«Tatort»-Check Wie läuft ein Krimidinner wirklich ab?

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26.12.2022

Im festlichen «Tatort: Mord unter Misteln» begaben sich die Münchner Ermittler auf eine Zeitreise ins England der 1920er-Jahre – wenn auch nur im Rahmen eines Krimidinners. Was steckt wirklich hinter dem Trend zum mörderischen Abendessen?

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26.12.2022

Es war eine besinnliche Botschaft, die die Macher des München-«Tatorts» dem Fernsehpublikum am zweiten Weihnachtsfeiertag mit auf den Weg gaben:

Wahre Freunde kann nichts entzweien.

So löste sich die dicke Luft, die zwischen den oberbayerischen Ermittlern Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) herrschte, gegen Ende des Films von ganz allein auf.

Bevor es in «Tatort: Mord unter Misteln» jedoch so weit war, mussten die Kommissare gemeinsam einen ungewöhnlichen Fall – in Form eines sogenannten «Krimidinners» – aufklären. Doch wie funktioniert eine derartige Dinnerparty wirklich? Und welche Möglichkeiten gibt es, selbst zum Hobby-Detektiv zu werden?

Worum ging es?

England, 1920er-Jahre: Im prunkigen Anwesen Beckford Hall hatte sich ein Mord zugetragen. Arthur (Christoph Mory), der Butler, lag tot auf dem Boden. Glaubte man den Anwesenden, habe er «Gift! Gift!» gerufen, bevor er zusammenbrach – ein Hinweis, der Chief Inspector Lightmyer (Udo Wachtveitl) und Constable Partridge (Miroslav Nemec) bei der Sichtung der Leiche Kopfzerbrechen bereitete. Denn wie die ermittelnden Kommissare feststellten, schien Arthur keineswegs vergiftet, sondern erstickt worden zu sein.

Verdächtig waren Lady Mona Bantam (Sunnyi Melles), ihr Sohn Charlie (Ferdinand Hofer), Sängerin Kitty (Katharina Schlothauer), Reverend Edgar Teal (Joshua Jaco Seelenbinder), Zimmermädchen Heather (Marie Ratscheck) und Dr. Mallard (Alexander Hörbe).

Sie alle standen unter Verdacht, den Butler auf dem Gewissen zu haben. Denn: Motive gab es reihenweise.

Worum ging es wirklich?

Gewissermassen kam «Mord unter Misteln» ohne Verbrechen, ohne Leiche und ohne Täter aus – zumindest halbwegs. Zwar mussten die Münchner Ermittler durchaus einen Fall lösen, doch dieser war auch im festlichen Film von Robert Löhr (Buch) und Jobst Christian Oetzmann (Regie) rein fiktionaler Natur.

Denn es wurde, wie Jungkommissar Kalli (Ferdinand Hofer) seinen Gästen bei deren Ankunft freudestrahlend erklärte, ein «Krimidinner» gespielt. So lösten Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) ihren mittlerweile 90. Fall nicht wie gewohnt auf den Strassen Münchens, sondern bei Wein und Plum Pudding am Esstisch ihres Kollegen.

Im Fokus stand dabei nicht nur die Aufklärung des ausgedachten Butler-Mordes. Vielmehr drehte sich «Tatort: Mord unter Misteln» um die Freundschaft der in die Jahre gekommenen Kommissare.

Das Altherren-Duo war vor Kallis Einladung in Zwist geraten, weil sich Batic beim Kommissariat über den Ruhestand erkundigt hatte, ohne vorher mit Leitmayr zu sprechen. Das Krimidinner sollte den Haussegen zwischen den beiden Sturköpfen wieder gerade rücken – mit Erfolg.

Wie funktioniert ein Krimidinner?

Ohne Frage: Mörderische Dinnerpartys sind voll im Trend – nicht nur beim «Tatort». Die Möglichkeit, bei öffentlich veranstalteten Krimidinners selbst in die Rolle eines Ermittlers zu schlüpfen, besteht in grösseren Städten mittlerweile nahezu wöchentlich.

Die meist in Hotels, Restaurants oder auch alten Schlössern und Burgen stattfindenden Events werden in der Regel von Theatergruppen oder eigens darauf spezialisierten Anbietern veranstaltet und lassen sich vorab buchen.

Bei gross angelegten Vorstellungen mit mehr als 100 Gästen ist es nicht unüblich, dass professionelle Schauspielerinnen und Schauspieler den Grossteil der Handlung lenken und die weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer nur kleine Rollen einnehmen.

Wer sich stattdessen lieber aktiv beteiligen und vielleicht sogar in den eigenen vier Wänden ermitteln möchte, kann sich mit vorgefertigten Geschichten als Hobby-Detektiv beweisen. Die meist als Gesellschaftsspiel angelegten Sets sind in der Regel mit Rollenbeschreibungen, Hinweisen und kleinen Requisiten ausgestattet. So lässt sich in kleinerer Runde Schritt für Schritt ein Kriminalfall aufklären – stets begleitet vom passenden Dinner-Gang.

Welche Varianten gibt es?

Weil sich Krimispiele zunehmender Beliebtheit erfreuen, gibt es mittlerweile zahlreiche verschiedene Möglichkeiten für Freizeit-Ermittler. Beim «Impro-Krimidinner» etwa wird den Teilnehmerinnen und Teilnehmern abverlangt, ohne festgelegte Vorgaben oder Drehbuch zu spielen.

Eine besonders intensive Erfahrung hingegen ist bei sogenannten «Mystery-Weekends» garantiert, bei denen Hunderte Gäste ein gesamtes Wochenende lang in Teams anhand einer festen Rahmenhandlung versuchen, einen komplizierten Kriminalfall zu lösen.

Auch Krimi-Festivals, die sich über mehrere Tage erstrecken und meist neben verschiedenen Krimidinners auch Programmpunkte wie Autorenlesungen beinhalten, machen längeren Spielspass möglich.

Wie geht es beim München-«Tatort» weiter?

Es ist viel Wasser die Isar hinuntergeflossen, seit die Münchner Kommissare Batic und Leitmayr ihren ersten Fall lösten. Dass sich Batic nach dem wohlverdienten Ruhestand sehnt, ist also durchaus nachvollziehbar.

Ein baldiger Abschied des Kommissars scheint jedoch nicht zu drohen. 2023 bleibt – voraussichtlich – alles beim Alten. Im nächsten Fall «Hackl» – mit Burghart Klaussner als altem Grantler – gerät die halbseidene Titelfigur aus dem Münchner Hasenbergl mit ausgeprägter Abneigung gegen die Obrigkeit ins Visier der Ermittler.

Wann genau die neue Folge laufen wird, ist bislang nicht bekannt. Ebenfalls für das kommende Jahr geplant ist der Film «Gamer», der in der titelgebenden Szene spielt, die für den Tod einer jungen Polizistin verantwortlich sein soll.


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