filmindustrie tätig. Heute arbeitet er für blue Entertainment in der Programmplanung.

Sie wird die Geliebte des Grafen du Barry. Um seinen Einfluss in Versailles zu stärken, möchte er Jeanne dem König Louis XV. vorstellen. Als der König der ambitiösen jungen Frau zum ersten Mal begegnet, ist er sofort angetan von ihrer kecken, reizvollen Art. Dank Jeanne findet Louis XV. zu neuer Lebenslust und er kürt sie zu seiner Favoritin am Hofe. Der Skandal ist damit programmiert: Ein Mädchen von der Strasse möchte in Versailles niemand sehen – abgesehen vom König.

Johnny Depp als König in einem französischen Kostümschinken? Entgegen vielen Erwartungen funktioniert dies erstaunlich gut. Sein Auftritt als Herrscher von Versailles ist nicht überwältigend, aber solide, sein Französisch zudem einwandfrei. Regisseurin Maïwenn, die die Hauptrolle der Jeanne selbst übernimmt, scheint sichtlich Spass dabei zu haben, die Männer und insbesondere den König zu bezirzen und blüht als historischer Gold Digger regelrecht auf.

Auch wenn sich der Film viele erzählerische Freiheiten nimmt, wirkt es unterhaltsam und erfreulich, dem charmanten, verführerischen Zusammenspiel der beiden zentralen Figuren zuzuschauen. Zudem ist die visuelle Umsetzung mit der prunkvollen Darstellung des Königshauses von Versailles und der extravaganten Kostümierung absolut gelungen.

«Monster»

Die alleinerziehende Mutter Saori ist besorgt aufgrund des Verhaltens ihres Sohnes Minato. Der Junge wirkt bedrückt, spricht kaum ein Wort mit ihr und seine Zeichnungen wirken verstörend. Als sie erfährt, dass sein Lehrer Hori dafür verantwortlich ist und dieser Minato angeblich vorgeworfen hat, er habe das Hirn eines Schweines, reicht es Saori. Wutentbrannt stürmt sie in die Schule und sucht das Gespräch mit den verantwortlichen Lehrpersonen.

Doch statt der geforderten ausführlichen Diskussion erhält Saori von der Schuldirektorin und dem betreffenden Lehrer nur haufenweise Entschuldigungen. Als Minato plötzlich beschuldigt wird, seinen Mitschüler Yori gemobbt und geschlagen zu haben, gerät der Junge von der Opfer- in die Täterrolle. Die Geschichte nimmt damit eine völlig neue Wendung.

Der japanische Regisseur Hirokazu Kore-eda gilt als Meister des Familiendramas. Die Geschichten, die er in Filmen wie «Shoplifters» oder «Broker» erzählt, widmen sich aussergewöhnlichen Familien, die in speziellen Konstellationen und prekären Situationen leben. Trotz der tragischen Umstände bringt er bei seinen Erzählungen jedoch immer eine Warmherzigkeit und eine gewisse Unbeschwingtheit mit.

In seinem neusten Werk «Monster» sind die typischen Eigenschaften eines Kore-eda-Films zwar auch vorhanden, jedoch wirkt die Gesamterscheinung deutlich düsterer und mysteriöser. Der Spannungsaufbau erinnert zuweilen gar an jenen eines Mystery-Thrillers oder eines Horrorfilms. Und die Erzählstruktur an sich hat bereits mysteriösen, spannenden Charakter, indem sie aus drei Perspektiven erzählt wird und verzwickt aufgebaut ist. Doch auch in «Monster» kommt die herzerwärmende, berührende Seite nicht zu kurz. Während das Monstrum in der leicht beeinflussten Gesellschaft ergründet wird, entfaltet sich nebenbei die Geschichte einer wunderschönen, innigen Freundschaft zweier Kinder.

«Black Flies»

Der Medizinstudent Ollie Cross (Tye Sheridan) hat soeben seinen Teilzeitjob als Sanitäter begonnen. Bei seinen ersten Einsätzen auf dem harten Pflaster der New Yorker Innenstadt wird der gutgläubige, aufrichtige Rookie bereits mit Notfallsituationen der schlimmsten Sorte konfrontiert.

Während ihn Opfer von Schusswunden und häuslicher Gewalt oder Junkies mit Überdosen sichtlich schockieren, lässt dies seinen Vorgesetzten Rutkovsky (Sean Penn) mittlerweile kalt. Je länger Ollie für die Ambulanz tätig ist, desto mehr prägt dies sein Bild von der Gesellschaft und seinen eigenen Charakter.

Obwohl der intensive, zermürbende Thriller zu Beginn Mühe hat, in die Gänge zu kommen und zuweilen etwas repetitiv wirkt, entpuppt er sich insbesondere in der zweiten Hälfte als hochspannend, wirft moralische Fragen auf und vermag es, emotional zu berühren. Dies ist insbesondere dem jungen Shootingstar und Hauptdarsteller Tye Sheridan zu verdanken, der im Verlaufe der Geschichte einen bemerkenswerten Wandel durchmacht.

Der in New York lebende französische Regisseur Jean-Stéphane Sauvaire bietet den hart arbeitenden Sanitätern in der Grossstadt eine Plattform und verschafft ihnen damit die Anerkennung, die sie verdienen. Die Art und Weise, wie er ihren hektischen, aufwühlenden Arbeitsalltag einfängt, ist beeindruckend.

«Firebrand»

In Englands Tudorzeit, Mitte des 16. Jahrhunderts, wird Katherine Parr, die sechste und letzte Frau von König Henry VIII., zur Herrscherin des Landes ernannt, während sich ihr Ehemann auf Übersee im Kampf befindet. Während der Anwesenheit des Königs formiert sich eine radikale Gruppe von Protestanten, angeführt von Katherines bester Kindheitsfreundin. Katherine unternimmt alles Mögliche, um den Glauben der Protestanten zu fördern und eine neue Zukunft aufzubauen.

Als Henry zurückkehrt, ist er schwer erzürnt ob den Bewegungen ausserhalb des Königshauses und erteilt die Order, sämtliche Ketzer zu jagen und auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Und weil Henry Wind bekommt von Katherines Beziehungen zu den Ketzern, schwebt ihr Leben plötzlich in Gefahr. Einige seiner vorherigen Ehefrauen, hat der Tyrann kaltblütig ermordet. Katherine versucht alles, um ihren Mann zu besänftigen und zu Vernunft zu bringen, doch dessen Rage und Drang zur Unterdrückung werden immer grösser.

Alicia Vikander und Jude Law liefern in diesem durchwegs spannend erzählten Historiendrama bestechend gute Performances ab. Bei aller Tyrannei und Grausamkeit hat Laws König auch eine humorvolle und eine verletzliche Seite, was seine Figur zugänglicher macht. Vikander spielt eine unglaublich mutige und hochintelligente Frau mit starkem Charakter und Widerstandsfähigkeit. Ihre Katherine hat Englands Geschichte nachhaltig geprägt.

Der Historienfilm spricht Themen an, die in der heutigen Zeit aktueller denn je sind, unter anderem indem ein solch starkes Frauenbild portraitiert wird. «Firebrand» zeichnet sich zudem mit einer cleveren Bildsprache und einer ansprechenden visuellen Interpretation des Hauses Tudor aus, wobei insbesondere die Kostümierung wunderschön daherkommt und in keinster Weise überstilisiert wirkt.


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